Pro & Contra

Frische Serien und Shows im Sommer

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Vorbei sind die Zeiten des Sommerlochs. Mit den neuen Produktionen «Lasko», «Der Lehrer», «Mission Hollywood» und frischen Folgen von «Doctor’s Diary» zeigen deutsche Sender auch in den warmen Monaten hochwertiges Programm. Doch ist das wirklich sinnvoll?

Pro von Jan Schlüter:


Gibt es überhaupt noch eine Sommerpause? Sicherlich gehen viele traditionelle Shows im Sommer in eine Auszeit, aber seit vielen Jahren füllen besonders die Privatsender ihr Programm mit interessanten und auch teilweise innovativen Konzepten, die in der Jahreszeit der hohen Temperaturen leichter zu etablieren sind als in anderen Monaten, wenn starkes Konkurrenzprogramm läuft.

Im vergangenen Jahr konnte ProSieben beispielsweise mit «Elton vs. Simon – Die Show» viele Zuschauer erreichen und gute Marktanteile holen. Im Jahre 2003 war Sat.1 mit der ersten Staffel von «Star Search» unglaublich populär – bis heute ist das Finale der Castingshow die erfolgreichste Unterhaltungssendung aller Zeiten bei diesem Sender. Ein Jahr später hatte ProSieben mit der Celebrity-Show «Die Alm», einem Hochgebirgs-Klon des RTL-Dschungelcamps, ebenfalls einen Zuschauerhit im Programm. All diese Sendungen mögen zwar nicht den Geschmack vieler Menschen treffen, aber sie haben alle eines gemeinsam, was in der Fernsehwirtschaft allein zählt: Sie waren erfolgreich.

So gibt es auch in diesem Jahr wieder frische Ware und teils sogar aufwändig produziertes Programm: Seit Montag sucht Til Schweiger in der Castingshow «Mission Hollywood» talentierte Schauspielerinnen; ProSieben wagt sich mit «Germany´s next Showstars» an einen Abklatsch des «Supertalents». Immerhin bekommt der Zuschauer damit neue Sendungen, auch wenn sie nicht immer für Qualität bürgen. Zahlreiche Free-TV-Premieren von Filmen und Serien werden auch über den Sommer hinweg gezeigt.

Und tatsächlich verbirgt sich irgendwo im TV-Programm auch so manche Perle, die den TV-Sommer sogar zu einem sehr interessanten Fernsehabend werden lässt: 2008 war beispielsweise «Doctor´s Diary» qualitativ und zuschauerstark – eine der wenigen deutschen Serien, die beim jungen Publikum noch ankommt. Arte wird mit dem mehrwöchigen Thema „Summer oft he 80´s“ die Helden der 80er wieder auferstehen lassen und mit den Zuschauern die Neue Deutsche Welle, Freddie Mercury, Madonna oder zahlreiche Kultfilme wieder entdecken. Der WDR zeigt schon fast traditionell wieder am späten Sonntagabend neue Folgen der wunderbaren Literatur-Comedy «Was liest du?» mit Jürgen von der Lippe oder die klassische Stand-Up-Sendung «Fun(k)haus». Und Jörg Pilawa fragt aktuell donnerstags, wie gut wir Deutschland kennen und verschenkt im Juli in einer großen Samstagabendshow namens «Der große Coup» eine Tonne Geld.

Der TV-Sommer birgt, wie wir sehen können, viel Gutes und besonders keine Wiederholungen, sondern oft neue Produktionen. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Je nach Vorliebe muss man nur lange genug in den Fernsehzeitschriften suchen, um ein Highlight auszumachen – aber meist lohnt es sich.


Contra von Christian Richter:

Sicherlich, man kann behaupten, dass mit einer Programmierung von Serien und Shows im Sommer aufgrund der fehlenden Konkurrenz leichter hohe Marktanteile erzeugen werden und dass damit auch speziellere Sendungen erfolgreich laufen können. Doch dieser scheinbar positive Effekt kehrt schnell gegen die Macher um.

