Die Kino-Kritiker

«Fisherman's Friends»: Sonntagskino mit Shantys

von

Frei nach wahren Begebenheiten: Cornwall. Seefahrermusik. Und eine schlichte, aber gefällige Geschichte.

Filmfacts «Fisherman's Friends»

  • Regie: Chris Foggin
  • Produktion: Nick Moorcroft, Meg Leonard, James Spring
  • Drehbuch: Nick Moorcroft, Meg Leonard, Piers Ashworth
  • Ensemble: Daniel Mays, James Purefoy, David Hayman, Dave Johns, Sam Swainsbury, Tuppence Middleton, Noel Clarke
  • Musik: Rupert Christie
  • Kamera: Simon Tindall
  • Schnitt: Johnny Daukes
  • Laufzeit: 112 Minuten
  • FSK: ohne Altersbeschränkung
Es gibt viele Begriffe dafür. Wir nennen es "Sonntagnachmittagskino". Kino, das gemütlich, aber nicht schleppend erzählt ist. Das beim besten Willen nicht überfordert, aber auch nicht unterfordert. Positive Geschichten, die nicht mit zuckriger Intensität auf einen eindreschen. Klingt nach einem doppelbödigem Kompliment oder gar nach einer geradlinigen Beleidigung? Vielleicht für Adrenalinjunkies und hochnäsige Filmsnobs. Wir jedoch meinen diesen Begriff als Kompliment.

Denn Filme verdienen sich dieses Etikett nicht einfach so: Es gehört ein versiertes Händchen dazu, diese freundliche, aufmunternde, dennoch von einem galanten Understatement durchzogene Tonalität zu treffen, statt in die Egalität oder gar Banalität abzudriften. Es kann halt nicht jeder Film ein «Der Engländer, der auf einen Hügel stieg und von einem Berg herunterkam» oder ein «Picknick mit Bären» sein. Die "Vom Kutter in die Charts"-Komödie «Fisherman's Friends» dagegen ist so ein Film: Bestes Sonntagnachmittagskino.

Frei nach der wahren Geschichte der zehnköpfigen Sangestruppe Fisherman's Friends erzählt diese entspannte Wohlfühlkomödie, wie der zynische Musikproduzent Danny (Daniel Mays) mit seinen oberflächlichen Freunden ein Wochenende in Cornwall verbringt. Dort wird der schnelllebige Danny durch einen Streich dazu gebracht, die in ihrer Freizeit singenden, örtlichen Fischer unter Vertrag zu nehmen. Doch noch bevor der ewige Single dahinter steigt, dass er einem Scherz auf dem Leim gegangen ist, verfällt er dem rauen, aber herzlichen Charme der A-capella-Sänger sowie ihres kleinen Heimatdorfes.

Und so verbeißt sich Danny mit Eifer in seine Bemühungen, den Fischern eine professionelle Musikkarriere zu verschaffen. Dass Band-Wortführer Jim (James Purefoy) der Vater der Bed-and-Breakfast-Betreiberin Alwyn (Tuppence Middleton) ist, in die sich Danny verschossen hat, erschwert das Ganze jedoch …

Ein Städter, der in der Provinz lernt, zu entschleunigen. Provinzler, deren gesunder Ehrgeiz durch einen erfolgreichen Städter geweckt wird. Ein ewiger Junggeselle, der durch eine aufgeweckte, warmherzige Frau die Liebe lernt. Und eine unwahrscheinliche Erfolgsgeschichte. Bricht man «Fisherman's Friends» eiskalt auf seine Plotelemente herunter, wirkt er wie eine Ansammlung von Klischees. Jedoch drängt sich einem diese Flut an Klischees beim Anschauen nicht auf: Das Drehbuch von Nick Moorcroft, Meg Leonard und Piers Ashworth spielt dafür, anders als bei ihrer tonal ähnlich gearteten Tanzkomödie «Tanz ins Leben», zu gekonnt den Charme seines Settings aus.

Und mit diesem herzlich-rauen Duktus der Fischer, ihrer Familien und ihrer Heimat geht auch einher, dass diese Komödie, obwohl sie in bekannten Gewässern fährt, die drohenden Klischeeklippen lange Zeit weitgehend umschifft: Wenn sich beispielsweise ein Konflikt zwischen Danny und Jim anbahnt, weil der knurrige Fischer und Shanty-Sänger seine erwachsene Tochter Alwyn beschützen möchte, umfährt der Film den forcierten, großen Streit. Der Cast trägt seinen Teil dazu bei, dass so keine dramaturgische Leerstelle entsteht: Wo beispielsweise die meisten Filme mit solchen Figurenkonstellationen überzogenes Gezeter folgen lassen würden, drückt Purefoy Jims Zorn, Fürsorge und Einsicht vornehmlich mit seiner Mimik aus.

So zieht es sich durch – nahezu – den gesamten Film. Statt sich von einem obligatorischen Handlungspunkt zum nächsten zu hangeln, lässt Regisseur Chris Foggin «Fisherman's Friends» angenehm treiben: Die Seefahrer scherzen, es werden viele einprägsame Shantys gesungen (von tollen, rau-liebenswerten Stimmen) und Daniel Mays' Danny lässt sich von Tuppence Middletons Alwyn vom Berufsjugendlichen zum verantwortungsbewussten, vorausschauenden Erwachsenen zähmen. Umso herber fällt es auf, wenn das Skript im dritten Akt ein kleines Missverständnis zum großen, vertraute Figuren entzweienden Konflikt aufbauscht, obwohl die Art, wie die Figuren bislang gespielt und geschrieben wurden, diese Reaktion vollkommen unplausibel macht. Hier verfällt das Drehbuch-Trio dann doch dem Klischee-Lockruf, zumal dieses spät im Film aufkommende Drama fernab der realen Bandgeschichte liegt.

Dessen ungeachtet ist «Fisherman's Friends» mit seinen kräftigen Shantys, seinem schlicht-optimistischen Humor und der Urlaubslust weckenden Kulisse Cornwalls ideales Sonntagskino. Karte gelöst, Tapetenwechsel, Wohlfühlstimmung.

«Fisherman's Friends» ist ab sofort in vielen deutschen Kinos zu sehen.

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