Is this a kind of «Mindmagic»?

Als spätabendliches Alternativprogramm zur «heute-show» versucht Sat.1 nun sechs Wochen lang, eine neue Zaubershow zu integrieren. Die bietet zwar Kurzweil, aber letztlich nichts wirklich Neues. Und mit dieser Mischung ist man doch jüngst erst krachend gescheitert.

Das Dschungelcamp ist vorbei, die Normalität hat wieder Einzug gehalten. Was auf den ersten Blick nach einer erfreulichen Nachricht für alle Sender außer RTL klingt, kann gerade Sat.1 auch mächtig unter Druck setzen - insbesondere am Freitagabend, wo man seit der seit der Installation des neuen Show-Sonntags mächtig in den Seilen hängt. Wohl auch mit dem Mangel an wirklich attraktiven Angeboten ist es zu erklären, dass es die Programmverantwortlichen nun zunächst einmal mit dem Ranking-Format «111...» sowie der Zaubershow «Mindmagic - Die perfekte Illusion» versucht - beides nicht unbedingt Genres, die aktuell für herausragende Quotenerfolge stehen, wenngleich die Show-Konkurrenz am Freitag mit Ausnahme der RTL-«Puppenstars» und der ZDF-«heute-show» recht überschaubar ist. Und darin liegt auch die größte Hoffnung des Neustarts mit Illusionist Victor Mids, denn inhaltlich bot man dem Zuschauer überwiegend kalten Kaffee in einer neuen Verpackung an.

Das gilt schon für die grundsätzliche inhaltliche Ausrichtung, die einmal mehr völlig auf die vermeintlichen Wundertaten des Illusionisten ausgerichtet ist, der durch die Straßen und Supermärkte Deutschlands tingelt oder Gunter Gabriel einen Besuch im Tonstudio abstattet - und dann natürlich mit den gewohnten Taschenspieler- und Psychotricks aufwartet, der schon seit Jahrzehnten wahlweise für Erstaunen und Faszination oder alternativ für Misstrauen und Fake-Vorwürfe sorgt. Denn natürlich gibt es in einer aufgezeichneten Show, bei dem mehr oder minder wahllos Passanten aufgegabelt werden, diverse Manipulationsmöglichkeiten: Man könnte Laiendarsteller engagiert, die ungläubige Begeisterung der Passanten erkauft oder mitunter auch einfach die Magie der Schnitt-Technik angewandt haben. Ob es zu solch unlauteren Methoden kam oder nicht, spielt letztlich eine untergeordnete Rolle, denn schon der in den Köpfen der Zuschauer stets mitschwingende Gedanke an die Möglichkeit dessen raubt einer Sendung dieser Couleur erheblich an Reiz.

Für diese verkopfte Herangehensweise der Zuschauer kann zunächst einmal weder Sat.1 noch Victor Mids (Foto) etwas. Sie sind das Produkt eines Fernsehzeitalters, das diverse Skandale und ganze mit mannigfaltigen alternativen Fakten bestückte Formatreihen hinter sich hat, die zur Abstumpfung und Dauerskepsis des Publikums geführt haben - ja, es vielleicht vom Staunen entwöhnt haben, weil in der Mattscheibe ja eh nur gefakter Müll läuft. Sender und Illusionist tragen gleichwohl auch wenig zur Authentisierung der Clips bei, weil sie sich extrem stark an den Genre-Konventionen festklammern: Der Protagonist hat bitte bedeutungstragend zu schauen und sprechen, seine Tricks dürfen bloß nicht schiefgehen und haben gefälligst für ein ungläubiges Staunen bei den Lockvögeln zu sorgen. Und natürlich darf die Erklärung des Geschehenen auch nie über ein krytpisch-substanzloses "unser Körper hat seine eigene Sprache" hinausgehen. All das ist die Sorte TV-Hokuspokus, die spätestens seit dem pompös lachhaften «The Next Uri Geller» sowie insbesonderere der anschließenden samstagabendlichen Kontaktaufnahme zu Außerirdischen erheblich an Zauber verloren hat.

