Die Kritiker

«Erntedank»

von

Story:


Der Allgäuer Kriminalhauptkommissar Kluftinger traut seinen Augen nicht. Auf dem Mordopfer liegt, sorgfältig drapiert, eine tote Krähe. Im Verlauf der Ermittlungen kommt Kluftinger einem Täter auf die Spur, der nach Allgäuer Sagenmotiven mordet. Das erste Mordopfer ist ein Kleinunternehmer für Kaffeefahrten, bei denen einfachen Leuten das Geld aus der Tasche gezogen wird. Der tote Gernot Sutter wird an einem Gedenkstein der Burg Rappenscheuchen aufgefunden. Dort lebte im Mittelalter ein Raubritter, der laut einer Allgäuer Sage von Rabenvögeln angegriffen wurde und so zu Tode kam. Bald gibt es eine zweite Leiche:

Eine Frauenärztin aus Memmingen wird mit einer auf der Stirn eingeritzten 11 tot an einem Fluss gefunden. Auch diesem Fall scheint eine Sage zugrunde zu liegen. Immer tiefer taucht Kluftinger bei seinen Ermittlungen in die mystische Welt des Allgäu ein. Kluftinger ist ein liebenswert altmodischer Held wider Willen, einer, dem Größenwahn und Eitelkeit verhasst sind, ein eigenwilliger Traditionalist, der seine Heimat liebt und sie so erhalten wissen will, wie sie ist. Privat trifft Kluftinger immer wieder mit dem "G'scheithafa" Dr. Langhammer zusammen, einem Vielredner, der mit der besten Freundin von Kluftingers Frau Erika verheiratet ist.

Darsteller


Eva Blum («Otto - Der Katastrofenfilm»)ist Annegret Langhammer
August Zirner («Lilys Geheimnis») ist Dr. Langhammer
Michaela Caspar ist Erika Kluftinger
Sibylle Canonica («Entführt») ist Frau Urban
Volker Klüpfel ist Georg Böhm
Ulrich Noethen («Kommissar Süden») ist Günter Hartmann
Herbert Knaup («Die Ohrfeige») ist Kommissar Kluftinger

Kritik:


Pünktlich zum Erscheinen des Buches «Rauhnacht», einer weiteren Ausgabe der Allgäukrimi-Reihe um den archaisch-rassistischen Ermittler Kluftinger, schafft es «Erntedank», die Adaption eines älteren Kluftinger-Bandes, ins Hauptabendprogramm des Bayerischen Rundfunks. Die beiden Krimi-Autoren Volker Klüpfel und Michael Kobr vergehen sich in ihren debilen Romanen seit Jahren an der deutschen Sprache und Literatur und fahren mit diesem Abschlachten des guten Geschmacks laut Bestsellerlisten recht gut. Und auch die filmische Umsetzung ihrer Figuren und Plots durch die Drehbuchautoren Florian Iwersen und Stefan Holtz kommt so erbärmlich daher wie die Vorlage selbst.

Der überwältigende Großteil der Figuren spricht in breitestem Dialekt, was den Nichtallgäuer teilweise vor größere Herausforderungen stellt, wenn er der Handlung folgen können will, während ein Charakter, der hochdeutsch spricht, immer ein exzentrischer Trottel ist. Von Differenziertheit kann nicht einmal ansatzweise die Rede sein. Und auch die Einteilung der Figuren in Gut und Böse erfolgt rigoros. Grauzonen gibt es hier nicht, außer vielleicht auf Herbert Knaups Kopf. Der spielt den vertatterten Kluftinger zugegebenermaßen authentisch, wenn die Rolle auch nicht besonders hohe Ansprüche an schauspielerisches Talent stellt. Knaup war jedenfalls in Filmen wie «Die Ohrfeige» um einiges besser aufgehoben, als in dieser einfallslosen Ansammlung von Kitsch und Irrsinn. Selbst der «Bulle von Tölz» hat noch mehr Esprit als der heruntergekommene Allgäu-Mufti Kluftinger.

Dramaturgisch gesehen ist der Stoff eine einzige Katastrophe, denn eine Struktur ist überhaupt nicht erkennbar. Vollkommen wirr verlaufen die Ermittlungen, ohne dass sich etwas entwickelt. Leider ist von Plausibilität ebenso wenig die Spur. So kommt es dann etwa dazu, dass die Ermittler selbst in blindem Aktionismus anfangen, in stapelweise Sagenbüchern zu wühlen, anstatt gleich einen Sachverständigen für deutsche Literatur des Mittelalters zu Rate zu ziehen. Das Bild von den Aufgaben und der Ermittlungsarbeit von Polizei und Justiz wird in «Erntedank» bis ins Groteske verzerrt. Wer sich also nicht eineinhalb Stunden lang Allgäuer Schwachsinn antun will, ist bei diesem Film von Regisseur Rainer Kaufmann (am bekanntesten für seinen Kurzfilm «Der schönste Busen der Welt» - das sagt wohl schon alles.) sicherlich nicht gut aufgehoben.

Das BFS zeigt «Erntedank. Ein Allgäukrimi» am Samstag, 26. September 2009, um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/37450
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