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Grand Prix-Wirbel: Die Jury, der NDR und ein wenig Verwirrung

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Seit gut einer Woche liegen die Namen der deutschen «Song Contest»-Juroren auf dem Tisch. Doch hat der NDR womöglich etwas zu schnell gehandelt und nicht auf die Regeln geachtet? Selbst wenn es so wäre: Sanktionen sind wohl kaum zu erwarten.

In diesem Jahr ist beim «Eurovision Song Contest» alles irgendwie anders – gerade aus deutscher Sicht. Nach dem enttäuschenden letzten Platz der No Angels im vergangenen Jahr wurde diesmal sogar auf eine Vorentscheidung im Fernsehen verzichtet.

Hinter den Kulissen wurde ein in München lebender Kalifornier namens Oscar Loya dazu auserkoren, Deutschland beim Grand Prix in Moskau zu vertreten. Als Produzent zeichnet sich Alex Kristensen verantwortlich, der ebenfalls auf der Bühne stehen wird. Unter dem Namen „Alex swings, Oscar sings“ will es das Duo mit dem Song „Kiss Miss Miss Bang“ richten. Ausgang? Ungewiss, wie immer.

Ungewiss ist derzeit aber auch noch ein ganz anderes Thema. Weil sich die westeuropäischen Länder in den vergangenen Jahren aufgrund der zunehmenden Stärke Osteuropas beim Song Contest immer ungerechter behandelt fühlten, wurde schon viel getan – etwa die Einführung von zwei Halbfinal-Shows. Geholfen hat das allerdings nur wenig, wie der russische Sieg aus dem Vorjahr zeigte. Um etwas mehr Objektivität in die Auftritte der Künstler zu bringen, sollen es nun also Juroren richten, die zur Hälfte über die Punkte aus den jeweiligen Ländern entscheiden dürfen – erstmals seit 1996.



Seit der vergangenen Woche steht nun fest, wer die deutschen Punkte mitvergibt: Die Jury wird sich aus H. P. Baxxter („Scooter“), Schauspielerin Jeanette Biedermann, Guildo Horn, Ex-«DSDS»-Jurorin Sylvia Kollek und Tobias Künzel („Die Prinzen“) zusammensetzen. Nun könnte es allerdings ein Problem geben, denn im Regelwerk, das allerdings durchaus noch verändert werden kann, heißt es derzeit noch, dass die Namen der Juroren erst nach dem Finale bekannt gegeben werden sollen, um Korruption und Bestechung zu verhindern.

Und auch in Bezug auf die Zusammensetzung der Jury hat sich der hierzulande verantwortliche NDR offensichtlich nicht ganz an die Regeln gehalten: Demnach sollen die nationalen Jurys nämlich aus acht Teilnehmern bestehen – und nicht, wie im Falle des NDR, aus fünf Personen. Die Hälfte der Jury soll dabei aus der Musikbranche kommen, die vier weiteren sollen repräsentativ für das Volk stehen. Der NDR hat sich nun allerdings für fünf mehr oder weniger große Experten aus der Branche entschieden, was sich so gar nicht mit dem Regelwerk der European Broadcasting Union (EBU) vereinbaren lässt.

Beobachter zeigten sich vom Vorgehen des NDR überrascht, wenngleich wohl davon ausgegangen werden kann, dass Deutschland nicht für das Vorgehen bestraft wird. Neben Großbritannien, Frankreich und Spanien gehört nämlich auch Deutschland zu den großen Geldgebern des jährlichen Musikspektakels – darauf würde man wohl ungern verzichten wollen. Beim NDR gibt man sich ohnehin gelassen. Der entsprechende Abschnitt im Regelwerk beziehe sich auf die so genannten Backup-Jurys, deren Urteil im Falle einer Störung beim Televoting in die Wertung einfließt, teilte der Sender auf Anfrage von Quotenmeter.de mit.

„Die Bedingungen für die nationalen Jurys - die nicht identisch sind mit den Backup-Jurys - liegen den Teilnehmerländern inzwischen vor, sind aber im Regelwerk der EBU ebenfalls noch nicht vollständig aktualisiert“, so NDR-Sprecherin Iris Bents gegenüber dem Online-Fernsehmagazin Quotenmeter.de. „Diese Bedingungen sehen für die nationalen Jurys fünf Personen vor und untersagen nicht die Veröffentlichung der Namen. Eine finale Einpflegung aller Details in das Regelwerk durch die EBU erwarten wir für Mitte März.“

Journalist Jan Feddersen hat eine klare Meinung zu den Regeln und hält die Bekanntgabe der Jury-Namen für richtig: „Ob fünf oder acht Juroren - ob sie für die Backup-Jury oder die 50-Prozent-Jury tätig sind: Es ist besser, man kennt diese Personen. So vermeidet man tatsächlich Mauscheleien“, sagte er gegenüber Quotenmeter.de. In seinem Grand Prix-Blog führte er in dieser Woche den Gedanken aus: „Ich möchte wissen, wer an der Abstimmung beteiligt ist. Denn diese fünf Votanten haben die gleiche Stimmmacht wie die Millionen Anrufe zählende Community der Televoter. Es wäre mir nicht recht, wäre diese Jury einerseits mächtig, andererseits so unsichtbar wie die Männer eines Ku-Klux-Klans.“

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