Hingeschaut

«Killerjagd» - oder: Alles anders als «Unschuldig»

von
Anna Winter ermittelte am Montagabend wieder – ob sich Darstellerin Alex Neldel in dem Film aber wohl fühlte, darf zumindest bezweifelt werden.

Quotentechnisch war die erste und einzige Staffel der ambitionierten Serie «Unschuldig», die teamWorx für ProSieben herstellte, sicherlich eine Enttäuschung. Nach einem starken Start fiel das Format auf klar unterdurchschnittliche Werte – da hilft auch die Ausrede nicht, dass Teile der Staffel gegen Fußball-EM-Spiele antreten mussten. Die Quoten gingen bereits vor dem Turnier zurück. teamWorx-Chef Nico Hofmann fand Ende 2008 dann recht deutliche Worte im Interview mit Quotenmeter.de.: „Es war für mich immer problematisch, dass die von Alexandra Neldel verkörperte Hauptdarstellung derart unterkühlt war. Ich habe schon im Schnittraum gesagt, dass uns die weiblichen Zuschauer an «Die Super Nanny» verloren gehen, wenn wir das so lassen.“

Für den am Montagabend gezeigten Film, der übrigens nicht mehr den Titel «Unschuldig» trug, sondern unter «Killerjagd. Töte mich, wenn du kannst» lief, hat man sich also möglichst weit von der Serie entfernt. Dabei haben die Macher allerdings die Seele des Formats verkauft. Neldel wurde – wie Hofmann es im Interview forderte – deutlich emotionaler inszeniert, wirklich gut war die Produktion dennoch nicht. Es war mehr eine Alex Neldel-One-Woman-Show.



Sie erinnerte mehr an mäßige US-Streifen wie «Saw» als an eine deutsche Krimireihe, die anspruchsvolle Unterhaltung versprach. Kurzum: An vielen Stellen war das Drehbuch zu vorhersehbar – wieso muss eine Gejagte bei einer Flucht durch den Wald zwangsläufig stürzen? Gerade der Schluss kam mehr als Slasher-Horror-Produktion daher und eben nicht als qualitativ hochwertiger Thriller, der später auch mal wegen hoher Qualität ausgezeichnet werden kann.

Clemens Schick, der in der Serie noch eine gewichtige Rolle hatte, wurde fast aus dem Film entfernt. Er spielte lediglich einen kleinen Part, wurde nach etwa 45 Minuten dann brutal zusammengeschlagen, woraufhin er im Koma lag und nicht mehr auftauchte. Erhan Emre und Isabella, die in der Serie noch durchgehende Rollen hatten, wurden bereits von Anfang an gestrichen. Die Anna Winter-Show war also eröffnet und so lief sie durch gruselige Waldlichtungen, durch U-Bahn-Stationen, durch furchterregende Häuser. Da muss man dem Team zu Gute halten: Die Sets stimmten, sie waren liebevoll ausgesucht. Gespart wurde an dieser Stelle also nicht.

Je länger der Film dauerte, desto abgekämpfter und fertiger wurde Neldel inszeniert. Ob Hofmann das mit emotional meinte, sei dahingestellt. Nicht jeder wird mit der Entwicklung der Figur Anna Winter klarkommen – an vielen Stellen hatte «Killerjagd» etwas Finales. Dass Winter selbst eiskalt von einem verrückten Killer gejagt wird, müsste eigentlich der Höhepunkt einer seriellen Geschichte sein – sehr viel mehr kann danach eigentlich nicht kommen. ProSieben ließ aber einen weiteren Film der Reihe produzieren – und muss wohl allein aus Mangel an Alternativen darin auf weitere Superlativen verzichten.

Alles in allem bekam das Publikum ein ordentliches Werk präsentiert, das Fachleute wohl auf den ersten Blick nicht als teamWorx-Produktion einstufen würden. Die Firma hat sich in diesem Punkt neu erfunden und etwas Ungewöhnliches probiert. Manchen mag es gefallen haben, andere wären vermutlich etwas näher an der eigentlichen Serie geblieben. Das Drehbuch hätte in beiden Fällen aber origineller und weniger klischeehaft ausfallen können. Große Hoffnungen auf großes Fernsehen beim zweiten Anna Winter-Film muss man sich also wohl nicht machen.

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