«Weisheiten»: Wir müssen draussen bleiben

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Am Sonntagabend ist es soweit: Bundeskanzler Gerhard Schröder duelliert sich mit seiner Herausforderin Angela Merkel. Obwohl das TV-Duell auf vier Sendern übertragen wird, bleibt eine Bevölkerungsgruppe außen vor: die Gehörlosen.

Wenn am 4. September Gerhard Schröder und Angela Merkel beim TV-Duell auftreten, wird Fernsehgeschichte geschrieben. Erstmals übertragen vier Sender zeitgleich eine Diskussionsrunde. Auch über diesen besonderen Fernsehabend könnte man einiges schreiben, ist es doch eigentlich eine Crux, dass vier Mal das gleiche Programm ausgestrahlt wird. Aber jeder Sender will wohl ein Stückchen vom Kuchen abbekommen.

Geschätzte 20 Millionen Zuschauer werden die Übertragung verfolgen, weit über die Hälfte wird bei den Öffentlich-Rechtlichen Sendern zuschauen. ARD und ZDF – sie haben laut Rundfunkvertrag den Auftrag zur Grundversorgung und sollen auch Fernsehen für Minderheiten anbieten. Minderheiten wie es zum Beispiel Gehörlose sind. Würde aber einer der beiden Sender ein kleines Fenster mit einem Gebärden-Dolmetscher einblenden, könnte sich dieses negativ auf die Quote auswirken, da das restliche Bild kleiner wäre. Genau das ist nicht im Sinne der Programmchefs.

Wenn es nach den Vorstellungen von ARD und ZDF gegangen wäre, hätte der Informationskanal Phoenix diese Aufgabe übernommen. Die fünfte Station, die das Duell übertragen hätte. Weil aber RTL und Sat.1 nicht mitgespielt haben, bleibt Phoenix außen vor und damit auch die Gehörlosen. Immerhin hätte man, damit es gerecht wäre, auch N24 und n-tv das Recht zur Übertragung gewähren müssen.

Das ist wie an der Eingangstür eines Supermarktes: „Wir müssen draußen bleiben“. Wer diese Schildchen seinem vierbeinigen Freund gegenüber schon unfair findet, dürfte jetzt aus dem Kopfschütteln nicht mehr rauskommen. Immerhin: Von 22:30 Uhr bis Mitternacht wiederholt Phoenix das Duell – mit Gebärden-Dolmetscher. Gehörlosen, die am kommenden Tag wieder arbeiten müssen, wird dies aber nur wenig helfen.

Die Öffentlich-Rechtlichen Sender 2005. Die Quotenhascherei ist auch dort eingezogen. Um den schwarzen Peter zumindest von sich weisen zu können, haben sich ARD und ZDF entschieden, das TV-Duell zu untertiteln. „Eine faire Lösung“ sagte ein RTL-Sprecher. „Eher ein Notnagel“ könnte der gehörlose Zuschauer sich denken.




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