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Von Weimar zu Hitler – Teil 1

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Ein historischer, politischer und soziologischer Querschnitt der deutschen Filmgeschichte von 1918-1945.

Montag, der 11. November 1918, 12 Uhr mittags. Die acht Unterschriften auf dem Waffenstillstand von Compiègne, vier von Seiten der Deutschen und vier von den Alliierten, markieren das vorläufige Ende des Weltkrieges. Nahezu zwanzig Millionen Soldaten und Zivilisten forderte der unmenschliche Krieg, dazu Millionen verwundete und verstümmelte Menschen.

Natürlich waren der damaligen Weltkriege bestens bekannt, jedoch nicht in einem solch gravierenden Ausmaße und mit einer derart modernisierten Kriegsführung, wie man es 1914 durch den Ersten Weltkrieg erlebte. Die anfängliche Kriegseuphorie wich schnell der Angst, nachdem moderne Schnellfeuerwaffen und Giftgase unzählige Opfer an den Fronten forderten. Die deutschen Streitkräfte lieferten sich mit den französischen Truppen im Westen einen erbitterten Grabenkrieg um jeden Meter, während die britische Seeblockade der Nordsee das Deutsche Reich permanentem Druck aussetzte. Das Aufreiben der deutschen Soldaten in der verzweifelten Frühjahrsoffensive an der Westfront 1918 führte letztendlich zu der Einsicht auf deutscher Seite, dass der Krieg sein obligatorisches Ende gefunden hatte. Der Weltenbrand sollte vorerst beendet sein.

Angesichts der verübten Gräuel in den vergangenen vier Jahren musste Deutschland in dem 1919 aufgesetzten Friedensvertrag von Versailles büßen. Reparationszahlungen, militärische Kontrolle des Landes und – was vielen Deutschen der größte Dorn im Auge war – die Anerkennung, dass die alleinige Kriegsschuld beim Deutschen Reich lag. Zwar wurde die deutsche Ökonomie zwecks Tilgung der Kriegsschulden von den Siegermächten am Leben erhalten, doch unter den harten Auflagen litt die deutsche Gesellschaft immens.

Als der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann am 9. November 1918 vom Balkon des Reichstags die Weimarer Republik ausrief, war die Gesellschaft der jungen Republik stark gebeutelt. Nahrungsmittel waren ein äußerst kostbares und seltenes Gut, die Inflation machte selbst vor den vermögendsten Häusern nicht Halt und der Frust über die Niederlage und deren erzwungene Anerkennung steckte den Bürgern tief in den Knochen. Die Menschen suchten eine Ablenkung, eine Möglichkeit dem harten Alltag zu entfliehen und so kam es, dass sich gerade in dieser dunklen und unerbittlichen Zeit die Kultur in neuen Höhen wiederfand. Auch wenn die kulturellen Entwicklungen nicht allen Bürgern zugänglich waren, sprach man von einem goldenen Zeitalter für die Kunst.

Die Goldenen Zwanziger - sie schufen Innovationen, um das Grauen nur für einen Augenblick nichtig erscheinen zu lassen und wurden somit zum Spiegel der Gesellschaft und zugleich der Versuch der Verarbeitung des Erlebten.

Kaum etwas ist für die damaligen Entwicklungen so bezeichnend wie die Entstehung des Weimarer Kinos. Gekrümmte Kulissen, verzerrte Bilder, gestörte Menschen und die verzweifelte Suche nach der Realität – eine Stilistik, die auf die grausame Vergangenheit Deutschlands schließen lässt und Einblicke in den kreativen Schaffensprozess der damaligen Filmemacher gewährt. So kam es, dass sich in dieser filmischen Verarbeitung des Vergangenen ein Filmgenre abzeichnete, das sich bis heute immenser Popularität erfreut. Die Rede ist von dem Horrorfilm, der damals aus dem Grauen emporstieg, sich in den Jahrzehnten darauf immer wieder neu erfand und bis heute überlebt hat.

