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Den Falschen erwischt

von
RTL II und Axel Kühn gehen getrennte Wege. Manuel Weis über die Lage des Grünwalder Senders.

Zweifelsohne: Für den Sender RTL II sieht es derzeit nicht sonderlich rosig aus: Wenn nicht noch ein halbes Wunder passiert, dann wird man im Dezember klar unterhalb der 6-Prozent-Marke bleiben, was die Marktanteile in der umworbenen Zielgruppe angeht. Bei 5,8 Prozent steht man momentan. Der erhoffte Aufschwung, der sich sonst mit dem Start von «Big Brother» ergibt, ist ausgeblieben – eben weil der Große Bruder momentan selbst große Probleme hat.

Doch das ist nicht die einzige Baustelle: Am Vorabend rotieren weiterhin abgedroschene Sitcoms und neuerdings funktioniert auch die Primetime nicht mehr. Programmdirektor Axel Kühn, der nun seinen Hut nehmen musste, war es, der Qualität in das Abendprogramm des Kanals bringen wollte. Weg vom Busen, Baggern, Ballermann-Sender und hin zur Qualität. Dafür stehen Serien wie «Heroes», «Californication» und «Dexter». Für 2009 hat Kühn obendrein noch den hochgelobten CBS-Neustart «Flashpoint» eingekauft, der in den USA im vergangenen Sommer quotentechnisch überzeugte.



Die Gesellschafter machen nun genau ihn für den derzeit ausbleibenden Erfolg verantwortlich – und sie geben ihm keine Chance, die Fehler, die nicht einmal unbedingt er selbst gemacht hat, auszubügeln. Kühn könnte das – wenn man ihn machen ließe. Die Programmierung von «Californication» und «Dexter» noch dem Trash-Format «Die Wahrheit» war zweifelsohne unglücklich. Dass «Heroes» in der zweiten Staffel aber nicht funktionierte, war aber kaum die Schuld des Programmdirektors, sondern ist eher auf die oftmals angesprochene gesunkene Qualität der Tim Kring-Serie zurückzuführen.

Das Problem ist viel eher, dass die Deutschen solche Formate noch nicht bei RTL II erwarten würden. Gute Serien – das gibt es in den Köpfen der Menschen wohl nur bei RTL. Kühn war immer jemand, der dies ändern wollte – offensichtlich mit Zustimmung der Gesellschafter. Genau diese hätten dann aber wissen müssen, dass sich solche Sehgewohnheiten nicht von einem Monat auf den anderen über den Haufen werfen lassen. Dass man nun auf halber Strecke den Mut verliert und Kühn zum Bauernopfer macht, zeigt einmal mehr, wie schwierig es ist, bei RTL II gutes Fernsehen zu machen.

Der Sender gehört gleich drei Gesellschaftern, die jeweils zu mehr als 30 Prozent beteiligt sind – die Interessen gehen dabei weit auseinander. Das Ziel Geld zu verdienen, eint wohl alle. Für den einen ist RTL II aber nur die Cashcow, die gemolken werden soll, für den anderen ist der Sender aber auch eine gute Möglichkeit alte Archivware noch einmal ins Fernsehen zu bringen. Diese bringt aber nur nicht immer wirklich Quote, was der Cashcow wiederum schadet. In Grünwald hätte man sich darüber bewusst werden sollen – doch anstatt dessen bedienten sich die Mächtigen des Senders der einfacheren Lösung. Das Grundproblem bleibt somit bestehen.

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