Die Kino-Kritker: «Kong: Skull Island»

Nach Godzilla bekommt nun auch King Kong ein an moderne Fantasyaction-Gefilde angepasstes Leinwandspektakel spendiert, doch «Kong: Skull Island» mag das Budget eines Blockbusters haben, doch seinen eigentlichen Status als Trashmovie können die Macher damit nicht verschleiern.

Filmfacts: «Kong: Skull Island»

  • Kinostart: 9. März 2017
  • Genre: Abenteuer/Action
  • FSK: 12
  • Laufzeit: 118 Min.
  • Kamera: Larry Fong
  • Musik: Henry Jackman
  • Buch: Dan Gilroy, Max Borenstein, Derek Connolly
  • Regie: Jordan Vogt-Roberts
  • Darsteller: Tom Hiddleston, Brie Larson, Samuel L. Jackson, John C. Reilly, John Goodman, Thomas Mann, John Ortiz, Tian Jing
  • OT: Kong: Skull Island (USA/VNM 2017)
Mit King Kong nahm im Jahr 1933 alles seinen Anfang. Bis dahin hatte man in Hollywood ausschließlich auf Romanfiguren als Monster für Katastrophenfilme zurückgegriffen. Der Riesenaffe, der in «King Kong und die weiße Frau» zum ersten Mal auf der großen Leinwand zu sehen war, war hingegen die erste, eigens für eine Filmproduktion geschaffene Kreatur. Insofern ist es kein Wunder, dass so ziemlich jedes Jahrzehnt seine eigene Variante eines Monsterfilms hervorbringt. Kurios: Sogar Musicals und Theaterstücke rund um den gigantischen Menschenaffen gibt es. Nun ist der letzte Affen-Blockbuster mit Peter Jacksons «King Kong» schon ganze 12 Jahre her, da fühlt sich Regisseur Jordan Vogt-Roberts berufen, mit «Kong: Skull Island» nicht bloß eine weitere Interpretation des Mensch-gegen-Natur-Stoffes zu verfilmen. Sein 190 Millionen US-Dollar teures Actionspektakel ist außerdem der zweite Teil der von Legendary Pictures vor drei Jahren gestarteten Monsterverse-Filmreihe, die mit Gareth Edwards‘ «Godzilla» ihren Anfang nahm. Hier ging das Konzept auf: Hohe technische Standards, interessante Charaktere und ein ausgewogenes Maß aus Monster-Action und Storytelling führten zu soliden Besprechungen in den Feuilletons der weltweiten Presse und zu einem Einspiel von knapp 530 Millionen Dollar bei Produktionskosten von 160 Millionen. Im Falle von «Kong: Skull Island» dürfte eine Wiederholung dieses Erfolgs deutlich schwieriger sein.

Jagd auf den Riesenaffen


Ein vielfältiges Team aus Wissenschaftlern, Soldaten und Abenteurern, tritt unter der Leitung von Lieutenant Colonal Packard (Samuel L. Jackson) und Bill Randa (John Goodman) zu einer Reise auf eine unerforschte Pazifikinsel an. Mit dabei: Die toughe Fotografin Weaver (Brie Larson) und der charismatische Veteran James Conrad (Tom Hiddleston). Was anfangs wie eine spannende Erkundungstour anmutet, wird schnell zu einer tödlichen Falle, denn die Insel birgt nicht nur Naturschönheiten, sondern auch große Gefahren. Weil die Entdecker nicht ahnen, dass sie in das Revier des gewaltigen Kong eindringen, stehen sie schon bald Auge in Auge mit einem haushohen Menschenaffen. Weitab von der Zivilisation kommt es dort zur ultimativen Konfrontation zwischen Mensch und Natur. Schnell entwickelt sich die Forschungsreise zum Überlebenskampf, in dem es nur noch darum geht, dem urweltlichen Eden zu entkommen. Denn Menschen haben dort nichts verloren.