Obwohl man besagtes Genre heutzutage mehr mit einer expliziter Gewaltdarstellung wie einer dichten Atmosphäre verbindet, sind die dunklen Ursprünge an manchen Stellen immer noch spürbar.

Zur Gründungszeit der Weimarer Republik war das internationale Medium des Films vergleichsweise noch ein sehr junges und hatte gerade einmal seine ersten holprigen Gehversuche hinter sich gebracht. Von einer wirklichen Einteilung in Filmgenres konnte man kaum sprechen, ebenso wenig wie von der gezielten Produktion für einen Massenmarkt.



Es ist durchaus möglich, den späteren russischen Durchbruch der Film- und Schnittkunst mit «Panzerkreuzer Potemkin» (1927) und «Der Mann mit der Kamera» (1929) auf die Erfolge des Weimarer Kinos zurückzuführen, so weitreichend war der Einfluss der deutschen Filmbewegung. Nicht nur, dass die Bewegung den späteren Generationen von Filmemachern den Weg ebnete, sie trug zudem dazu bei, dass das Medium Film weitgehend überhaupt als eine Kunstform anerkannt wurde und sich zu der Malerei, der Musik und dem Theater gesellen durfte.

Trotz dieses jungen Stadiums und den technischen Limitierungen wurde das Weimarer Kino in nur kurzer Zeit auch über die deutschen Grenzen hinaus ein Garant für filmische Qualität. Kein Film der damaligen Bewegung fängt deren Essenz besser ein wie der Film, der sie selbst begründet hat. Die Rede ist von dem zeitlosen Meisterwerk des Regisseurs Robert Wiene aus dem Jahre 1920, der das gesamte Weimarer Kino mit seinem Film beeinflusste. Der erste und einflussreichste surreale und Horrorfilm der Geschichte: «Das Cabinet des Dr. Caligari».

Jedes Filmgenre hat natürliche Vertreter, die eine gewisse Primärstellung haben. In dem Genre der Fantasy-Filme hat die «Der Herr der Ringe»-Trilogie (2001-2003) beispielsweise eine Monopolstellung, während das Genre des Sportfilms immer wieder mit Filmen wie «Rocky» (1976) oder «Feld der Träume» (1989) in Verbindung gebracht wird. Doch in der bisherigen Filmgeschichte hatte kein Vertreter des Mediums eine prägendere Funktion in seinem etwaigen Genre, wie sie «Das Cabinet des Dr. Caligari» hatte.

Die generell dominierende künstlerische Richtung in der Weimarer Republik war der Expressionismus, der sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts hervortat und zu Beginn des 20. Jahrhunderts erste große Werke in der Malerei hervorbrachte. Die Literatur adaptierte diese Stilrichtung, die sich mit Thematiken wie der zunehmend schnelleren Modernisierung, dem Krieg und dem vermeidlichen Verschwinden des Individualismus identifizieren lässt. Während sich in der Musik, der Tanzkunst und auch in der Architektur der Expressionismus schon in den 1910er Jahren etabliert hatte, sieht man im Vergleich, dass sich der deutsche Film erst deutlich später dieser neuen Stilistik annahm. Mögliche Gründe dafür sind in etwa finanzieller Natur, da die deutsche Wirtschaft zu Zeiten des Ersten Weltkrieges keinen maßgeblichen Wert auf die Finanzierung von Filmen legte, sondern auf die Kriegsführung zugeschnitten war. Somit ist es kein Wunder, dass nach der Gründung der Weimarer Republik und einer relativen Stabilisierung des Landes die Filmschaffenden ihre Arbeit erheblich ausbauten.

Der expressionistische Stil variiert seinen Ausdruck je nach dem Medium, in welchem er angewandt wurde. Während die Literatur dieser Epoche von einer allgemeinen sprachlichen und inhaltlichen Modernisierung geprägt war, die dunkle und bedrohlich anmutende Thematiken zum Inhalt hatte, zeigt sich die expressionistische Malerei in abstrakten Gemälden, die keine klassische Abbildung der Realität darstellen wollten.

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