„LeMans ist immer ein Volksfest“ – Jule Gölsdorf und Nico Holter im Interview

Am kommenden Wochenende steigt das legendäre 24-Stunden-Rennen in LeMans – und n-tv wird abschnittsweise live dabei sein. Für die Moderatoren ist das eine Marathon-Aufgabe, genau wie für die Fahrer. Ein Gespräch über Vorbereitung eines Mega-Events, mögliche Wetterkapriolen und Traditionsstrecken.

Die 24 Stunden von Le Mans

n-tv schaltet ab Samstag, den 17. Juni ab 14.30 Uhr immer wieder live an die Strecke. Aus der Boxengasse in Frankreich melden sich die beiden Moderatoren Jule Gölsdorf und Nico Holter. Peter Reichert kommentiert das Rennen, er analysiert das Geschehen und ordnet die Ergebnisse ein. Zusätzlich zu zwei weiteren Live-Übertragungen am Samstagabend um 19.10 Uhr und um 0.10 Uhr, zeigt n-tv PS-starke Magazine. Am Sonntag, 18. Juni, berichtet der Nachrichtensender um 9.10 Uhr, 12.10 Uhr und schließlich um 14.10 Uhr live vom 24-Stunden-Rennen und zeigt die spannenden Ereignisse und den Sieger.
Die 24 Stunden von Le Mans stehen an und damit ein legendäres Rennen mit viel Tradition und super Stimmung. Ohnehin sind so große Renn-Events ja für Fans meist ein Festival, das kennt man hierzulande auch vom Nürburgring – da wird gegrillt und gecampt. Wie viel werden Sie als TV-Team von der Party drum herum mitbekommen?
Jule Gölsdorf:
Das stimmt - und in Le Mans ist alles noch ein bisschen legendärer. Die Tradition spürt man alleine schon, wenn man sieht, wie viele Motorsport-Legenden an dem Wochenende da sein werden, zum Beispiel der 6-fache Le-Mans-Sieger Jacky Ickx. Das waren die Fahrer, die damals noch der großen Gefahr ausgesetzt waren – inzwischen ist Motorsport ja Gott sei Dank viel sicherer geworden. Um Le Mans ist wirklich immer ein Volksfest, da gibt’s ein Riesenrad, Plätze zum Zelten, viel Party. Aber wie Sie schon sagten: Wir bekommen davon wenig mit. Das Rennen dauert 24 Stunden, wir haben weite Wege zurückzulegen, sind also eigentlich immer irgendwo unterwegs und berichten permanent von den aktuellen Entwicklungen des Rennens.

Nico Holter: In erster Linie wollen wir natürlich in der Boxengasse nah dran sein. Das ist manchmal ein schmaler Grat, weil wir die große Euphorie und Emotion nicht ausblenden können und wollen, aber doch auch immer möglichst schnell analysieren müssen.

Gölsdorf: Denken Sie ans vergangene Jahr, als Toyota in Führung liegend in der letzten Runde einen Defekt hatte und Porsche, die nicht mehr damit gerechnet hatten, noch gewinnen zu können, letztlich als Sieger die Ziellinie überquerte.

Nico Holter: Dass sich später herausstellte, dass es sich um einen Pfenning-Artikel gehandelt hat, der für den Ausfall verantwortlich war, zeigt einmal mehr wie nah Glück und Pech im Sport beisammen liegt. Wir Journalisten sind dann unmittelbar vor Ort. Da ergeben sich dann auch Fragen, zu denen im ersten Moment eigentlich die Antworten fehlen.

Für Sie sind die 24 Stunden sicherlich auch ein Marathon. Wie sieht Ihre Vorbereitung aus?
Holter: Ich bin ja eher in den Sprintdisziplinen, der Formel 1 und Formel 3 zu Hause. Jule ist die Langstreckenläuferin, also werde ich mir von ihr noch ein paar Tipps einholen müssen, wie man in diesen 24 Stunden dann mit seinen Kräften haushaltet.

Gölsdorf: Man kann sich natürlich vorbereiten, das ist klar. Man durchdenkt einfach alles, was inhaltlich passieren kann. Und dann ist es quasi ein Freiflug. Wir haben unsere Stöpsel im Ohr und hören: Da ist was passiert, Ihr müsst da hingehen. Und was wirklich cool ist: Wir werden an der Strecke einen Wohnwagen haben, können uns da mal für ein paar Stunden zurückziehen, versuchen ein bisschen zu schlafen. Da schlummert man dann quasi mit den Renngeräuschen im Ohr schön ein… Das ist echtes 24-Stunden-Renn-Feeling.

