«Maximilian – Das Spiel von Macht und Liebe»: «Game of Thrones» ohne Magie

Der österreichisch-deutsche Dreiteiler «Maximilian» erzählt ein Kapitel europäischer Geschichte in aufwändiger, packender Fasson nach.

Cast und Crew

  • Regie: Andreas Prochaska
  • Drehbuch: Martin Ambrosch
  • Darsteller: Jannis Niewöhner, Christa Théret, Tobias Moretti, Jean-Hugues Anglade, Alix Poisson, Stefan Pohl, Miriam Fussenegger, Sebastian Blomberg, Fritz Karl, Martin Wuttke, Sylvie Testud, Axel Pape, Rüdiger Vogler, Erwin Steinhauer, Mark Zak
  • Schnitt: Daniel Prochaska, Alarich Lenz
  • Kamera: Thomas Kiennast
  • Kostüm: Thomas Oláh
  • Szenenbild: Bertram Reiter
  • Musik: Matthias Weber
  • Produktionsfirma: MR Film, Beta-Film
Der Untertitel von «Maximilian – Das Spiel von Macht und Liebe» erinnert nicht ohne Grund an George R. R. Martins «Das Lied von Eis und Feuer». Nicht nur, weil der deutsch-österreichische Dreiteiler als hoch budgetierte TV-Produktion über Intrigenspiele vor Mittelalterkulisse zwangsweise Vergleiche mit «Game of Thrones» weckt, und sich durch einen die Parallelen unterstreichenden Untertitel neue Zielgruppen erschließen lassen. Es besteht auch eine konzeptuelle Ähnlichkeit: Martin ließ sich von den englischen Rosenkriegen inspirieren, die er mit Fantasyelementen und dramatisch eskalierenden Verschwörungen aufpeppte. Der von Martin Ambrosch («Die Hölle») verfasste und Andrea Proschaska («In 3 Tagen bist du tot») inszenierte Dreiteiler wiederum nimmt die Ereignisse als, die sich in Europa nach dem Ableben von Karl dem Kühnen im Jahr 1447 abspielten, als Maria von Burgund von diversen Männern umgarnt wurde, die durch eine Heirat ihre Macht vergrößern wollten.

In «Maximilian – Das Spiel von Macht und Liebe» werden die realen Ereignisse zwar, anders als bei «Game of Thrones», nicht durch Fantasyelemente wie Frostriesen und Drachen ergänzt – dennoch nehmen es die Verantwortlichen mit der verbuchten Historie nicht zu streng. Ihre Erzählung deckt sich in groben Pinselstrichen mit der Geschichtsschreibung, den Rest füllen sie mit erdachten, aber historisch nicht völlig unmöglichen, sexuellen Machtspielen, Gewaltausbrüchen, politisch-kriegsstrategischen Bluffs sowie weiteren Formen von Lug und Trug. Dieses doppel- und dreifachbödige Spiel, das die handelnden Figuren treiben, artet dabei niemals in seifenopernartige Eskapaden aus. Ambroschs Skript bereitet die Schachzüge der Figuren sorgsam vor. Es lässt das handelnde Personal Schritte abwägen, was Prochaska in ruhigeren Momenten zwischen allem Kriegsgetümmel, den diversen Sexeskapaden und zwischenmenschlichen Zankereien prägnant einfängt.

So entsteht ein fesselndes, nicht zwingend in allen Details akkurates Historienepos mit zahlreichen, sich stets in Bewegung befindlichen Allianzen und einzelgängerischen Versuchen, die Oberhand zu gewinnen. Der Einstieg gerät aufgrund der vielen, eng verwobenen Plotfäden vielleicht leicht unübersichtlich. Das letzte Drittel des furiosen Abschlussfilms hätte wiederum möglicherweise von ein paar zusätzlichen Sendeminuten profitiert, die sich mit den interpersonellen sowie historisch-politischen Auswirkungen des Gezeigten befassen.

Dennoch ist «Maximilian – Das Spiel von Macht und Liebe» eine mitreißend konstruierte Erzählung, die zu keinem Zeitpunkt ihr Publikum für dumm verkauft – im Gegensatz zu vielen, vielen anderen deutschsprachigen TV-Filmen werden nicht unentwegt die widersprüchlichen Emotionen der Figuren und ihre situativen Dilemmata ausformuliert. Ambrosch und Prochaska vertrauen darauf, dass ihr Publikum aufmerksam zuschaut und Schlüsse aus dem Kontext schließen sowie dank des durchweg nuancierten Spiels zwischen den Zeilen lesen kann.

Dass der in der zweiten Jahreshälfte 2015 gedrehte Dreiteiler ein stattliches Budget von 15,5 Millionen Euro verschlang, ist «Maximilian – Das Spiel von Macht und Liebe» durchweg anzusehen: Die Kostüme sind prächtig und wurden mühevoll künstlich gealtert, die Sets erscheinen weitläufig und mit viel Liebe zum Detail ausgestattet. Kameramann Thomas Kiennast («Tatort – Wehrlos») leuchtet die Kulissen in kinoreifer Optik aus und fängt gemächlichere Szenen dynamisch, die kernig choreografierten Actionpassagen wiederum mit einer Übersicht gewährenden Ruhe ein. Unterstützt durch Daniel Prochaskas («Das finstere Tal») energischen, aber niemals frenetischen Schnitt vergehen diese dialoglastigen 270 Minuten sehr zügig.

Komponist Matthias Weber («Kebab extra scharf!») unterdessen steuert einen atmosphärischen, allerdings wenig einprägsamen Score bei. Für Suspense sorgen daher viel mehr die Performances der Darsteller – vor allem Jannis Niewöhner («Jugend ohne Gott») als Sohn des bettelarmen Kaisers Friedrich III. (prägnant: Tobias Moretti) und Französin Christa Théret als einen kessen Humor aufweisende Maria von Burgund sorgen mit ihrem vielschichtigen Spiel für eine große Fallhöhe in diesem Machtspiel.

Fazit: Stark gespielt, hervorragend produziert: «Maximilian – Das Spiel von Macht und Liebe» ist ein packendes Historienepos.

«Maximilian – Das Spiel von Macht und Liebe» ist am 1., 2. und 3. Oktober 2017 ab ca. 22 Uhr im ZDF zu sehen.
29.09.2017 08:11 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/96132