First Look

«The Rain»: Cloudy with a Chance of Death

von   |  1 Kommentar

Von Netflix' erster eigenproduzierter Serie aus Dänemark können viele fiktionale Formate des Streaming-Anbieters aus größeren Märkten jede Menge lernen.

Cast & Crew

Produktion: Miso Film
Schöpfer: Jannik Tai Mosholt, Esben Toft Jacobsen und Christian Potalivo
Darsteller: Alba August, Lucas Lynggaard Tønnesen, Mikkel Følsgaard, Lukas Løkken, Jessica Dinnage, Sonny Lindberg, Angela Bundalovic u.v.m.
Executive Producer: Peter Bose und Jonas Allen
Simone (Alba August) soll eigentlich gleich ein kompliziertes Gruppenreferat im Gymnasium halten. Dann kommt ihr Vater Frederick (Lars Simonsen) reingestürmt und zerrt sie aus der Schule. Im Auto warten schon ihre Mutter und ihr jüngerer Bruder Rasmus (Lucas Lynggaard Tønnesen), die wie sie von der Hektik beunruhigt sind, mit der Frederick über die Autobahn rast, in panischer Angst vor dem Regen, der sie alle mit einer tödlichen Seuche infizierten wird, wenn sie ihm ausgesetzt werden sollten. Das klingt zuerst, als hätte der Mann den Verstand verloren.

Doch bald bricht in ganz Dänemark das Chaos aus. Die Familie schafft es noch rechtzeitig zu einem futuristischen Bunker. Aber Frederick muss bald weiterziehen: Denn nur er kann eine noch größere Katastrophe abwenden und ein Heilmittel gegen die Seuche finden. Kurz nachdem er aufgebrochen ist, fällt seine Frau bei einem Überfall auf den Bunker dem Regen zum Opfer und stirbt qualvoll. Simone und Rasmus sind nun auf sich alleingestellt. Sechs lange Jahre werden sie ohne nennenswerten Kontakt zur Außenwelt dort ausharren, bis ihnen die Vorräte ausgehen. Dann müssen sie aufbrechen – und finden ein postapokalyptisches Skandinavien vor, voll mordender Banden, die für ein bisschen Essen jeden abschlachten, der sich ihnen in den Weg stellt.

Kurz bevor er seine Kinder alleinließ, gab Frederick Simone noch eine letzte Anweisung: Sie müsse ihren Bruder um jeden Preis schützen, denn er sei der Schlüssel zu allem. Mithilfe von Simones Erinnerungen kann auch der Zuschauer schnell weitere Puzzleteile zusammensetzen: Vor einigen Jahren war Rasmus schwer krank gewesen und sein Vater hatte ihm nach langem Ringen und Zweifeln einen Virus injiziert, der multiresistente Keime abtötet und dem Jungen so das Leben rettete. Noch dazu stand Frederick im Dienst einer hochrangigen Forschungsorganisation, der die Ambition, die Menschheit von den meisten Krankheiten zu erlösen, durchaus zuzutrauen wäre.

«The Rain» ist somit kein reiner Genrestoff, sondern gleichzeitig eine eindringliche Warnung, vor Fortschrittsgläubigkeit und technisch-wissenschaftlicher Innovation, die, einmal angestoßen, nicht mehr kontrollierbar wäre. Man mag dieser Haltung nicht folgen wollen, doch «The Rain» kann seine Grundeinstellung angenehm unpathetisch und beiläufig genug erzählen, um zu verfangen, ohne plump oder aufgesetzt zu wirken.

Denn weder die Handlung noch die Konflikte zwischen den Charakteren werden jemals zum Vorwand degradiert, aufgesagte Problemfilmdialoge in den Stoff zu pressen – und das Drehbuch zeigt vielmehr bereits in den ersten drei Episoden eine erstaunliche Versatilität. Die Auftaktfolge spielt sich noch weitgehend im futuristischen Bunker ab, als eindringliches Kammerspiel über Isolation und Entfremdung, Angst und Ohnmacht, während die nachfolgenden Episoden zunehmend von der Fragilität der menschlichen Gesellschaft als Ganzes erzählen, vom völligen Zusammenbruch der Zivilisation im Angesicht des Undenkbaren und Unmenschlichen. Dabei erinnert die Serie in Inhalt, Atmosphäre und ihrer schonungslosen Erzählung oftmals an Cormac McCarthys vielgepriesenen Roman „The Road“, auch wenn «The Rain» nicht das immense psychologische Interesse an seinen Figuren entwickelt, mit dem McCarthys Belletristik auffällt.

Mit dieser Serie muss Netflix einen Beweis antreten: Nämlich dass es seine eigenproduzierten Serien aus kleinen Märkten wie Dänemark nicht hinter die von Kolossen wie Deutschland, Frankreich und Brasilien zurückfallen lässt. Doch nicht nur wegen des erzählerischen Desasters des frankophonen Netflix-Aushängeschilds «Marseille» ist dieser Beweis mit «The Rain» nun erbracht; denn dieser dänischen Produktion gelingt er ganz aus eigener Kraft, als einnehmend und klug erzähltes sowie mitreißend inszeniertes Stück über die Fragilität sozialer Strukturen und der natürlichen Ordnung.

Kurz-URL: qmde.de/100804
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger Artikel«Weissensee»: Deutschland lernt seinen Osten kennennächster ArtikelRTLplus-Serien: Neue Gesichter, neue Namen im Juni
Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Kingsdale
08.05.2018 17:55 Uhr 1
Ohje, was eine Kritik. Da fragt man sich eher, was für eine Serie ihr geschaut habt. Die Idee ist nun nicht Schlecht, aber mal ehrlich, von massiven Logiklöchern und desaströsen Verhaltensweisen der Darsteller bis zur totalen Langeweile. Das Ganze erinnert stellenweise irgendwie an The Walking Dead, nur mit Regen. OK, ich muss zugeben, das ich die Serie nur bis Folge 4 geschaut habe, danach hats mir gereicht und ich glaub nicht, das es danach besser wurde. Ich geb jeder Serie gern eine Chance, aber da kann ich der Farbe beim trocknen zu sehen und habe mehr Aufregung. Ist natürlich mal wieder nur meine eigene Meinung (weil gleich wieder über mich gemeckert wird), aber ich fand sie einfach nur Dünn.
Weitere Neuigkeiten

Optionen

Drucken Merken Leserbrief




E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung