David gegen Goliath: «Operation: 12 Strong»

In Nicolai Fuglsigs Kriegsactioner «Operation: 12 Strong» begibt ich Hollywoodbeau Chris Hemsworth zu Pferde in eine gefährliche Mission inmitten des Afghanistan-Krieges. Das ist nicht bloß rau und martialisch, der Regisseur kommt obendrein ohne anstrengende Verklärung aus.

Filmfacts: «Operation: 12 Strong»

  • Kinostart: 8. März 2018
  • Genre: Kriegsfilm/Action
  • FSK: 16
  • Laufzeit: 130 Min.
  • Kamera: Rasmus Videbæk
  • Musik: Lorne Balfe
  • Buch: Ted Tally, Peter Craig
  • Regie: Nicolai Fuglsig
  • Schauspieler: Chris Hemsworth, Michael Shannon, Michael Peña, William Fichtner, Ben O'Toole, Rob Riggle, Austin Stowell
  • OT: Operation: 12 Strong (USA 2018)
Der Bilder vom 11. September 2001 haben sich bis heute in unser aller Köpfen festgesetzt. Der Terroranschlag forderte Tausende von Menschenleben und erschütterte das Vereinte Amerika in seinen Grundfesten. Seither ist die Welt nicht mehr die, die sie vorher war. Im Trubel dieser Ereignisse verließen die sogenannten Green Berets freiwillig ihr Heimatland gen Afghanistan; eine Grippe von Soldaten, die freiwillig (!) zum Gegenschlag der Vereinigten Staaten gegen den Feind ausholten wollte. Vor Ort mit der unwirtlichen Vegetation konfrontiert, knüpften sie Kontakt mit den Einheimischen, die mit ihnen gemeinsam in feindliches Territorium vorrücken sollten. Dafür stellte man den US-amerikanischen Soldaten nicht bloß eigene Pferde zur Verfügung, man kämpfte gleichermaßen Seite an Seite gegen die Taliban – immer vor dem Hintergrund, auch an ebenjene verraten werden zu können, schließlich hatte die feindliche Miliz zum damaligen Zeitpunkt hohe Kopfgelder auf Amerikaner ausgesetzt.

Nach der Operation (der Filmtitel «Operation: 12 Strong» leitet sich von der Anzahl der Soldaten ab) baute man den Soldaten am Fuße des Ground Zero – also dort, wo sich bis 2001 das World Trade Center befand – das Denkmal eines berittenen Soldaten. Regisseur Nicolai Fuglsig («Exfil») setzt ihr nun auch eines auf der großen Leinwand und inszeniert ein weitestgehend unaufgeregtes Kriegsszenario ohne falsche Effekthascherei und allzu unangenehmen Patriotismus.

Amerika in Schockstarre


Während die ganze Welt in den ersten Folgetagen der Terroranschläge am 11. September 2001 weiter schockiert den Atem anhält, entsendet die US amerikanische Regierung eine erste Bodenspezialeinheit von nur zwölf Elitesoldaten nach Afghanistan auf eine extrem lebensgefährliche Mission. Keiner von ihnen weiß, was sie dort genau erwarten wird oder ob sie ihre Familien zu Hause je wiedersehen werden. Mitch Nelson (Chris Hemsworth), der noch recht neue befehlshabende Captain führt seine Männer direkt in das unwegsame Gebiet des Hindukusch-Gebirges, um mit diplomatischem Geschick und großem Mut die dort kontrollierende afghanischen Nordallianz zu einem bislang ungeahnten Bündnis im Kampf gegen die gemeinsamen Gegner aus Taliban- und Al-Kaida-Kämpfern zu überzeugen. Gegenseitiges Misstrauen und scheinbar enorme kulturelle Unterschiede erschweren die Zusammenarbeit nicht weniger als der Mangel an moderner Ausrüstung. Die ungewohnten und archaischen Kampfstrategien der afghanischen Reitersoldaten stellen die hochtechnisiert ausgebildeten US-Elitesoldaten vor weitere gefährliche Herausforderungen. Der zahlenmäßig weit überlegene, gnadenlose Gegner lässt die Überlebenschancen der ungleichen Verbündeten schon bald komplett aussichtslos erscheinen…

Das dem Film zugrunde liegende Sachbuch «Horse Soldiers» landete nicht bloß auf diversen Bestsellerlisten. Mittlerweile gehört es auch zur Pflichtlektüre im Rahmen der US-amerikanischen Militärausbildung. Darin beschreibt der ursprünglich als Journalist tätige Autor weitgehend nüchtern die Vorgänge in Afghanistan und bezieht außerdem die Sichtweisen verschiedenster Soldaten mit ein. Um genau diese geht es in «Operation: 12 Strong», insbesondere um den von Chris Hemsworth («Thor: Tag der Entscheidung») gespielten Anführer Mitch Nelson. Genau wie über die elf ihm angeschlossenen Kollegen erfährt man auch über den Background seiner Figur kaum etwas; die wenigen Szenen mit seiner Ehefrau Jean (auch im echten Leben Hemworths Lebensgefährtin: Elsa Pataky, «Fast & Furious 8») sind Kriegs- und Katastrophenfilm-Usus und damit eher ein Alibi, um zu betonen, dass die auf dem Feld so knallhart agierenden Soldaten im wahren Leben liebende Ehemänner und Väter sind.

