Die britische Filmregisseurin Sally Potter liefert mit ihrem Kammerspiel «The Party» nicht bloß packende 71 Minuten spektakuläres Schauspielkino, sondern auch einen bissigen Kommentar zu aktuellen Politik in Großbritannien.
«The Party» beginnt und endet mit derselben Szene: Eine (uns zunächst noch unbekannte) Frau öffnet mit einer Pistole bewaffnet die Tür. Weshalb sie diese Waffe trägt und wer da auf ihrer Schwelle steht, darüber entwickelt die hier auch als Drehbuchautorin fungierende Sally Potter im Laufe ihrer 71 Minuten diverse Theorien. Selbst fünf Minuten vor Schluss ziehen die dramatischen Entwicklungen in der Wohnung der frisch zur Gesundheitsministerin ernannten Janet noch immer skurrilere Kreise, bis «The Party» schließlich die – im wahrsten Sinne des Wortes – perfekte Sekunde findet, um ins Schwarz zu blenden. Krimizüge entwickelt «The Party» darüber trotzdem nie; im Mittelpunkt stehen nie allein die Frage nach dem Ausgang der Geschichte, sondern vielmehr die Gründe für die Eskalation. Und diese sucht sich Sally Potter aus sämtlichen Ecken ihres Films zusammen, worunter auf der einen Seite politische Entscheidungen, gesundheitliche Schwierigkeiten aber auch diverse persönliche Verwicklungen, Intrigen und unausgesprochene Fehden führen. «The Party» ist im Grunde ein Sammelsurium menschlicher Abgründe – nur dass für diese nicht immer Jemand belangt werden kann.
Sind zu Beginn noch alle darum bemüht, einen Anschein von Harmonie aufrecht zu erhalten, entlädt sich das Szenario mit der Zeit in einem wüsten Kräftemessen, wer zu welchem Zeitpunkt den möglichst fiesesten Kommentar abgibt. Hier weiß jeder nur zu gut, mit welcher provokanten These er sein Gegenüber aus der Reserve locken kann und eine Einordnung in Täter und Opfer ist nahezu unmöglich. «The Party» ist ein offensiv ausgetragener Schlagabtausch, den zum selben Zeitpunkt jeder für sich gewinnt und verliert, während Sally Potter ihre Geschichte so gezielt mit Widerhaken und erzählerischen Wendemanövern versieht, dass zu jeder Sekunde alles passieren kann. Damit gleicht sie dann auch direkt aus, dass bei näherem Hinschauen keiner dieser Zeitgenossen so richtig sympathisch ist – langweilig allerdings erst recht nicht.
Kinoliebhaber werden beim Anblick des Casts sofort mit der Zunge schnalzen: Timothy Spall («Verleugnung»), der ehemalige «Batman»-Bösewicht Cillian Murphy («Free Fire»), Kristin Scott Thomas («Only God Forgives»), Patricia Clarkson («Maze Runner – Die Auserwählten in der Brandwüste»), Bruno Ganz («In Zeiten des abnehmenden Lichts»), Cherry Jones («Black Mirror») und Emily Mortimer («Hugo Cabret») bilden ein namhaftes Ensemble, das jeden von ihnen in mindestens einer prägnanten Einzelszene triumphieren lässt. Trotzdem ist «The Party» ein Ensemblefilm, der vor allem aufgrund der fantastischen (Anti-)Chemie innerhalb der Figurenkonstellation so hervorragend funktioniert. Inszenatorisch fällt an der bissigen Komödie indes sofort der Verzicht auf Farbe auf; «The Party» kommt in schwarz-weiß in die Kinos, was Sally Potter damit begründet, dass sich unter anderem auch unter dieser Voraussetzungen sämtliche grundlegenden Aspekte einer Geschichte entblößen: In diesem Fall sind das die Charaktere. Die in den Schatten spähende Kamera starrt somit unerschrocken in die Gesichter der Figuren und legt damit den Moment der Krise noch radikaler frei. Ob sich hieraus schließlich die Wahrheit entwickelt, das darf der Zuschauer ab sofort selbst herausfinden.