Regisseur Jordan Vogt-Roberts ist in Hollywood bislang ein unbeschriebenes Blatt. Zu seinen bisherigen Tätigkeiten gehören vor allem TV-Arbeiten an Serien wie «Mash Up» und «Single Dads» sowie eine Handvoll Kurzfilme. Trotzdem ist es ihm gelungen, für «Kong» einen Cast um sich zu versammeln, nach dem sich jedes Filmstudio die Finger lecken würde. In den Hauptrollen sind Tom Hiddleston («Crimson Peak») und Oscar-Preisträgerin Brie Larson («Raum») zu sehen, während für die Nebenrollen Samuel L. Jackson («Die Insel der besonderen Kinder»), John Goodman («10 Cloverfield Lane») und John C. Reilly («The Lobster») gewonnen werden konnten. Zusammen mit einem Budget von satten 190 Millionen US-Dollar sowie den erfolgsverwöhnten Drehbuchautoren Dan Gilroy («Nightcrawler»), Max Borenstein («Godzilla») und Derek Connolly («Jurassic World») sollten eigentlich eine Menge Grundsteine für einen soliden Frühjahrs-Blockbuster gelegt sein. Vor allem aber gibt es aus der Sicht der verantwortlichen Studios keinen Alternativplan. Sollte «Kong: Skull Island» nämlich floppen und das Projekt Monsterverse somit auf der Kippe stehen, steht wie schon im Fall des angedachten Monster-Universums der Studio-Konkurrenz Universal Pictures eine waschechte Blamage ins Haus. Zur Erinnerung: Der 2014 von Gary Shore inszenierte Horror-Actioner «Dracula Untold» sollte der Auftakt zu einem mehrere Filmmonster beinhaltenden Franchise werden, doch nach schwachen Zahlen an den Kinokassen wurde der Gedanke rasch wieder verworfen. Der in wenigen Monaten erscheinende «The Mummy» mit Tom Cruise in der Hauptrolle gehört daher nicht (mehr) zu diesem Projekt.

Genau dieser Super-GAU steht aber zu befürchten. Wenn sich erst einmal herumspricht, wie grundlegend fehlgeschlagen dieses Projekt ist, dürfte es wohl nur noch Hardcore-Fans des Genres, oder aber Liebhaber der im Film agierenden Schauspieler in die Lichtspielhäuser locken. «Kong: Skull Island» repräsentiert im Alleingang all das, was Skeptiker des modernen Blockbusterkinos ohnehin in jedem Film dieses Segments sehen; nur dass der Vertreter hier tatsächlich all dem entspricht. Schlimmer noch: Selbst Dinge, an denen es auch in guten Filmen höherer Preisklasse hapert, gehen im Falle von «Kong» ebenso daneben. Das lässt sich von Beginn an noch gar nicht unbedingt erahnen. Wenn innerhalb der ersten halben Stunde das Szenario um die etwaigen Atomtests im Pazifik etabliert und einige Jahrzehnte später – die Expedition findet Anfang der Siebzigerjahre statt – zu Forschungszwecken exakt dorthin gereist werden soll, um das Terrain zu erkunden, erweist sich das Team als durchaus illustre Truppe. Ein wirklich ausgereiftes Profil erhält zwar keine der Figuren, was auch daran liegen mag, dass die große Anzahl an Forschern keinen direkten Hauptcharakter erkennen lässt. Doch die Zusammensetzung des Expeditionsteams funktioniert gut über die ihm inne wohnenden Gegensätze. Allen voran Thomas Mann («Hänsel und Gretel: Hexenjäger») sorgt mit seiner unbedarften Attitüde hin und wieder für breites Grinsen beim Zuschauer, sodass man sich tatsächlich darauf freut, mitzuerleben, wie diese Gruppe vor Ort auf das reagieren wird, was sie erwartet.

Seelenloses Effektgewitter


Was das dann ist, ist bekannt und die auf der Insel ansässigen Riesentiere – neben King Kong gibt es außerdem diverse Riesenechsen, -Insekten und sogar einen Kraken zu bestaunen – können sich von der Art und Weise ihrer am Computer entstandenen Animation sehen lassen. Das ganze Drumherum jedoch ist nicht nur visuell von einer erschreckend realitätsfremden Qualität (jede zweite Einstellung in «Kong» wirkt wie im Studio und anschließend mithilfe von Bildbearbeitungsprogrammen auf Hochglanzposter-Qualität zurechtgetrimmt), auch inhaltlich wird die aufgebaute Emotionalität vom Moment der Inselankunft – im wahrsten Sinne des Wortes – mit einem Schlag zunichte gemacht. Anstatt die Story mit ihrem Charakter individuell zu prägen, handeln sämtliche Figuren fortan nur noch so, wie es für den hanebüchenen Handlungsverlauf von Vorteil ist, um oberflächliche Spannung zu schüren. Eine klar erkennbare Persönlichkeit weist allenfalls noch der hier reichlich unausstehlich aufspielende Samuel L. Jackson auf, der halbherzig für die Rolle des Antagonisten herhalten muss.

