Die Kritiker

«Fateless»

von

Story


Budapest 1944: Die jüdische Bevölkerung hofft auf ein baldiges Ende von Verfolgung und Krieg. Der 14-jährige György Köves erlebt den Abschied seines Vaters ins "Arbeitslager", die Brandmarkung seiner Person und seiner Freunde durch den Judenstern und die quälende Frage nach dem Warum. Er erlebt die Konzentrationslager Auschwitz, Buchenwald und Zeitz. Er erlebt Leid, Demütigung, Solidarität, Angst und Gleichgültigkeit - aber "... dort bei den Schornsteinen gab es in den Pausen zwischen den Qualen etwas, das dem Glück ähnlich war."

Der Junge überlebt. Die Lager werden befreit, der Krieg geht zu Ende. György kehrt zurück nach Budapest. Versteht man ihn? Vertraute Türen werden von Fremden geöffnet und schnell geschlossen. Kann er erzählen? Hört man ihm zu? Er kommt als Überlebender und als Fremder in seine Heimatstadt Budapest zurück.

Darsteller


Marcell Nagy («Die Jungen von der Paulstraße») ist György Köves
János Bán («Heimat, süße Heimat») ist Vater
György Gazsó («Die Nachtwandler») ist Herr Sütö
Judit Schell («Életképek») ist Stiefmutter
Sára Herrer («Mansfeld») ist Annamaria
György Barkó («Glamour») ist Herr Fleischmann
Ádám Rajhona («Budapest») ist Herr Steiner

Kritik


«Fateless» wird von einer geradezu erdrückenden Schwere beherrscht. Der Inhalt ist äußerst schwer verdaulich und man scheut sich hier auch nicht davor, sämtliche Grausamkeiten und Gräueltaten des KZ-Alltags realistisch darzustellen. Die Kamera sieht nie weg. Und sie lügt nicht. György ist getrieben von Umständen, die er nicht versteht und mit denen er nichts zu tun haben will. Doch als Jude im besetzten Ungarn hat er keine Chance, seinem grauenhaften Schicksal zu entrinnen. Hervorragend gelungen ist dabei besonders eine Szene im ersten Akt, in der sich György mit einigen Mädchen aus der Nachbarschaft darüber unterhält, was es denn nun sei, was sie anders und verachtenswert mache, und ob sie darauf stolz sein sollen oder sich dessen schämen müssten. Die Antwort ist so banal, wie philosophisch: Weder, noch, denn in dieser erbärmlichen und widerlichen Gesellschaft, die durch und durch von Hass und Idiotie dominiert wird, lässt sich nicht menschlich leben. Der Fatalismus ist das einzige, was einen am Leben erhalten kann.

Man merkt dabei jedoch, dass der Literaturnobelpreisträger Irme Kertész, auf dessen Roman der Film basiert und der auch das Drehbuch geschrieben hat, sich als Schriftsteller primär mit dem Schreiben von Prosa beschäftigt. Denn dieser Film bleibt mosaikhaft und eine durchgehende Struktur ist nur schwer zu erkennen. Das wäre nicht weiter tragisch, wenn es zum Konzept und zur Aussage des Films passen würde, doch hier ist eine “andersartige” Erzählweise nicht angebracht, da es sich um einen relativ konservativen Stoff mit Anfang, Mitte und Ende handelt. Man spielt nicht mit dem Korsett des filmischen Erzählens, sondern man beachtet es schlichtweg nur teilweise. Dies wird noch durch den unnötigen und in diesem Zusammenhang sehr unfilmischen Einsatz eines Voice-Overs und die vielen unstimmigen Fades und äußerst kurzen Szenen unterstrichen.

Die Grundidee kann dagegen überzeugen und auch an den Fähigkeiten der Darsteller gibt es nichts auszusetzen, wenn man über die billige Effekthascherei hinwegsieht, dass Daniel Craig in einer Nebenrolle auftritt, die er offensichtlich nicht versteht.

Alles in Allem handelt es sich hier um einen soliden Film, der aber einem Vergleich mit Roman Polanskis “Der Pianist” nicht standhalten kann. Dass «Fateless» derart mit Preisen überschüttet wurde, ist wahrscheinlich weniger durch seine künstlerische Qualität begründet, als darin, dass es sich hier um die teuerste ungarische Produktion aller Zeiten handelte und Nazi-Stoffe ohnehin hoch im Kurs stehen.

Das Erste strahlt «Fateless» am Freitag, dem 19. Juni 2009, um 23.30 Uhr aus.

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