Serientäter

Nach dem Finale: Wie enttäuschend war die letzte «Game of Thrones»-Staffel?

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Für den Großteil der Serienfans ist die finale «Game of Thrones»-Staffel eine große Enttäuschung. Welche Vorwürfe das Format sich gefallen lassen muss und wie das Fantasy-Epos endete.

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Auch das Serienfinale spaltet Fans


Das Serienfinale vereinigte schließlich nochmal die schlimmsten und besten Facetten dieser umstrittenen achten Staffel. Einerseits wurde die Auflösung des Konflikts um Daenerys wieder überaus gehetzt herbeigeführt, sodass der dramatische Moment, in dem Jon seine Geliebte und gleichzeitig seine Tante erdolchte, gar nicht richtig wirken konnte. Andererseits hielt das Serienende ähnlich wie der Anfang von Staffel acht wieder einige befriedigende Momente für Fans bereit und ein übergreifendes Thema, das viele Zuschauer gar nicht auf dem Zettel hatten.

Nicht zuletzt die Symbolik des dahinschmelzenden Eisernen Throns durch Drachenfeuer ließ Zuschauer zur Erkenntnis kommen, dass diese Serie von der Wandlung einer mörderischen, dysfunktionalen und von Dynastien beherrschten, hin zu einer kollektivistischeren Gesellschaft handelt, die ihre blutrünstigen Ränkespiele allmählich hinter sich lässt. Zumindest wollte die Serie das dem Zuschauer nun als roten Faden verkaufen, denn was die Eiszombies, all die unerfüllten Prophezeiungen oder Brans mystische Fähigkeiten nun damit zu tun hatten, blieb weiter im Dunkeln.

Apropos Bran. Mit „Bran, dem Gebrochenen“ erhielt das Königreich einen Herrscher, den viele Fans vorab nicht antizipiert hatten. Das stieß einigen Zuschauern sauer auf, insbesondere als sein Thronanspruch damit begründet wurde, dass er die spektakulärste Geschichte aller verbliebenen Charaktere hinter sich hätte, obwohl er in Staffel acht im Grunde nur herumsaß. Tatsächlich ist Bran schon seit einiger Zeit einer der unbefriedigendsten Charaktere der Serie und wirkt eher wie ein narratives Mittel zum Zweck, weil er durch seine übernatürlichen Fähigkeiten leicht Informationen präsentieren kann, die sonst schwierig für den Zuschauer zu beschaffen wären – etwa, wo die White Walker sich aufhalten, alles Mögliche zur «Game of Thrones»-Vorgeschichte oder jegliche Geheimnisse bestimmter Figuren. Diese Informationen hat er aber immer nur bereitgestellt, wenn es für die Handlung gerade opportun erschien.

Masterplan oder inkohärentes Durcheinander?


Als Thronfolger macht Bran Stark Sinn, denn er ist eine Person, die nicht ansatzweise Gefahr läuft, die Fehler seiner Vorgänger durch falschen Stolz und Ego-Gehabe zu wiederholen und indem er keine Kinder zeugen kann, wird er auch nicht die nächste Dynastie beginnen. Westeros rückte tatsächlich ein wenig näher in Richtung Demokratie. Dass es in «Game of Thrones» letztlich eigentlich um Politik und Gesellschaft gegangen sein soll, wollen viele Fans nun nicht wahrhaben, auch wenn es in der Rückschau nicht ganz so weit hergeholt scheint. Daenerys Targaryen sprach in der Finalepisode mehrmals davon, „das Rad zerschlagen“ zu wollen, das innerhalb von Königsfamilien immer neue Tyrannen an die Macht bringt. Dieses Rad dreht sich schon seit Folge eins am Ende jedes Intros der Serie.

Wäre die Serie sich treu geblieben und hätte seine Fantasy-Elemente weiterhin nur als Vehikel für eine eigentlich sehr menschliche Sage im Stile Shakespeares verwendet, wären viele Fans wohl deutlich zufriedener mit dem Finale gewesen. Doch stattdessen sorgte ein Drache für den symbolischsten Akt des Finals und eine Art Zauberer wurde auf den Thron gesetzt. Was genau soll uns das nun über unsere wirkliche Welt sagen? Das Ende der Folge sorgte dann für eine Art Fan-Service-Gipfel. Als der neue Rat des Königs das erste Mal tagte, sahen Zuschauer, wie einige der größten Fan-Lieblinge nun die Geschicke der sieben Königslande leiten sollen, darunter Samwell Tarly, Davos, Brienne und vor allem Bronn, für den Fans im Vorfeld der Staffel ein besonders gutes Ende forderten und dies nun auch bekamen. Ein letzter Versuch, die Fans nach einer verkorksten achten Staffel zu befrieden?

Das wahre Problem von «Game of Thrones» ist nicht Staffel acht, sondern es sind alle Staffeln davor, die die Illusion eines narrativen Masterplans erzeugten, der nun dem Augenschein nach nie vorlag, auch wenn die Autoren dies glauben machen wollen. Letztlich sponnen die Schreiber derart viele verworrene Fäden zu einem unüberschaubaren Netz, dass sie die Enden vieler davon gar nicht mehr fanden und sich stattdessen komplett verhedderten. Die ungemein vielen Möglichkeiten und Ideen dieser reichen Welt schienen die Macher nur selbst ins Chaos zu treiben. Deshalb wählten sie in Staffel acht wohl auch lieber das Spektakel als die Geschichte.

Die Mammutaufgabe den geliebten Serienfiguren das Ende zu geben, dass sie verdienten, schlug damit fehl. Zeitgründe spielten eine große Rolle, ansonsten sorgten viele Entscheidungen aber schlicht für große Ratlosigkeit. Sieben Staffeln lang trug «Game of Thrones» den Titel der besten Serie aller Zeiten. Nun wird sie womöglich als Paradebeispiel für eine Serie in die Geschichte eingehen, die auf den Zielgeraden ihr Vermächtnis spektakulär gegen die Wand fuhr.

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