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«Schwiegertochter gesucht»: Aufpoliert für die Primetime und nur noch ein bisschen cringe

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RTL hat «Schwiegertochter gesucht» überarbeitet - und tatsächlich sind Veränderungen im Vergleich zu vergangenen Staffeln nicht von der Hand zu weisen. Ihre Protagonisten nimmt die Produktion ernster als in vergangenen Jahren - und auch sonst hat sich einiges gewandelt…

Wer hätte es gedacht: Vier Jahre nach Böhmermanns #Verafake haben sich Warner Bros. und RTL tatsächlich dazu durchgerungen, «Schwiegertochter gesucht» merklich zu verändern. Das Kuppelformat, das seit 2007 läuft, führte seine Singles über Jahre hinweg vor wie kaum ein zweiter Vertreter im Kuppelgenre. Einige Protagonisten wie Ingo, den man besser vor sich selbst beschützt hätte, brachten es durch die Kuppelsendung zu zweifelhafter Bekanntheit. Beate und ihre inzwischen verstorbene Mutter Beate erhielten 2015 sogar kurzzeitig ein eigenes Format bei RTL.

Warum sich der Kölner Privatsender nun dazu entschieden hat, das altehrwürdige «Schwiegertochter gesucht» zu entstauben, ist nicht bekannt. Obwohl die Quoten zuletzt rückläufig ausfielen, stellte auch die bis dato letzte Staffel vor anderthalb Jahren mit bis zu 3,4 Millionen Zuschauern noch einen Erfolg dar. Dass sich in der 2020er-Runde des Formats einiges verändert hat, fällt derweil schon beim Intro auf. „Man of Devotion“ von Fools Garden als Titelmelodie ist man zwar treugeblieben, statt im Original spielt man den Song aber nun als Remix, was deutlich frischer wirkt.

Auch inhaltlich hat sich einiges verändert. Von den peinlichsten Momenten der vergangenen Jahre bleiben die neuen Folgen, die es ab diesem Dienstag erstmalig in der Formats-Geschichte in die Primetime schaffen, jedenfalls ziemlich weit entfernt. Und das hängt nicht nur damit zusammen, dass man auf die Alliterationen der vergangenen Staffeln („romantischer Rheinländer“) inzwischen verzichtet. Natürlich gibt es noch immer Momente, die einem die Hände über dem Kopf zusammenschlagen lassen. Aber: Die Fremdscham-Dichte ist deutlich zurückgegangen. «Schwiegertochter gesucht» ist nur noch ein bisschen cringe und wenn, dann ist es das zumeist auf eine subtilere Art und Weise als früher.

Der Grund dafür ist, dass RTL weniger auf Freaks setzt und dafür viel mehr Charaktere präsentieren kann, die verhältnismäßig durchschnittlich wirken. Während ein Typ wie Dennis in puncto Attraktivität im alten «Schwiegertochter gesucht» kaum vorstellbar gewesen wäre, wirkt vor allem Philipp erstaunlich normal. Es ist schon verwunderlich, wie es Warner Bros. und RTL nach den zahlreichen Peinlich-Kandidaten der vergangenen Jahre gelungen ist, überhaupt noch durchschnittliche Kandidaten zu finden.

Das sind die neuen Junggesellen

  • Dennis, 34, Speditionskaufmann aus NRW
  • Philipp, 32, Zeitsoldat aus Schleswig-Holstein
  • Meik, 28, gelernter Koch aus Ungarn
  • Andrea, 29, Gastronom aus Niedersachsen
  • Heiko, 46, angehender psychologischer Berater aus Sachsen-Anhalt
Trotzdem: Ganz verzichten wollte man bei RTL auf den Schlag von Kandidaten, die «Schwiegertochter gesucht» so lange ausgemacht haben, dann doch nicht. Und so kommt es, dass Heiko, der treuen Fans des Formats bereits aus alten Staffeln bekannt ist, auch in den neuen Folgen dabei ist. Anders als früher überzeichnet RTL den zweifelsfrei besonderen Charakter aber nicht zusätzlich. Gleiches gilt für den sehr schüchternen Meik aus Ungarn, der sich zwar unbeholfen anstellt, von Seiten der Produktion aber nicht weiter durch den Kakao gezogen wird.

Insgesamt scheinen die neuen Folgen weniger über das bloße Sich-Lustig-Machen zu funktionieren. Dafür versucht RTL unter anderem den Faktor Konkurrenzdenken unter den Verehrerinnen von Veras Söhnen stärker zu betonen als früher. So erklären gleich zwei Mädchen im Laufe der Auftaktfolge, dass sie nicht gekommen seien, um neue Freundinnen zu finden. Zwischen einer von Meiks Interessentinnen und seiner Mutter entzündet sich schon im Laufe der ersten Folge ein erster Streit. Wie gehabt ist «Schwiegertochter gesucht» besonders in diesen Momenten gut zusammengeschnitten und kann entsprechende Szenen spannend verdichten. Dass die Produktion den Müttern der Single-Söhne in den neuen Folgen deutlich mehr Raum als einst gibt, dürfte das Reibungspotenzial auch in den nächsten Wochen erhöhen.

Hinzu kommt, dass RTL «Schwiegertochter gesucht» auch optisch für die Primetime aufgewertet hat. In den neuen Folgen begegnen den Zuschauern zu Hause bei den liebeshungrigen Singles weder uralte Holzküchen noch staubige Sofas aus dem letzten Jahrhundert. An Eistruhen im Schlafzimmer wie damals bei Ingos Eltern Lutz und Stups ist gar nicht mehr zu denken. Die Kulissen, in denen sich die Protagonisten kennenlernen, sind sehr viel moderner und optisch ansprechender als früher. Gleiches gilt für die musikalische Untermalung der Szenen in der gut 90-minütigen Auftaktfolge. Statt alten, schmalzigen Schlagern und Heimatliedern verwendet man zeitgemäße Musik.

Eine größere Rolle wird in den neuen Folgen nicht zuletzt Moderatorin Vera Int-Veen zu teil. „Sonst habe ich ja nur die Liebespost vorbeigebracht, diesmal unternehme ich mit den Mutter-Sohn-Frauen-Gespannen viel mehr. Ich bin also viel intensiver bei den Kupplungsversuchen dabei“, erklärt sie ihre neue Rolle. Dafür hat Int-Veen die neuen Folgen nicht mehr vertont, dem kommt jetzt ein männlicher Off-Sprecher mit heller und freundlicher Stimme nach. Auch das passt gut ins neue «Schwiegertochter gesucht» hinein. Fragt sich nun nur noch, ob die Zuschauer die Konzeptanpassung mitmachen und «Schwiegertochter gesucht» auch ohne zahllose Fremdscham-Momente einschalten werden. Langweilig sind die neuen Folgen aufgrund der Bandbreite der Charaktere und neuer mögliche Konfliktlinien jedenfalls nicht.

RTL zeigt ab diesem Dienstag, 14. Juli, insgesamt fünf Folgen von «Schwiegertochter gesucht», die immer wöchentlich um 20.15 Uhr zu sehen sind. Auf TV Now sind die Folgen jeweils eine Woche vorab abrufbar.

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