Interview

Julian F. M. Stoeckel: ,Das klassische Tunten-Heul-Klischee erfülle ich nicht'

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Wir haben mit dem Künstler und ehemaligen Dschungelcamper Julian F. M. Stoeckel über Auswirkungen der Corona-Krise und Reality TV gesprochen. Warum er beim «Kampf der Realitystars» abgesagt hat und was er sich von Sender-Chefs für die "Lieblinge des Boulevards" wünscht, verrät er hier.

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Wo liegen eigentlich die großen Hemmschwellen, mal etwas wildes, experimentelles und anderes zu gestalten? Oftmals bin ich sehr enttäuscht von der Zurückhaltung vor den Lieblingen des Boulevards!
Julian F. M. Stoeckel
Viel diskutiert wurde zuletzt auch über «Promis unter Palmen». Die Show wurde zunächst gefeiert, weil unheimlich viel passierte, im Laufe der Staffel aber zunehmend kritisiert - vor allem wegen der fünften Folge, in der Claudia Obert unter anderem von Bastian Yotta und Matthias Mangiapane massiv gemobbt wurde. Haben die Promis mit Ihrem Verhalten eine Grenze überschritten? Und hätte das Sat.1 so zeigen dürfen?
Meine Meinung ist: Was nicht gesagt wird, kann auch nicht gesendet werden! Daher bin ich immer der Meinung, dass viele Kollegen - und ich will bewusst keine Namen nennen - sich auch im Klaren sein müssen, was sie von sich geben. Mobbing - in welcher Form auch immer - gehört in meinen Augen sowieso nicht ins Fernsehen. Wir machen Fernsehen, weil wir Menschen, unser Publikum, gut unterhalten wollen und nicht, weil wir sie oder andere pausenlos denunzieren, beleidigen oder fertig machen. Das ist und war nie mein Anspruch an Unterhaltung! Ich orientiere mich an den Großen unseres Business: Karl Lagerfeld, Grace Jones, Helmut Berger, Carmen Nebel oder Harald Juhnke. Für diese Urgesteine war die stilvolle Unterhaltung immer im Vordergrund und an diesen Grundsätzen orientiere ich mich!

«Big Brother», die Mutter aller Realityshows, ist in Sat.1 in der ersten Jahreshälfte aus Quotensicht grandios gescheitert. Zurecht?
Darf ich ehrlich sein? Ich fand den Großteil der Kandidaten sooo belanglos, uninteressant und unglamourös. Warum waren keine ,älteren' Menschen dabei? Der Durchschnitt unserer Gesellschaft muss doch in einem «Big Brother» mit normalen Kandidaten widergespiegelt werden. Wir leben nicht alle in einer Instagram-Like-Selfie-Community, wo es nur auf Schönheit, Banalität und Doofheit ankommt. Ein Format wie «Big Brother» - und auch Dschungelcamp - leben von Geschichten, von gelebten Leben. Aber was will man mit 21 oder 22 Jahren erzählen? Wie das Abitur war? Wie die letzte Klassenfahrt nach Mallorca gewesen ist? Wer will das wissen? Ich vermisse sowieso die Alten im Showbusiness! Immer nur Junge? Das ist öde und beliebig! Schade, aber sie wollen es scheinbar nicht anders!

Ein Format wie «Big Brother» - und auch Dschungelcamp - leben von Geschichten, von gelebten Leben. Aber was will man mit 21 oder 22 Jahren erzählen? Wie das Abitur war? Wie die letzte Klassenfahrt nach Mallorca gewesen ist? Wer will das wissen?
Julian F. M. Stoeckel
«Promi Big Brother» kehrt im August zu Sat.1 zurück und wird mit drei Wochen länger denn je laufen. Hättest Du sechs Jahre nach dem Dschungelcamp eigentlich nochmal Lust, an einer solchen Show teilzunehmen? Oder fühlst Du Dich in der Expertenrolle in der «Promi BB Late Night Show» inzwischen wohler?
Ihr werdet lachen, aber ich bin noch nie für «Promi Big Brother» angefragt worden! Ich werde jedes Jahr zu allen Formaten rund um «Promi Big Brother» als Expertin eingeladen, was mir by the way auch wahnsinnigen Spaß macht, aber als Kandidatin bin ich (scheinbar) vom Endemol-Chef Rainer Laux noch nie in Betracht gezogen worden. Das kann aber auch daran liegen, dass sie wissen, dass ich nicht das klassische Tunten-Heul-Klischee erfülle, was sie sich ja teilweise für diese Formate wünschen. Ich bin eine Diva und die kannst du in keine Ecke stellen! (lacht)

Für «Kampf der Realitystars» bei RTLZWEI warst Du angefragt worden, allerdings hattest Du abgesagt. Wieso?
Ich bin angefragt worden und hatte dann ein erstes Vorgespräch mit einer sehr undifferenzierten und teils sehr unhöflichen Redakteurin, die mir keinerlei Informationen zu diesem Fernsehformat zukommen lassen wollte oder konnte. Und anhand wahnsinnig weniger Informationen und Details hatte sie gedacht, dass ich mich in ein für mich vollkommen unbekanntes Format stürze. Leider nein - da hatte sie die Rechnung nicht mit mir gemacht! Die Redaktionen müssen mal registrieren, dass Künstler wie Julian F.M. Stoeckel, Désirée Nick oder Micaela Schäfer pausenlos der ,leichten Muse' und dem Boulevard zugeordnet werden, aber wir durchaus viel im Köpfchen haben!

Zum Schluss noch ein Blick in die Glaskugel: Wie gut stehen Deiner Meinung nach die Chancen, dass unser aller Trash-TV-Liebling, das Dschungelcamp, im nächsten Januar in einigermaßen gewohnter Form trotz Corona produziert werden kann?
Ich denke, dass das Dschungelcamp auf jeden Fall stattfinden wird. Es ist für RTL ein wichtiges Projekt, welches auch wahnsinnig viel Geld in die Kassen spielt und darauf und kann man sicherlich nicht verzichten!

Julian, wir danken Dir für das Gespräch und wünschen Dir alles Gute für die kommende Zeit.

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