Ein Beispiel: Die erste Staffel von «Doctor’s Diary» war im Sommer 2008 montags um 20.15 Uhr bei RTL zu sehen. Die acht Folgen der Serien erreichten in der Zielgruppe einen erfreulichen Marktanteil von 16,5 Prozent Marktanteil. Diesem Marktanteil stand jedoch eine Reichweite von lediglich 1,8 Millionen Zuschauern gegenüber. In den Wintermonaten erreicht Günther Jauch mit seinem «Wer wird Millionär» auf dem selben Sendplatz für ähnliche Marktanteile rund einer halben Million mehr Menschen. Da die Werbepreise in der Regel auf dem TKP (Tausender-Kontakt-Preis) basieren, also dem Preis für 1000 Werbekontakte, sinken mit den Zuschauern im Sommer auch die Einnahmen. Eine Produktion wird also nur schwer soviel Geld verdienen können wie im Winter.

Vor allem im Fall der neuen Serie «Lasko - Die Faust Gottes», die ab 18. Juni 2009 bei RTL zu sehen sein wird, ist eine Ausstrahlung im Sommer eine reine Verschwendung. Immerhin hat die Firma Action Concept über drei Jahre an der Entwicklung der Serie gearbeitet und rund eine Million Euro pro Episode investiert. Dieses Mammutprojekt vor so wenigen Zuschauern zu versenden, ist nicht nur finanziell riskant. Es ist auch eine Missachtung der Arbeit und des Engagements der Macher, wenn deren Produkt in solche Randzeiten verschoben wird.

Doch auch für den Zuschauer stellt eine Ausstrahlung in den wärmsten Monaten des Jahres ein großes Ärgernis dar. Während der Urlaubszeit kann man sich als Tourist im Ausland oft darüber freuen, wenn man überhaupt einen deutschsprachigen Sender sehen kann. Wie soll man so den Plot seiner Lieblingsserie verfolgen können? Und wer denkt schon im Urlaub immer nur ans Fernsehen? Und selbst wenn zahlreiche deutsche Urlauber in den Touristenzentren die neuen Reihen verfolgten, könnten diese sowieso nicht bei der Ermittlung der Einschaltquoten berücksichtigt werden.

Diesen Effekt trifft die Sender auch bei den Daheimgebliebenen. Bei warmen Temperaturen lockt der Grillabend mit Freunden oft mehr als die neueste Folge einer Fernsehserie. Vor allem bei den Jungen. Hier müssen also wieder Festplatten-Rekorder und andere Aufzeichnungsgeräte herhalten, die (zumindest noch) nicht bei den Quoten berücksichtigt werden. Selbst wenn ab Juli durch das neue System auch Aufzeichnungen gemessen werden können, fließen nur die mit in die Quotenermittlung ein, die innerhalb von drei Tagen gesehen werden. Lässt also ein Zuschauer im heimischen Deutschland seine Serie aufnehmen während er in die Ferien fliegt und schaut sie sich nach seiner Rückkehr wieder an, ist das für die Werte völlig unerheblich. Dabei muss er nicht einmal drei Wochen weg sein. Ein verlängertes Wochenende würde dazu schon reichen. Vergessen wir auch nicht die zahlreichen Zuschauer, die ihre Sommerabende auf ihren Grundstücken und in Schrebergärten verbringen, wo keine Quotenmessgeräte stehen.

Die scheinbar leicht erreichten hohen Marktanteile im Sommer, müssen also tatsächlich teuer bezahlt werden. Ein wirklicher Vorteil bleibt am Ende kaum zurück. Und überhaupt: Wer garantiert den Programmmachern eigentlich, dass «Lasko» und «Doctor’s Diary» nicht auch im Herbst und Winter funktionieren. Ein Versuch würde sicher aufschlussreiche Ergebnisse liefern.

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