Charmantes Altbekanntes: «Hampstead Park - Aussicht auf Liebe»

In der romantischen Komödie «Hampstead Park - Aussicht auf Liebe» finden zwei grantige Eigenbrötler über Umwege zueinander. Kann Regisseur Joel Hopkins der altbackenen Prämisse frische Akzente abgewinnen?

Filmfacts: «Hampstead Park»

  • Kinostart: 24. August 2017
  • Genre: Komödie
  • FSK: o.Al.
  • Laufzeit: 102 Min.
  • Kamera: Felix Wiedemann
  • Musik: Stephen Warbeck
  • Buch: Robert Festinger
  • Regie: Joel Hopkins
  • Darsteller: Brendan Gleeson, Diane Keaton, James Watkins, James Norton, Simon Callow
  • OT: Hampstead (UK 2017)
Liebe kennt kein Alter! Und weil das so ist, hat sich um cineastische Rentner-Lovestorys schon vor langer Zeit ein kleiner Kinomarkt eröffnet, der die Generation 60 plus regelmäßig mit leichtfüßigen Romanzen versorgt. Daran ist überhaupt nichts Verwerfliches, denn mit dem richtigen Elan lassen sich auch aus abgedroschenen Ideen liebenswerte Filme kreieren, die im besten Fall auch noch ein Fünkchen Hintersinn mitbringen, um nicht bloß vom Kennenlernen zweier Menschen zu erzählen. «Hampstead Park» ist einer davon. Geht es auf den ersten Blick vorzugsweise darum, wie ein Mann und eine Frau höheren Alters über Umwege zueinander finden, schildert die an wahre Ereignisse angelehnte Komödie darüber hinaus einen Kampf zweier Bürger gegen den Staat. Der eigensinnige Selbstversorger Donald soll nach Jahrzehnten aus seiner bescheidenen Bleibe im titelgebenden Hampstead Park vertrieben werden und damit nicht bloß sein Hab und Gut, sondern sein ganzes Leben hinter sich lassen, während seine Zufallsbekanntschaft Emily – selbst Probleme mit dem Gesetz habend – die Ungerechtigkeit hinter dem System erkennt und ihrem neuen Freund zur Seite springt. Unter diesen Voraussetzungen entspinnt sich ein gefällig inszeniertes und weitestgehend überraschungsarmes Szenario, das aufgrund der beiden Hauptdarsteller und der lebensechten Problematik trotzdem zu gefallen weiß.

Arm gegen reich


Die eigenwillige Amerikanerin Emily Walters (Diane Keaton) passt nur auf den ersten Blick in die gediegene Nachbarschaft Hampsteads und findet ihre affektierten Freundinnen zunehmend öde. Als Emily eines Tages zufällig beobachtet, wie ein Fremder im Park von einer Gruppe Schläger attackiert wird, beschließt sie, zu handeln: Sie ruft die Polizei und kümmert sich um ihn. Sofort ist sie fasziniert von dem kauzigen Donald Horner (Brendan Gleeson), der so gar nicht ihrem bisherigen Männerbild entspricht. Donald, der bereits seit 17 Jahren in einer selbstgezimmerten, schäbigen Hütte im weitläufigen Park lebt, soll daraus vertrieben werden und einem Luxusbauprojekt weichen. Entschlossen und zum großen Entsetzen ihrer Freunde stellt sie sich im Kampf um sein Zuhause auf die Seite des Außenseiters. Für alle überraschend entspinnt sich eine ungewöhnliche Liebesgeschichte um das ungleiche Pärchen – fern von gesellschaftlichen Konventionen und Zwängen, die den beiden den Weg in eine neue Welt eröffnet.

In der deutschen Fassung trägt «Hampstead Park» den Untertitel «Aussicht auf Liebe», wodurch sich die mit politischen Untertönen versetzte Geschichte mit Sicherheit leichter an den Mann bringen lässt. Tatsächlich erhalten beide Handlungselemente ähnlich großen Spielraum, wobei der Liebesplot weitaus routinierter ausfällt, als der bisweilen holprige Plot rund um die von der Verwaltung angestrebte Vertreibung des kauzigen Donald aus seiner bescheidenen Bleibe. Die Anzahl der Überraschungen hält sich im Verlauf der Lovestory schon arg in Grenzen; obwohl sich Donald und Emily von Anfang an nicht riechen können, weiß man selbst unter Andeutung nicht ganz so vorhersehbarer Handlungsverwicklungen sofort, wohin die Reise für die beiden gehen wird. Dass das Happy End der beiden jemals wirklich in Gefahr ist, daran glaubt man nicht einmal mit wenig Medienerfahrung. Trotzdem verleihen Brendan Gleeson («Das Gesetz der Familie») und Diane Keaton («Alle Jahre wieder – Weihnachten mit den Coopers») der austauschbaren Liebesgeschichte Charakter und Charme; es reißt ganz einfach mit, wie sich das ungleiche Duo erst ständig kabbelt, während sich nach und nach das altbekannte Sprichwort der sich anziehenden Gegensätze bewahrheitet.

