«Tatort» 2016: Münster baut Vorsprung aus, Konstanz überrascht

Insgesamt sank der Zuspruch deutlich. Die beliebtesten Ausgaben lieferten wieder Boerne und Thiel. Dafür schwang sich das Team aus Konstanz mit seinen letzten zwei Ausgaben auf Rang zwei.

2016 stellte ein Jahr der Überraschungen dar, die nicht immer positiv waren. Am Bild der vergangenen Jahrzehnte, wonach die ARD mit seinem «Tatort» zuverlässig das meistgesehene Programm am Sonntagabend stellt, wurde jedoch auch in den vergangenen zwölf Monaten nicht gerüttelt. Doch auf gleichem Niveau bewegen sich die verschiedenen, regional anders verorteten Krimireihen der unterschiedlichen Landesanstalten trotzdem bei Weitem nicht. Betrachtet man die erstausgestrahlten Ausgaben im Jahr 2016 schwankt die Reichweite zwischen 6,74 Millionen und 13,31 Millionen Zuschauern. Insgesamt ließ sich gegenüber den Vorjahren dabei ein signifikant gesunkenes Zuschauerinteresse feststellen. Deutlich seltener erreichten die Krimis mehr als zehn Millionen Zuschauer. Im Jahr 2015 gelang dies elf Mal, 2016 noch fünf Mal. So sank die durchschnittliche Reichweite der neuen «Tatort»-Ausgaben drastisch von 9,52 Millionen Zuschauern im vergangenen Jahr auf noch 9,02 Millionen Interessenten. Welche Teams 2016 oben auf lagen und bei welchen Ermittlern noch Nachholbedarf besteht…

Münster: Liefers und Prahl verteidigen den Thron


Kriminalhauptkommissar Frank Thiel und Rechtsmediziner Professor Dr. Karl-Friedrich Boerne festigten im Jahr 2016 ihre Spitzenposition unter den «Tatort»-Teams. Mit 13,31 Millionen Zuschauern im Rahmen des «Tatort: Feierstunde» unterhielten sie am 25. September 2016 so viel wie keine andere «Tatort»-Episode dieses Jahres. Zwar lockte das Duo aus Münster im vergangenen Jahr mit dem «Tatort: Schwanensee» noch 13,63 Millionen Zuschauer ein, im Zuge der jüngsten Ausgabe des Schmunzelkrimis wurde Ende September jedoch der höchste Marktanteil einer «Tatort»-Folge seit 1992 gemessen – 38,1 Prozent. Zwei Ausgaben steuerte das WDR-Team im Jahr 2016 bei, die frühere der beiden sendete Das Erste am 8. Mai. Dort unterhielt der «Tatort: Ein Fuß kommt selten allein» 12,69 Millionen Zuschauer, die zu insgesamt 37,1 Prozent führten. Die beiden neuen 90-Minüter schnitten auch beim jungen Publikum am besten ab, die Mai-Ausgabe mit 31,9 Prozent und die Folge im September mit 34,2 Prozent. Mit durchschnittlich glatten 13 Millionen Zuschauern der zwei Episoden 2016 verzeichnete der «Tatort» aus Münster etwa 320.000 Zuschauer weniger als im Vorjahr. Dafür bauten Boerne und Thiel ihren Vorsprung gegenüber den anderen Teams aus.

Eine Sonderrolle im «Tatort»-Jahr 2016 und die Position drei in Sachen Reichweite nahm der «Tatort: Taxi nach Leipzig» ein. Für die 1000. «Tatort»-Ausgabe kreuzten sich die Wege von Charlotte Lindholm und Klaus Borowski. Die Kriminalhauptkommissare aus Niedersachen und Kiel erreichten mit ihrer Zusammenarbeit am 13. November 11,46 Millionen Zuschauer und daraus resultierende 30,3 Prozent Marktanteil bei allen Fernsehenden. Auch mit 26,3 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen rangierte der Fall damit auf Platz drei des Jahres. Während Maria Furtwängler mit Ihrer Rolle keinen weiteren Einsatz im Jahr 2016 annahm, landete die einzige weitere Ausgabe aus Kiel, die am 6. November 2016 vor den Augen von 8,43 Millionen Zuschauern und 22,6 Prozent des Gesamtpublikums lief, nur im Mittelfeld der «Tatort»-Episoden 2016. Im vergangenen Jahr gelang einer Borowski-Ausgabe noch der Coup, 10,67 Millionen Zuschauer zu unterhalten und außerdem Quoten bei den 14- bis 49-Jährigen, die sich nur den Münsteranern geschlagen geben mussten.