Im Falle von «Operation: 12 Strong» fällt die eingangs nur allzu holprige Charakterzeichnung allerdings nur bedingt ins Gewicht. An den Kriegsschauplätzen – gedreht wurde in Mexiko, wo die Vegetation jener in Afghanistan sehr ähnelt – offenbart sich nach und nach viel eher, mit was für Charaktertypen man es hier zu tun hat. Zwischen den ausladenden Shootouts nimmt sich Nicolai Fuglsig immer wieder Zeit, um sich ausgiebig der Interaktion unter den Kameraden zu widmen. Und nicht zuletzt aufgrund der durchweg starken Schauspielleistungen gelingt das hier weitaus besser, als in vergleichbaren modernen Kriegs-Actionfilmen wie «Lone Survivor» oder «13 Hours: The Secret Soldiers of Benghazi».

Überraschend wenig Pathos im Rahmen wahrer Ereignisse


Das liegt aber auch daran, dass sich das Skript von Ted Tally («Das Schweigen der Lämmer») und Peter Craig («Die Tribute von Panem – Mockingsjay, Teil 2») bis zum Schluss nicht ausschließlich auf die bewaffnete Auseinandersetzung konzentriert. «Operation: 12 Strong» widmet sich in prägnanten Einzelszenen immer auch solchen Details, die für den entscheidenden Ausgang der ursprünglich als Selbstmordkommando begonnenen Mission, in der es ein einziger US-Amerikaner durchschnittlich mit 5.000 Gegnern aufnehmen musste, mindestens genauso wichtig sind, wie die Frage, wer im entscheidenden Moment schießt oder eben nicht getroffen wird. Das erste Aufeinandertreffen zwischen den amerikanischen und den afghanischen Soldaten ist ein solcher: Ohne das Wissen darum, wer hier draußen eigentlich Freund und wer Feind ist, erweist sich die Anspannung während des gemeinsamen Abendessens mitsamt Geschenkeübergabe zum Zeichen der Verbundenheit als eine der spannendsten Szenen des Films.

Auch Momente, in denen die Terrormiliz der Taliban grausam mordend durch die Straßen des Landes zieht, spart der Regisseur nicht aus und sorgt für allgegenwärtige Beklemmung, während die erste Begegnung zwischen den pferdeunerfahrenen Soldaten und den Reittieren sogar für so etwas wie kurze Erleichterung sorgt. Mit «Operation: 12 Strong» blicken die Macher allumfassend auf diese außergewöhnliche Mission und setzen nur zwischendrin aufregende Actionspitzen, die teilweise wiederum nur von sehr weit weg eingefangen werden, was das Ausmaß der Zerstörung aber fast noch besser einfängt.

Ebenjene Actionsequenzen bestehen auf der einen Seite aus – im wahrsten Sinne des Wortes – gewaltigen Explosionen, die weitestgehend ohne Computereffekte auskommen. Auf der anderen Seite begibt sich Nicolai Fuglsig, respektive sein Kameramann Rasmus Videbæk («Der dunkle Turm») mitten hinein ins Schlachtengetümmel und lotet dort mithilfe ausgiebiger Zeitlupen und Detailaufnahmen das Optimum an Kontrast zwischen der martialischen Bomben- und Waffengewalt sowie der fast schon altmodisch anmutenden Verwendung von Pferden als Transportmittel aus (sämtliche Schauspieler, von Chris Hemsworth über Michael Peña bis hin zu William Fichtner haben für den Film Reiten gelernt). Eine wahrlich bildgewaltige Angelegenheit! Je weiter «Operation: 12 Strong» voranschreitet, desto mehr häufen sich schließlich auch kurze Momente des patriotischen Aufbäumens. Das ist im Anbetracht der realen Umstände dieser Mission durchaus verständlich; schließlich muss man eine ungemeine Liebe zum eigenen Land hegen, um sich wie die "12 Strong“ freiwillig in Kriegsgebiet zu begeben.

Darüber hinaus achten die Autoren immer darauf, nicht bloß die Belange der im Mittelpunkt stehenden US-Amerikaner zu beleuchten, sondern sich mindestens genauso stark mit den afghanischen Soldaten zu befassen. Das macht «Operation: 12 Strong» insgesamt zu einem recht bodenständigen Film über den Kampf zwischen Gut und Böse, der sich nicht mehr im Heldentum seiner zwölf Protagonisten suhlt, als sie es verdient haben. Lediglich das vorhersehbare Kitsch-Finale hätte sich Nicolai Fuglsig gern sparen dürfen.

Fazit


«Operation: 12 Strong» ist ein handwerklich sehr solide inszenierter Kriegs-Actionfilm, der sich zwischen den beeindruckenden Kampfsequenzen immer wieder auch mit der inneren Anspannung unter den Kameraden sowie nüchternen Organisationsvorgängen befasst und dadurch einen erstaunlichen Realismus an den Tag legt.

«Operation: 12 Strong» ist ab dem 8. März in den deutschen Kinos zu sehen.
07.03.2018 09:30 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/99458