Was die sinkenden Fußballpreise in England bedeuten

Rund 16 Prozent billiger werden Live-Spiele der Premier League. Das hat Signalwirkung. Ein Rundumblick von Manuel Weis.

Diese Zahlen wird man in ganz Europa – mit unterschiedlichen Gefühlen – zur Kenntnis nehmen. Im Vereinten Königreich sind am Dienstag die ersten fünf von sieben Paketen mit insgesamt 160 Live-Spielen der Premier League pro Spielzeit (2019 – 2022) vergeben worden. Zugeschlagen haben wieder Sky Sports (vier Pakete, 128 Spiele) und BT Sports (ein Paket, 32 Spiele). BT hat künftig also zehn Spiele mehr, zahlt dafür rund 20 Millionen Pfund weniger. Der Preis pro Spiel steigt zwar an, insgesamt aber wird bei BT von Kostendisziplin geredet. Für Sky werden die Rechte billiger - sie zahlen weniger für etwas mehr Spiele, der Preis pro Partie sinkt um 16 Prozent.

Damit scheint sich die immer steigende Kostenspirale der hochwertigen Live-Sport-Rechte erstmal wieder in eine andere Richtung zu bewegen. Dass sich Medienunternehmen nicht immer weiter ausnehmen lassen können, hatte sich im Herbst schon in Italien gezeigt. Die Serie A hatte dort das fixe Ziel, 1,05 Milliarden Euro pro Saison einzunehmen – bekam aber vorerst nur um die 700 Millionen geboten. Auch in einer zweiten Bieterphase wurden die Erlöse nur leicht gesteigert. Letztlich erreichte man diesen Wunschwert noch; verkaufte dafür aber viel – und zwar an ein Unternehmen mit Sitz in Spanien, das jetzt plant einen Ligasender aufzuziehen, die Spielplan-Planung übernimmt und auch in der Vermarktung mitredet. Mediapro will die erworbenen Rechte dann an klassische Sender weiterverkaufen. Wie das zu geschehen hat, darüber wird im Land des Stiefels noch gestritten.

Zurück aber nach England: Dort hofft die Liga die Erlöse nun durch 40 weitere Live-Spiele zu steigern, die man vermutlich an einen Tech-Giganten vergeben wird. Vier Spieltage sind noch frei, meist „englische Wochen“ oder Spieltage an Feiertagen. Mit diesen 40 Spielen könnte man wohl nochmals um die 250 Millionen Pfund verdienen und würde somit zumindest annähernd an die Einnahmen herankommen, die aktuell fließen. Nun ist das in England sicherlich jammern auf hohem Niveau – die Premier League wird aber auch hier wieder Signalwirkung erzielen. Die Bundesliga hechelt den Engländern finanziell schon seit Jahren hinterher, umso wichtiger war es für DFL-Chef Christian Seiferet auch, die Erlöse 2016 bei der bis dato letzten Vergabe maximal zu steigern.

Das gelang ihm, in dem er Sky unter anderem an die 900 Millionen Euro aus den Rippen leierte – einiges zu viel, wie heute manche sagen. Die Bundesliga wird wissen, dass sich die aktuellen Einnahmen im Jahr 2020, wenn der neue Bieterprozess startet, nicht oder nur sehr schwer steigern lassen. So dürften die Hoffnungen auf Unternehmen wie Amazon ruhen. Doch der Internet-Riese scheint auch auf der Insel schon kein einfacher Verhandlungspartner zu sein. Geld zu verschenken hat man auch dort nicht – eine Einigung bei den letzten zwei Paketen ist dort jedenfalls noch nicht gefunden. Dabei wären diese 40 Spiele für alle Web-Unternehmen, die Ambitionen im europäischen Sport haben, eine gute Sache. Ab Sommer 2019 könnte man dann eine Saison lang Erfahrungen und Daten sammeln – und daraus ablesen, ob sich ein größeres Engagement in der Bundesliga und der Serie A lohnt. Nicht wenige befürchten ja, dass der Traum des großen Fußballs bei den Tech-Giganten für diese Unternehmen schnell zu einem eher ungemütlichen Traum werden könnte.

Denn die Preise sind nachwievor enorm hoch. Ein Rückblick: 1992 ergatterte Sky Sports in England für fünf Jahre die Live-Rechte der Premier League, zahlte für damals nur 60 Spiele 191 Millionen Pfund – pro Spiel also 0,64 Millionen. 1997 schon machte man einen deutlichen Sprung, zahlte pro Spiel mehr als zwei Millionen Pfund. 2001 wurden 110 Livespiele angeboten, fast doppelt so viele und Sky war bereit erstmals mehr als drei Millionen Pfund zu bezahlen – zu viel. 2004 sanken die Gesamterlöse auf gut eine Milliarde Pfund – obwohl die Premier League die Anzahl an Spielen um nochmal 26 aufstockte. So sank der Preis pro Partie wieder auf 2,47 Millionen. Sky-Konkurrenz musste her und so wurden ab 2007 die Rechte über eine No-Single-Buyer-Rule immer an zwei Firmen übergeben. Doch Setanta und ESPN zeigten, dass der Markteintritt kein einfacher ist. Beide Sender strichen nach einer Rechteperiode die Segel. Gezahlt wurde dafür wieder mehr – jeweils rund vier Millionen Pfund pro Spiel.

2013 begann dann die große Zeit von BT, der britischen Telecom, die mit dem Erwerb von Live-Sport vor allem ihre Mobilfunk-, Internet-, und Festnetzangebote pushen wollte. Genau das war Sky ein Dorn im Auge, ist man doch auf der Insel ebenfalls im Kommunikationsmarkt unterwegs. Die Kosten explodierten – zunächst auf rund sechseinhalb Millionen Pfund pro Spiel, 2016 dann auf die aberwitzige Summe von 10,19 Millionen pro 90 Minuten. BT hatte 2015 den massiven Ausbau an Sportrechten angekündigt und Sky zum Beispiel die UEFA Champions League weggeschnappt. Aber: BT fährt nicht gut damit – man musste zuletzt sehr enttäuschende Abo- und damit auch Geschäftszahlen präsentieren. Daher war eine Kooperation zwischen BT und Sky letztlich ein Segen für beide Firmen.

Was lässt sich genau für Deutschland übertragen? Auch ab 2021 wird es hierzulande wieder mehrere Live-Spiel-Anbieter geben. Dass Sky vermutlich wieder den Löwenanteil erhalten wird, gilt als wahrscheinlich. Vielleicht wird die DFL aber auch ein sehr kleines Paket (5 bis 10 Montagsspiele) exklusiv für Facebook/Amazon und Co. schnüren, um auch hier einen leckeren Köder auszuwerfen. Und was passiert mit Eurosport? Könnte Discovery bei stabilen Preisen doch nochmal Interesse haben, ein kleines Paket zu kaufen? Zweieinhalb Jahre sind noch Zeit, um diese Fragen zu klären.
14.02.2018 08:33 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/99028