Eine Überraschung zum Abschied aus Konstanz


Die reichweitenstärksten «Tatort»-Ausgaben 2016

  1. «Tatort: Feierstunde»: 13,31 Mio. (25. September)
  2. «Tatort: Ein Fuß kommt selten allein»: 12,69 Mio. (8. Mai)
  3. «Tatort: Taxi nach Leipzig»: 11,46 Mio. (13. November)
  4. «Tatort: Rebecca»: 10,93 Mio. (10. Januar)
  5. «Tatort: Kartenhaus»: 10,61 Mio. (28. Februar)
Auf Abschiedstournee landete das Team Konstanz mit seinen zwei letzten Ausgaben etwas überraschend auf Platz zwei der «Tatort»-Teams 2016. Mit 10,93 Millionen Zuschauern am 10. Januar 2016 überschritten die Kommissare Klara Blum und Kai Perlmann mit ihrem «Tatort: Rebecca» erstmals überhaupt die Zehn-Millionen-Zuschauer-Marke. Dies gelang dem Team um Eva Mattes und Sebastian Bezzel, das 2002 seinen Dienst begann, davor in 29 Episoden nicht. Mit 28,8 Prozent insgesamt und 24,5 Prozent der jungen Fernsehenden standen auch quotentechnisch sehr starke Werte zu Buche. Dieses herausragende Niveau hielt der Abschied des SWR-Tatorts am 4. Dezember nicht mehr. 8,86 Millionen Zuschauer schalteten zum «Tatort: Wofür es sich zu leben lohnt» ein. Der letzte Fall in Konstanz, das vom SWR bald durch Freiburg ersetzt werden wird, generierte dabei insgesamt 24,3 Prozent und 18,6 Prozent. Im Mittel wurden damit 9,90 Millionen Zuschauer im Rahmen der zwei Ausgaben gemessen.

Leidtragend war dabei das Kölner Team. Erstmals seit einigen Jahren stellte der WDR damit nicht mehr die zwei beliebtesten «Tatort»-Ableger. In gleich drei Ausgaben gingen Ballauf und Schenk im Jahr 2016 auf Verbrecherjagd. Zunächst im «Tatort: Kartenhaus» am 28. Februar 2016. Mit 10,61 Millionen Zuschauern sollte sie die stärkste Episode aus Köln im Jahr 2016 bleiben und die fünftbeliebteste des Gesamtjahrs. Mit 28,0 Prozent und 25,2 Prozent schlugen die von Claus J. Behrendt und Dietmar Bär gemimten Kommissare immerhin in Bezug auf das junge Publikum die insgesamt etwas gefragtere Episode aus Konstanz. Im Rahmen der zwei weiteren Ausgaben wurden allerdings keine Reichweiten über zehn Millionen Zuschauern mehr gemessen. Der «Tatort: Narben» verbuchte am 1. Mai 9,20 Millionen Zuschauer, während der «Tatort: Durchgedreht» am 21. August auf 9,74 Millionen Zuschauer kam. Die Durchschnittsreichweite der neuen Ausgaben aus Köln betrug im Jahr 2016 somit 9,85 Millionen. Gegenüber den zwei Ausgaben im Vorjahr, die beide deutlich über zehn Millionen Personen anzogen, verlor man im Schnitt 760.000 Interessenten.