Vor normalen Sport-Übertragungen wird viel geprobt. Positionen, Texte und mehr. Geht das bei Le Mans auch?
Gölsdorf: Also vor zwei Jahren konnten wir eigentlich gar nix proben. Diesmal ist unser Team vor Ort größer, da werden wir schon ein bisschen proben können. Da geht es dann aber eher um Moderations-Positionen, um Licht und solche Dinge. Aber inhaltlich kann man nichts proben. Und bei 24-h-Rennen gibt es ja auch viele Unwegbarkeiten - irgendwann wird es dunkel - eine besondere Herausforderung für die Fahrer - und das Wetter spielt natürlich auch eine große Rolle. Wenn es plötzlich regnet, dann regnet es - und alles ist anders.

Holter: Natürlich kommen wir vorbereitet an die Rennstrecke. Le Mans ist so turbulent, dass man nichts vorsehen kann. Aber – und das meine ich im positiven Sinne: Das sind wir von n-tv ja gewohnt, weil wir immer live senden und da auch immer alles passieren kann.

Le Mans ist eine echte Traditionsstecke – und diese haben immer mehr mit Problemen im Motorsport zu kämpfen. Es scheint fast, als würden die, die etwas zu sagen haben, den Traditionskursen ein bisschen den Rücken kehren. Sie halten jetzt vermutlich ein flammendes Plädoyer dafür?
Holter: In jedem Fall. Es ist jammerschade, dass die Formel 1 einen Bogen um Deutschland machen muss. Aber das ist ja nicht nur ein deutsches Problem. Ich war kürzlich wieder in Monza mit der Formel 3. Das ist eine Strecke, die so unglaublich viele Geschichten zu erzählen hat. Aber ich denke, man hat die Probleme schon auch ein bisschen erkannt und man darf hoffen, dass man mit dem Motorsport wieder vermehrt dorthin geht, wo auch die Fans sind: an die Traditionsstrecken.

Gölsdorf: Wobei man schon sagen muss, dass Le Mans diese Probleme ja nicht hat. Die Zuschauerzahlen steigen. Und letztlich sind es auch andere Faktoren, die Le Mans so besonders machen. Viele Fahrer sind dort groß geworden oder kommen zurück: Marc Webber etwa ist ja aus der Formel 1 raus und dort drei Jahre für Porsche gefahren - hat vergangenes Jahr seinen Rücktritt erklärt und ist jetzt als Experte vor Ort. Oder Patrick Dempsey, den man als US-Star aus «Grey’s Anatomy» kennt, hat ein eigenes Team. Das sind schöne Geschichten, da werden wir uns schön die Bälle zuspielen und wir werden sicherlich auch mal durch die VIP-Logen schlendern und schauen, wen wir da noch so treffen.

Wer gewinnt?
Holter:
Die Antwort ist nicht so schwer: Toyota oder Porsche. Wenn ich mich festlegen müsste, würde ich sagen, dass es Toyota diesmal gelingt, den Fluch zu beenden.

Gölsdorf: Dann lege ich mich auf Porsche fest. Es gibt viele Gründe, die für einen weiteren Porsche-Sieg sprechen. Die wollen unbedingt das Triple holen - und mit Andre Lotterer von Audi haben sie einen Top-Fahrer im Team.

Ich denke, dass ein bisschen Fußball-Entsättigung wirklich gut tut. Im vergangenen Jahr hatten wir ja die EM in Frankreich, danach wieder Bundesliga. Das hatte schon etwas von Dauerbeschallung.
Nico Holter zur Fußball-Sommerpause
Dieser Sportsommer wird ja etwas ruhiger, keine großen Fußball-Turnier im Sommer. Worauf freuen Sie sich?
Holter:
Ich denke, dass ein bisschen Fußball-Entsättigung wirklich gut tut. Im vergangenen Jahr hatten wir ja die EM in Frankreich, danach wieder Bundesliga. Das hatte schon etwas von Dauerbeschallung. Jetzt können wir den Fokus auf andere Sportarten richten und das ist für mich wirklich in erster Linie der Motorsport.

Gölsdorf: Für mich ist Le Mans das Highlight. Andererseits werde ich mich im Sommer auch auf die anstehende Bundestagswahl konzentrieren.

Holter: Da musst du jetzt aber auch noch sagen, wer gewinnt…

Gölsdorf: Sagen wir es mal so: Ich glaube, die Kanzlerin bleibt im Amt.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Rennen komplett live überträgt übrigens Eurosport - für den Sender begleiten Jacques Schulz, Patrick Simon, Lukas Gajewski, Lenz Leberkern und die Experten Ralf Kelleners und Jan Seyffarth sowie Tom Kristensen im Einsatz.
16.06.2017 15:45 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/93679