Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: Dirty Harry no more?

von
Harald Schmidt geht wieder auf Sendung – kehrt er bissig zurück oder bekommen wir Harald weichgespült?

Bart. Er trägt wieder Bart. Harald Schmidt kehrt in den nächsten Woche am angestammten Donnerstagabend mit einer neuen Sendung im Ersten zurück – aber diesmal ohne den langjährigen Sidekick Manuel Andrack und auch ohne Blödelbarde Oliver Pocher, der – distanziert betrachtet – seinem Ruf durch die Zusammenarbeit mit Schmidt eher geschadet hat als dass sie ihn zum neuen Late-Night-Star hat avancieren lassen. Während also die Medienwelt eher skeptisch auf den Start der neuen Pocher-Show am Freitagabend wartet (meinen die das wirklich ernst? Freitagabend um 22.15 Uhr?), hat Harald Schmidt in dieser Woche Grundzüge seines neuen Konzepts vorgestellt. Und nicht nur der Bart ist neu, sondern auch vieles anderes.

Der Bart selbst wird übrigens beibehalten, weil laut Schmidt die Regionalpresse bis zum Frühjahr an diesem Novum zehrt. Das ist wahrscheinlich richtig, doch viel interessanter ist die inhaltliche Richtung, in die sich Schmidt wieder bewegen will: Kultur, Politik, Bildung; Intellektuellen-Humor soll es nun sein, der ihn wieder auf ein höchstes Niveau bringen soll. Will er das Feuilleton mit der Brechstange erreichen? Wohl kaum, er sagt, dass er nur noch das mache, was ihm Spaß macht.

Es ist ihm sicherlich zu glauben, dass er von sich aus wieder Late Night mit Niveau machen will – wer «Schmidt & Pocher» so oft verfolgt hat, wie es einem empfindlichen Fernsehzuschauer nur möglich ist, wird gemerkt haben, dass Schmidt sich in seiner Rolle nicht immer wohl fühlte. Letztlich musste er mit Pocher auf ein Blödel-Niveau, das ihm selbst nicht mehr gefiel. Wird „Dirty Harry“ mit dem neuen Konzept also wieder der bissige Hund, dessen Witze nicht boulevardtauglich sind und dessen Humor das Feuilleton wieder feiern wird? Oder ist er nach den mageren Jahren nun so weichgespült, dass er leichten Humor für die Bildungs-Elite macht?

Definitv wird er wieder bissiger. Und das aus einem einzigen simplen Grund: Er wird und darf nun das machen, was er will. Alleine und mit dem Inhalt, den er für wichtig und interessant hält. Ohne Pocher und ohne Andrack. Wer Schmidt kennt, weiß, dass dies kein Totalflop werden kann. Und wer Schmidt-Fan ist und den Namen Claus Peymann hört, der in seiner zweiten Sendung zu Gast sein wird, der weiß freudig, dass Dirty Harry wohl endlich zurück ist. Klassische Late Night ist es, die Schmidt wieder machen will. Und es kann kein anderer wie Schmidt. „Ich bin gekommen, um Blut zu trinken“, sagte er auf der Pressekonferenz.

Zum Konzept gehört auch, dass in Einspielern und Liveschalten ein Ensemble aus acht Personen eine kleine Rolle in Schmidts Show spielen. Unter anderem Jan Böhmermann, Caroline Korneli und Pierre M. Krause, diejenigen, die Anfang des Jahres als «TV Helden» bei RTL wenig erfolgreich waren. Die Sendung hatte Potenzial, das leider nicht im Ansatz erfüllt wurde. Warum Harald Schmidt die drei nun ins Boot der Intellektuellen holt, ist zunächst fraglich. Er selbst wird sich wohl am besten an einen grauenhaften Auftritt von Korneli bei seiner ersten ARD-Show erinnern, der gereicht hätte, um zu vermuten, dass Schmidt nicht mehr viel mit ihr zu tun haben will – geschweige denn mit ihr zusammenarbeitet. Möglicherweise aber will er die junge Zielgruppe doch nicht ganz aufgeben. Und hat sich daher diejenigen ausgesucht, die das geringste Übel in der deutschen Avantgarde-Comedy sind.

Übrigens: Auch gab es von Schmidt auf seiner Pressekonferenz den einen oder anderen Seitenhieb auf die Internetmedien und deren Bedeutung. Das Netz sei ein neutraler, kostenfreier Raum, der mit seinem kapitalistischen Denken nicht vereinbar sei. Wenn das so ist, gibt’s doch hier gleich kostenlose Werbung: Ab nächsten Donnerstag, 22.45 Uhr ist wieder Schmidt-Zeit im Ersten! Mit Bart!

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt ein paar neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Freitag nur auf Quotenmeter.de.

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