Die Kritiker

«Terra X: Das Tor des Drachen»

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Inhalt
Die erste Episode aus der China-Reihe in der neuen «Terra X»-Staffel konzentriert sich ganz auf das Kaiserreich. Vom Aufstieg des ersten chinesischen Kaisers Qin wird über mehrere Dynastien die Entwicklung des Reiches bis zum letzten Kaiser Pu Yi beleuchtet. Schwerpunkte bilden dabei militärische Eroberungsfeldzüge, der Monumentbau, die Gesetze der Schreckensherrschaften mit ihren drakonischen Strafen und der Wandel in der Außen- und Handelspolitik des Reiches.

Vor allem in der zweiten Hälfte rückt die Außenpolitik mit den Isolationstendenzen samt Bau und Rolle der Chinesischen Mauer in den Vordergrund. Im Kontakt mit Europa werden dabei auch die Beziehungen zu England und die Opiumkriege angerissen, bevor auf den Niedergang der Kaiserzeit eingegangen wird.

Kritik
Die Präsentation ist der «Terra X»-Redaktion und ihrem Produktionsteam außerordentlich gut gelungen. Spielszenen mit aufwändigen Kostümen und Kulissen illustrieren die Geschichte des Reichs der Mitte sehr opulent. Eine Stimme bleibt dabei jedoch zum Glück dem Erzähler und den zwei Experten, die leider nur sehr kurz zu Wort kommen, vorbehalten. Auf die Inszenierung von Dialogen, die in solchen Dokumentation meist nur klischeehaft und hölzern wirken, wurde zum Glück verzichtet.

Die Kostüme und Ausstattungen reichen zwar nicht ganz an teure Kinoepen wie «Hero» heran, wirken aber überwiegend sehr professionell und detailreich. Lediglich die visuellen Effekte, vor allem bei der Darstellung der chinesischen Armada, wirken ausgesprochen künstlich und billig. Dennoch gelingt die Kombination aus echten Bildern historischer Funde und erhaltener Gebäude mit den inszenierten Szenen sehr gut. Die stimmige und unaufdringliche Musikuntermalung rundet den Eindruck einer sehr guten Präsentation ab.

Inhaltlich gibt es dagegen deutliche Abstriche. Mit der Spanne vom ersten bis zum letzten Kaiser Chinas hat man sich für eine Dreiviertelstunde schlicht viel zu viel vorgenommen. Das erfordert Verknappungen und Raffungen, die sehr zu Lasten der Detailtreue gehen. So werden nicht Mal die Hälfte aller Dynastien angesprochen und selbst von jenen, die gezeigt werden, bekommt man nur einen deutlich fragmentarischen Einblick. Wer eine halbe Stunde in die Hauptseite des Wikipedia-Artikels über die Geschichte Chinas investiert, bekommt dort ein Vielfaches mehr an Wissen vermittelt.

Störend an der Verknappung ist auch, dass es durch die weiten Zeitsprünge oft schwer fällt, das gerade gezeigte historisch einzuordnen. Die Idee den Zuschauer nicht mit Zahlen zu überfrachten ist zwar zunächst nachvollziehbar, doch wenn man dermaßen rasch den Überblick verliert in welchem Jahrhundert man sich gerade befindet, ist das ein deutliches Defizit. Gerade bei der Knappheit und Raffung fällt besonders bitter auf, dass ein Aspekt allzu oft wiederholt wird. Vielfach wird gerade in den ersten zwei Dritteln thematisiert, dass die Gesetze drakonisch waren und mit Angst regiert wurde. Die Brutalität der Sklavenarbeit und Kriegsführung wird vom Kommentar dabei aber nie in Relation zu den europäischen Gegenstücken derselben Zeit gesetzt. Dadurch bleibt dem Zuschauer als Bezugspunkt nur die Gegenwart, wodurch das Kaiserreich als ausnehmend brutaler und gnadenloser Machtapparat erscheint, ohne über Darstellungen der Kulturgeschichte ein Gegenwicht dazu zu haben. Das lässt die Dokumentation stellenweise fast ins Tendenziöse abrutschen.

Mit seinen sehr gelungenen Schauwerten eignet sich die «Terra X»-Dokumentation «Chinas langer Aufbruch» damit vor allem als ein auszughafter Ersteinstieg in die Geschichte des Landes. Einen umfassenderen, runden Überblick kann es leider nicht bieten und auf Grund der Kürze führen viele Verknappungen teils zu mehr Irritation als Erkenntnis. Geschichts- und Chinainteressierte werden zudem kaum Neues erfahren. Die umrahmende Einschätzung des Themas mit Gegenwartsbezug bleibt zudem auf Allgemeinplätzen hängen und ist frei von jedem Aha-Effekt. Es bleibt zu hoffen, dass die folgenden «Terra X»-Dokus über China diese Lücken und Defizite aufgreifen und schließen werden.

Das ZDF zeigt «Chinas langer Aufbruch» am Sonntag, 13. Juli 2008, um 19.30 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/28433
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