Sonntagsfragen

Sonntagsfragen an Bora Dagtekin (Teil 2)

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In dieser Woche steht uns der Autor Rede und Antwort, wie es mit seiner ARD-Serie «Türkisch für Anfänger» weitergeht. Außerdem: Wie steht er zum Sendeplatz am Vorabend um 18.55 Uhr?

Ganz anderes Feld. Für die ARD schreibst du «Türkisch für Anfänger» - was erwartet die sehnsüchtig wartenden Fans da in nächster Zeit?
Du meinst "Ich heirate eine Familie" mit Türken? (grinst) Wir haben einen 2-jährigen Zeitsprung gemacht und steigen ein mit dem Leben nach dem Abitur. Lenas beste Freundin Kathi - neu im Cast: Cristina Do Rego aus «Die Welle» - ist aus Amerika zurück und kämpft mit Lena um ein Volontariat bei der InBeTwen, einem total bescheuerten Lifestyle-Magazin für Berufsjugendliche.

Cem verkackt eigentlich alles, vom Abi bis zum Nebenjob - und probiert aus, welche Identität ihm besser steht: die des harten Ghetto-Türken oder die des deutschen Polizistensohnes. Yagmur will zwar mit Costa zusammen sein, aber nur, wenn er sie heiratet, worauf er natürlich keine Lust hat, weil er ja noch nicht mal mit ihr geschlafen hat. Und Doris und Metin merken, dass sie alt werden, was natürlich bekämpft wird und ansonsten beißen sie sich wie gewohnt die Zähne daran aus, ihre Kinder aufs Leben vorzubereiten.

Wir haben zum einen die Cem-Lena-Lovestory extrem präsent erzählt, aber gleichzeitig ein bisschen die Romanzendauerschleife runtergefahren und richtig Konflikt-Pulver verschossen, weil wir ja davon ausgehen, dass es die letzte Staffel sein wird. Staffel 3 ist also wieder ein bisschen mehr Staffel 1: also extrem viel Multi-Kulti, politisch unkorrekte Bezüge zum Leben von Ausländern, ein sehr ironischer Blick auf erste Berufserfahrungen und viele Set Pieces und Visionen.

Josefine Preuss und Elyas `M Barek sind älter geworden und jetzt weniger Teenies, als vielmehr Anfang-Zwanziger und das steht ihnen meiner Meinung nach sehr gut und gibt der Serie noch mal einen neuen Hook. Die Zuschauer können so mit ihren Helden erwachsen werden. Die vielen Preise und Kritikerstimmen haben Alban Rehnitz von Hofmann&Voges, der Redaktion Bettina Reitz, Caren Toennissen, Bernhard Gleim und mir Mut gemacht, noch mal so richtig Gas zu geben und wir sind alle sehr zufrieden mit der Staffel. Es ist die beste von allen, finde ich. Die Schauspieler sind einfach unglaublich gut. Ich denke nicht, dass die Marke mit Staffel 3 beerdigt wird. Es wird irgendwo weitergehen. Ob im Fernsehen, oder im Kino. Man muss jetzt mal die Quote abwarten.
Die ARD wiederholt ab September dienstags bis freitags um 18.55 Uhr Staffel 1 und 2 und ab Mitte November kommt dann die dritte Staffel.

Für 2009 hat die ARD – um das 18.55 Uhr-Quotenproblem zu lösen – eine weitere Serie angekündigt. Sind Serien hierfür das richtige Mittel?
Klar, Serien sind das einzig gute Mittel, um einem Sender ein Gesicht zu geben. Ich finde den 18.55 Uhr-Sendeplatz auch gar nicht so schlimm. Nur weil um 20.15 Uhr ganz viel floppt, sagt man ja auch nicht, dass man jetzt den 20.15 Uhr-Slot abschaffen muss, sondern muss einfach etwas Besseres finden, bzw. etwas, das der Zuschauer gut findet. Die Pre-Primetime ist doch bei allen Sendern hart umkämpft. Das ist doch ganz normal, dass man da was ausprobieren muss. Und wenn alles funktionieren würde, wäre das doch kein Nervenkitzel und total langweilig.

Wir sind mit «TFA» ja mit unseren knappen 10 Prozent rückblickend sehr erfolgreich und ich gehe davon aus, dass wir das auch locker wieder hinkommen können. Wenn man allerdings 15 Prozent erreichen will, muss man sich als Sender vielleicht mal überlegen, ob man nicht ein bisschen mehr Geld ausgeben, oder etwas Originelles versuchen muss. Der Zuschauer ist ja nicht blöd. Wenn sehr günstig oder Austauschbares produziert wird, merkt er das doch. Ich gehe aber davon aus, dass Dirk Eisfeld und Jan Friedhoff wie mit «ViB» oder «Edel&Starck» wieder etwas Besonderes herstellen werden, was sich dem schnellen und verrückten «TFA»-Feeling anschließt, so wie wir einst versucht haben, den modernen Spirit von David Safiers «Berlin, Berlin» beizubehalten. Der Sender hat sich für das Nachfolge-Format ja auch die Tonalität von «TFA» gewünscht.

Es gibt meiner Meinung nach auch keinen Sender, der sich so viel traut wie die ARD um 18.55 Uhr. Es ist eigentlich viel mehr als ein Serienplatz, es ist das Kleine Fernsehspiel für Serie und er muss erhalten bleiben!

Und zum Schluss noch kurze und knappe Sonntagsfragen:
Welches sind deine Lieblings-US-Serien?

Ich habe von den neuen Piloten noch nicht alle gesehen. Die ersten beiden Staffeln von «Lost» fand ich klasse. Nach «Heroes» bin ich süchtig. «Desperate Housewives» ist ziemlich sauber geplottet, da kann man viel von lernen. «Arrested Development» mag ich. «The Comeback», «Weeds» und «Secret Life of a Callgirl» sind auch klasse. Von «Californication» kenne ich nur zwei Folgen, aber die waren schon mal großartig.

Es gibt aber auch unglaublich viel Schrott und austauschbares Zeug, wogegen jede deutsche Gerichtsshow Kinounterhaltung ist, man sollte also die Amis nicht pauschal für alles loben. Wenn wir endlich mal eigenproduzierte Fiction im PayTV hätten, würden wir auch mehr verrückte Nischen-Comedy machen können, es ist ja nicht so, dass wir das nicht können.

Hast du einen Lieblingsautor?
In den USA: J.J.Abrams, Alan Ball, Richard Curtis, Tim Kring, Marc Cherry, Michael Patrick King für «The Comeback». In Deutschland: Peter Schlesselmann und Michael Esser haben es geschafft, in «Verliebt in Berlin» über 240 Folgen ein hohes Gag-Niveau zu halten und die Daily-Erzählweise aufzubrechen und mit neuen Stilmitteln zu modernisieren. Natalie Scharf, die «Arme Millionäre» geschrieben hat. Die «Herzog»-Bücher von Gerd Lurz und Marko Lucht fand ich sauwitzig. Und im Kino- und Movie-Segment gucke ich alles, was Alex Buresch und Christoph Darnstädt schreiben.

Und: Welche drei Dinge würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?
Natürlich drei Quotenmessgeräte. Die entsprächen in der Hochrechnung dann ja schon 18.000 Haushalten.

Bora, danke für das Interview.

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