Die Kritiker

«Ein spätes Mädchen»

von
Story
Henriette lebt alleine in einer luxuriösen Altbauwohnung in Wiesbaden, die sie von ihren Eltern geerbt hat. Ihr Alltag ist ähnlich still und geordnet wie die großen Räume um sie herum. Sie arbeitet als Lehrerin in einer nahe gelegenen Ballettschule. Regelmäßig schreibt sie Briefe an einen Komponisten, den sie verehrt, aber noch nie persönlich getroffen hat. Ihre Abende verbringt sie im Kreis von Freunden, die eigentlich die Freunde ihrer Eltern sind.

Eine zufällige Begegnung reißt Henriette aus ihrem ruhigen Leben: Sie beobachtet den taubstummen Felix, wie er in einem Café Geld klaut, das für den Kellner bestimmt war. Als sie ihn kurz darauf in der Bahn anspricht, ist es der Anfang einer ungewöhnlichen Beziehung voller Gegensätze und unausgesprochener Leidenschaft. Henriette öffnet dem stummen Felix ihr Herz und lädt ihn bei der nächsten Gelegenheit zu sich nach Hause ein. Felix übernachtet bei ihr, ohne dass etwas zwischen ihnen passieren würde. Felix hört ihr zu. Mehr erwartet Henriette nicht von ihm.

Die Lebenswelten von Henriette und von Felix beginnen sich zu vermischen. Als Felix in sein eigenes Leben zurückkehrt, folgt Henriette ihm ins Frankfurter Bahnhofsviertel. Dort wohnt Felix mit seiner Freundin Minou. Weit davon entfernt, stumm zu sein, ist er ein Streuner, der in den Tag hineinlebt und sich treiben lässt.

Darsteller
Fritzi Haberlandt («Liegen lernen») ist Henriette Sachs
Matthias Schweighöfer («Das wilde Leben») ist Felix
Oona von Maydell («Eine Stadt wird erpresst») ist Minou
Justus von Dohnanyi («Der Tote am Strand») ist Dr. Oelschläger
Ingrid van Bergen («Neues vom Wixxer») ist Frau von Trottenberg
Katharina Matz («Einfache Leute») ist Frau Nolde
Ernst Stankovski («Die Hochzeit meiner Tochter») ist Herr Nolde
Barbara Philipp («Könige der Nutzholzgewinnung») ist Mutter von Nicola
Paul Gäbler («Max und Moritz reloaded») ist Manuel
Mark Waschke («Nachmittag») ist Roland
Stipe Erceg («Die fetten Jahre sind vorbei») ist Lino

Kritik
Die hr-Produktion «Das späte Mädchen» ist ein Film, der mehr zum Nachdenken anregt als unterhält. Jedoch erscheint das Drama oft sehr verwirrend und langatmig. Vor allem der Beginn macht es dem Zuschauer nicht leicht, der Handlung zu folgen und den Inhalt zu verstehen. Die erste halbe Stunde geht nur schleppend vorbei, da der Film und vor allem dessen Story kein festes Ziel hat und sich der Inhalt puzzlehaft zusammenfügt.

Dem Regisseur Hendrik Handlaengton («Liegen lernen») gelingt es mit Henriettes Person ein vereinsamtes Mädchen sehr authentisch darzustellen. Denn sie ist unfähig, soziale Kontakte zu haben und mit anderen Menschen umzugehen. Ihr steifes und verklemmtes Auftreten und die Angst sich einzugestehen, einsam zu sein, wird durch Fritzi Habertland gut ausgedrückt. Es wird ohne viele Worte und mit wenig Handlung gezeigt, wie Henriette ihr Leben führt und wie unzufrieden und verzweifelt sie damit ist.

Dadurch, dass die Handlung sehr beschränkt ist und wenig gesprochen wird, zieht sich das Werk sehr in die Länge und wirkt an vielen Stellen langatmig. Die Anzahl der Worte wird eindeutig von Henriette dominiert. Sie hält viele Monologe, in denen sie über Situationen in der Vergangenheit redet, die sie beschäftigt haben. Meist scheinen die Dinge, von denen sie erzählt, belanglos und einfach nur in den Raum geworfen zu sein. Die zahllosen Monologe drücken die inneren Gefühle und Werte der Protagonistin aus, jedoch erscheinen die Gespräche meist irrelevant. Dennoch bekommt der ARD-Zuseher nur wenig von den Gefühlen und Gedanken der Charaktere mit. Vor allem bleibt Felix, da er nicht spricht, ein großes Rätsel.

Erst nach und nach ergibt sich ein Bild von der Haupt- und Hintergrundhandlung. Die einzelnen Szenen und Ereignisse sind dennoch oft zusammenhangslos aneinandergereiht. Die 88-minütige Produktion wirkt länger als sie ist. Begonnene Handlungsstränge, die nie aufgeklärt werden, verwirren und zerstören die Produktion. Das beste Beispiel ist der stumme Felix, der mit Henriette nicht spricht, aber durchaus sprechen kann. Auch der Briefe-Plot hat kein klares Ziel vor Augen.

Wer auf ein richtiges Ende wartet, wird enttäuscht. Aber zum einen regt dies den Zuschauer zum Nachdenken an, zum anderen bleiben aber viele ungeklärte Fragen offen, die man gerne beantwortet hätte.

Ein Pluspunkt ist die musikalische Untermalung, die Auswahl der Songs ist hervorragend. Auch die extra komponierten Stücke passen zum Film, jedoch wirken sie auf lange Sicht gleich. Auch könnte man die düstere Atmosphäre des Filmes kritisieren. Sie drückt zwar treffend die Stimmung und Gefühle der Hauptpersonen aus, aber wirkt, in der Breite, deprimierend und trägt nicht gerade zur Unterhaltung bei.

Die ARD strahlt «Ein spätes Mädchen» am Mittwoch, 24. Oktober 2007, um 20.15 Uhr aus.

Kurz-URL: qmde.de/23059
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