Fernsehfriedhof

Der Fernsehfriedhof: «TV total» für Arme

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Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 69: Die dreiste Kopie der Stefan-Raab-Show.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir eines Beweis dafür, dass nicht jedes Konzept erfolgreich kopierbar ist.

«TV-TV» wurde am 13. Mai 2001 auf RTL II geboren und entstand zu einer Zeit, als Stefan Raab mit seiner Sendung «TV Total» die höchsten Reichweiten einfuhr und auf vier Abende pro Woche ausgeweitet wurde. Was lag daher näher, als das Konzept der Show zu kopieren, um so ein kleines Stück vom Erfolg abbekommen zu können? So kam es, dass fortan „trashige Szenen, peinliche Auftritte und ungewöhnliche Versprecher“ (Zitat RTL II) einen zusätzlichen Platz im deutschen Fernsehen bekamen. Die Macher schienen jedoch die Bedeutung von Stefan Raab für das Format unterschätzt zu haben, denn sie ließen die Kopie von Guido Cantz moderieren - einem Mann, der zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich durch seine Auftritte im Karneval bekannt war. Daher erinnerten seine Kommentare zum Wochengeschehen auch eher an eine Büttenrede als an modernes Fernsehen. Hier einige Kostproben des damaligen Materials:

„Angela Ermakova hat gesagt, Boris sei über sie gekommen wie ein Intercity. Da hat sie was verwechselt: Die Deutsche Bahn kommt immer zu spät, nicht zu früh!“

oder


„Maren Müller-Wohlfahrt hat sich von Lothar Matthäus getrennt. Lothar ist jetzt 40 – da gehören Auswechslungen zum Alltag!“

Doch nicht nur Cantz konnte Raab zu jener Zeit nicht das Wasser reichen, auch die dargebotenen Ausschnitte waren größtenteils unlustig oder bereits bekannt. Die Redaktion ließ sich sogar dazu herab, Interviews mit Prominenten neu zu vertonen und griff damit auf eine Art des Humors zurück, der selbst zu jener Zeit schon recht angestaubt war. Garniert wurde jede Ausgabe mit dem Besuch eines Promis im bunten Studio, von dem man jedoch im Laufe des kurzen Gesprächs kaum etwas Interessantes erfuhr. Wenigstens dies schien sich Cantz bei Raab abgeschaut zu haben.

Es war daher kein Wunder, dass die Show von Anfang an kein Erfolg war. Ihren ursprünglichen Sendeplatz am Sonntagabend um 19.00 Uhr verlor sie ziemlich schnell und wurde auf 23.00 Uhr nach hinten verlegt. Doch selbst diese Maßnahme half nichts mehr, denn das unmotivierte Format war nicht mehr zu retten.

«TV-TV» wurde am 29. Juli 2001 beerdigt und erreichte ein Alter von elf Folgen. Die Sendung hinterließ den Moderator Guido Cantz, der sich trotz seines Flops hartnäckig in der deutschen Comedyszene behaupten konnte und später regelmäßig bei «Genial daneben», «Frei Schnauze» oder «Nachgetreten» auftrat und mit «Deal Or No Deal» seine eigene Spielshow moderieren durfte. Danach trat er die Nachfolge von Frank Elstner bei «Verstehen Sie Spaß?» an. Sein Engagement im Karneval hat er über all die Jahre nie aufgegeben.

Möge die Show in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann einem unterhaltsamen Fernsehstammtisch.

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