Kreativität und Innovation mag hierbei gewiss anders aussehen, doch so harmoniebedürftig der mit «Wie in alten Zeiten» (einem nahezu unerträglich bemühten Lustspiel mit Pierce Brosnan und Emma Thompson) zuletzt gehörig an den Nerven des Publikums kratzende Regisseur Joel Hopkins auch ist, hebt er zu jedem Zeitpunkt die Leidenschaft seiner beiden Hauptdarsteller hervor.

Charmante Lovestory mit gesellschaftskritischem Beiklang


Die beiden Schauspielveteranen sind nicht bloß in der Lage, aus der abgegriffenen Grundidee von «Hampstead Park – Aussicht auf Liebe» das Beste zu machen, sie versehen ihre per se grundsympathischen Figuren auch mit diversen Reibungspunkten. Dass sich die beiden zunächst schwer tun, Interesse für den jeweils anderen aufzubauen, ist daher trotz des vorgezeichneten Happy Ends jederzeit nachvollziehbar. Nun möchte man gerade im Falle des von Gleeson verkörperten Grantelgreises betonen, dass dieser ja wieder einmal nur sich selbst verkörpere, genau wie sich Diane Keaton in der Rolle der zurückhaltenden, ein klein wenig exzentrischen und insgesamt harmoniebedürftigen Grande Dame am wohlsten fühlt. Die smarten Schlagabtausche (vor allem jene zwischen Emily und dem aufdringlichen Steuerberater James Smythe) sind bis zuletzt trotzdem ein Genuss für den Zuschauer – und hat sich das Paar erst einmal bekommen, ist man als Zuschauer schon allein deshalb zufrieden, weil in «Hampstead Park» die Findung eines Kompromisses zum glückseligen Ausgang führt und nicht, wie bei so vielen anderen RomComs für die breite Masse, ein auf Biegen und Brechen konstruiertes Finale. Hier zeigt sich der Vorteil, dass die Geschichte auf wahren Ereignissen beruht – als Zuschauer stellt man zu keinem Zeitpunkt infrage, ob sich das Leinwandgeschehen so tatsächlich zutragen könnte.

Dasselbe gilt auch für den zweiten wichtigen Bestandteil des Films: den Konflikt zwischen Donald Horner und der Stadtverwaltung, die den seit Jahrzehnten in einer eigens gebauten Hütte als Selbstversorger lebenden Rentner aufgrund eines vorgetäuschten Eigenbedarfs von seinem Grundstück klagen will. In Wirklichkeit steckt dahinter in erster Linie das Bestreben, den schönen Schein nach außen zu wahren – das Ansehen der bevorzugt von den oberen Zehntausend bewohnten Wohngegend könnte durch das Tolerieren eines augenscheinlichen Obdachlosen in den Grundfesten erschüttert werden. Hier treffen nicht bloß arm und reich aufeinander, sondern auch alt und jung; verschiedene Generationen stehen einander gegenüber und scheinen bis zuletzt nicht in der Lage, die Beweggründe des Anderen zu verstehen. Hinzu kommt der sukzessive auseinander driftende Graben zwischen Stadtverwaltung und Anwohner – am Ende stehen sich diverse Parteien gegenüber, die allesamt für ihre eigenen Interessen einstehen, doch bei so vielen verschiedenen Positionen ist es schier unmöglich, Kompromisse einzugehen. Das Potenzial aus dieser komplexen Prämisse auszuschöpfen, vermag Regisseur und Autor zwar nicht; er kratzt bevorzugt an der Oberfläche, dringt aber nie tiefer in die Materie vor, als notwendig. Doch immerhin ist er in der Lage, beide Handlungsstränge so ineinander fließen zu lassen, dass sie sich ergänzen. Eine insgesamt sympathische Angelegenheit.

Fazit


Regisseur Joel Hopkins kann der in routinierten Bahnen verlaufenden Lovestory einige clevere Aspekte abgewinnen, trotzdem profitiert «Hampstead Park – Aussicht auf Liebe» in erster Linie von den beiden hervorragend miteinander harmonierenden Hauptdarstellern. Sie machen aus einer gewöhnlichen Durchschnitts-Komödie eine solche, der man die allzu schematischen Verwicklungen nicht wirklich übel nehmen kann, zumal das Finale mit Bodenständigkeit punktet und ohne Kitsch auskommt.

«Hampstead Park – Aussicht auf Liebe» ist ab dem 24. August in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
25.08.2017 10:00 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/95339