Dabei ist «Mindmagic» nicht die Sorte Fernsehen, bei der man als Chips mampfender Sofaheld empört in die Tasten hauen und den nächsten kulturellen Untergang des Abendlandes herbeireden muss. So vorhersehbar diese brutto knapp eine Stunde lange Verkettung an größeren und kleineren Hexenwerken auch geraten ist, so sehr halten sich die Macher mit dem gänzlich überzeichneten Bombast zurück, mit dem ein Uri Geller an seinen Löffeln rumfummelte oder Kontakt zu Rigel 7 aufnehmen wollte - wohl auch, weil sich diese Form der televisionären Selbstdarstellung mit Übersinnlichkeit nun wirklich komplett überlebt hat. Gut, ob nun unbedingt ein vorbeifliegendes Flugzeug mit der zuvor von einem Kandidaten als Karte des Vertrauens benannten Aufschrift "Pik Acht" dazu beiträgt, dass man Mids mehr Hogwarts-Kompetenzen zuspricht als zuvor, sei einmal in Fragezeichen gesetzt. Aber solche Ausfälle ins komplett Absurde sind dann zum Glück doch die Ausnahme in einem ansonsten mehrheitlich bodenständigen Illusionisten-Format.

Und zwischenzeitlich wagt man sich dann sogar einmal heraus aus dem subtilen Gefuchtel mit dem Zauberstab und wartet mit dem psychologisch fundierten Phänomen der so genannten "Unaufmerksamkeitsblindheit" auf. Dabei mag der Gorilla, der im Regelfall unbemerkt durch die Szenerie läuft, während man sich auf einander Bälle zuwerfende Menschen konzentriert, etwas unkreativ sein - eben weil er ein Klassiker dieser Nichtwahrnehmung von Umgebungsobjekten ist und vielen schon bekannt sein dürfte. Die Idee aber, dieses kleine Gimmick durch die gesamte Episode zu ziehen und dem gefoppten Zuschauer am Ende der Folge über seine eingeschränkte Wahrnehmung aufzuklären, ist ein wahrlich sympathischer kleiner Handgriff. Es ist das wahre Wunder der menschlichen Psyche, das in dieser Folge am meisten staunen lässt - ganz ohne Hexenmeister, verbogene Metalle oder wunderliche Zahlenfolgen.

Wie hat euch der Auftakt von «Mindmagic» gefallen?
Sehr gut, ich freue mich schon auf die weiteren Folgen.
39,3%
War in Ordnung, da kann man zumindest mal reinschauen.
14,8%
Ganz mies, das muss ich nicht noch einmal sehen.
23,0%
Habe es (noch) nicht gesehen.
23,0%


Leider aber dominieren in «Mindmagic» dann letztlich doch die altbekannten, von einem latent selbstdarstellerischen, wenngleich nicht komplett uncharmanten TV-Illusionisten vorgestellten Taschenspieler-Tricks, die im Jahr 2017 einfach nicht mehr so recht verfangen wollen. Die Sendung ist gut und zeitgemäß gefilmt und geschnitten, wagt sich inhaltlich aber zu selten einmal raus aus der Genre-Konvention, um nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Für den netten Entertainment-Quickie zwischen Primetime und Bett mag das ausreichen, aber auch in direkter Konkurrenz zur «heute-show», im direkten Zusammenhang mit einer ebenfalls konventionellen Ranking-Show? Man ist dazu geneigt, angesichts dessen eher zu vermuten, dass dafür ein bisschen zu wenig angeboten wird. "Nett, irgendwie ganz okay, aber letztlich halt doch nur mehr vom Bekannten" ist jedenfalls eine Beschreibung, die frappierend an das zuletzt am Sonntagabend krachend gescheiterte «Duell der Stars» erinnert.

Sollte es «Mindmagic - Die perfekte Illusion» anders ergehen, kann man sich noch auf fünf weitere Folgen freuen - jeweils freitags um 22:30 Uhr in Sat.1.
04.02.2017 00:30 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/91022