Der ursprüngliche Grundgedanke aller «King Kong»-Filme war die Konfrontation zwischen Mensch und Natur; in «Kong: Skull Island» müssen eine Handvoll eingeworfener Drohungen mitsamt vager Gegenargumentation ausreichen, um den Konflikt zwischen Naturschützern und –Gegnern zu schüren. Das alles spielt allerdings die meiste Zeit über keine Rolle. Erst im Showdown scheinen die Macher sich an das ursprüngliche Credo all dieser Filme zu erinnern und legen den Figuren willkürlich Dinge in den Mund, die in den 120 Minuten zuvor überhaupt eine Rolle gespielt haben. Stattdessen konzentriert sich der Regisseur bis dato auf sich wiederholende Kämpfe zwischen Monster und Mensch, Monster und Monster oder auch Mensch und Mensch.

Dass sich trotz nicht zu leugnender Bildgewalten rasch ein Gefühl der Langeweile einstellt, liegt in erster Linie an der Redundanz des Gezeigten. «Kong: Skull Island» variiert nicht in seiner Darstellung der vielen Actionszenen. Stattdessen beschränken sich die körperlichen Konflikte auf Verfolgung und Flucht. Der hierbei dargestellte Gewaltgrad wundert im Anbetracht der FSK-Freigabe ab zwölf, doch der gezielte Verzicht auf die Darstellung von Blut rückt diesen Eindruck direkt wieder gerade. «Kong: Skull Island» gibt lediglich vor, besonders explizit zu sein, scheint aber bis zuletzt von all seinen Ecken und Kanten befreit worden, um ein möglichst breit gefächertes Publikum anzusprechen. Dieses bekommt dann neben einer langatmig und ohne jedwede Höhen und Tiefen dahin plätschernden Story (die diesen Namen im Grunde nicht verdient) vor allem ein buntes Potpourri aus Szenenelementen präsentiert, wie sie nicht einmal mehr Michael Bay in seinem x-ten «Transformers»-Film darbieten würde. Der willkürliche Gebrauch von Zeitlupen, das noch viel willkürlichere Zurückgreifen auf plötzlich auftauchende Sonnenauf- und Untergänge sowie die Fokussierung der selbst nach dem kühnsten Schlachtengetümmel immer noch perfekt gestylten Darsteller machen aus «Kong» ein fast schon unerträglich künstliches Unterfangen, bei dem man in jeder Szene die Studiobeleuchtung zu erahnen glaubt.

Überhaupt beruht in «Kong: Skull Island» sehr viel auf Willkür. Das gilt sowohl für den Aufbau der Insel (bis zur letzten Szene ist es nahezu unmöglich, ein Gefühl für die Vegetation zu entwickeln, da die Figuren ohnehin wahllos von einer Ecke der Insel zur anderen springen können), als auch für die Tages- und Nachtzeiten, geschweige denn für das Verheilen von Wunden oder das Auftauchen selbiger. Wo sich bei anderen Blockbustern das seltene Auftauchen einzelner Anschluss- und Logikfehler verschmerzen lässt, kommen diese in «Kong» im Minutentakt – ein Drüber Hinwegsehen ist nahezu unmöglich. Und wenn dann auch noch die Darsteller den Eindruck erwecken, überall sein zu wollen, nur nicht am Set dieses Films, dann kann «Kong: Skull Island» einfach nicht das Flair eines guten Monster-Films entwickeln – noch nicht mal das Flair eines guten Films.

Fazit


Eine Vollkatastrophe ist «Kong: Skull Island» nur deshalb nicht geworden, weil die erste halbe Stunde des Monster-Blockbusters recht gelungen ist und sich die Animation der spektakulären Riesentiere durchaus sehen lassen kann. Davon aber abgesehen, gibt es hier Niemanden, der sich mit dem Mitwirken an Jordan Vogt-Roberts‘ Film mit Ruhm bekleckert hat.

«Kong: Skull Island» ist ab dem 9. März bundesweit in den Kinos zu sehen.
07.03.2017 08:00 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/91639