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Kein weiterer «Tatort» lockte im Jahr 2016 mehr als zehn Millionen Zuschauer an. Am nächsten kam dieser Marke die Reihe aus Weimar. Die von Nora Tschirner und Christian Ulmen verkörperten Ermittler kamen mit ihrer einzigen Ausgabe im Jahr 2016 am 24. April auf insgesamt 9,85 Millionen Zuschauer. Dabei sprang ein Gesamtmarktanteil von 26,4 Prozent heraus. Mit 23,4 Prozent der jungen Zuschauer brachte es der Fall in der Altersgruppe der 14- bis 49-Jährigen immerhin auf Platz sechs des Gesamtjahrs. Auch das Saarländer Duo Stellbrink und Marx ermittelte 2016 nur in einem Fall. Mit 9,69 Millionen Zusehern am 24. Januar schaffte es der SR-«Tatort» immerhin unter die zehn reichweitenstärksten Ausgaben des Jahres.

Die Franken geben viele Zuschauer ab


Lena Odenthal und Mario Kopper, die mit knapp 27 Jahren Erfahrung das älteste noch aktive Team darstellen, brachten es 2016 auf einen neuen Fall aus Ludwigshafen, der am 14. Februar 2016 immerhin 9,06 Millionen Zuschauer und damit einhergehende 23,9 Prozent aller Fernsehenden anlockte. Das Debüt des Franken-«Tatorts» sorgte im Vorjahr noch für am meisten Aufsehen abseits der WDR-Ausgaben. Lockte das Debüt am 12. April 2015 noch 12,11 Millionen Zuschauer an, widmeten sich am 22. Mai 2016 nur noch 8,41 Millionen Personen dem BR-Krimi. Die Kollegen aus Frankfurt, die ebenfalls erst 2015 ihren Dienst aufnahmen, ermittelten 2016 in zwei Fällen mit verhältnismäßig unspektakulären Werten. Schon jetzt kann gemutmaßt werden, dass es das Duo Janneke und Brix, das erst mit dem «Tatort: Die Geschichte vom bösen Friederich» (10. April) 8,50 Millionen Zuschauer für sich einnahm und später mit dem «Tatort: Wendehammer» (18. Dezember) 7,90 Millionen, nicht unter die beliebtesten Kommissare aller Zeiten schaffen wird.

In der Hauptstadt besteht ebenfalls Nachholbedarf. Der «Tatort: Wir – Ihr- Sie» aus Berlin kam am 5. Juni auf 8,10 Millionen Zuschauer, ehe am 11. Dezember im Rahmen des «Tatort: Dunkelfeld» 8,36 Millionen Interessenten gemessen wurden. Auch die Kommissare Rubin und Karow büßten damit in ihrem zweiten Jahr gehörig an Zuschauerinteresse ein. Zwar feierte die neue Reihe aus Dresden und Umgebung erst 2016 ihre Premiere, dafür kommt der neue mdr-Ableger im Jahr 2016 bereits auf zwei Ausgaben. Zumindest der Auftakt des Trios Sieland, Gorniak und Schnabel kam dabei am 6. März 2016 zu einem sehr respektablen Ergebnis: 9,55 Millionen Zuschauer führten sich den «Tatort: Auf einen Schlag» zu Gemüte, was in einer Sehbeteiligung von 25,4 Prozent mündete. Auch mit 22,5 Prozent des jungen Publikums zählte der Fall damit zu den stärkeren Ausgaben des Jahres. Schon die zweite Ausgabe am 2. Oktober erlitt jedoch deutliche Verluste: Noch 7,74 Millionen Zuschauer ab Drei sahen den «Tatort: Der König der Gosse», der somit zu den schwächsten neuen Folgen des Jahres zählte.

Die im Vorjahr noch vergleichsweise recht beliebten Bremer holten zunächst mit dem «Tatort: Der hundertste Affe» auf ungewohntem Sendeplatz am Montagabend des 16. Mai 7,85 Millionen Zuschauer, knüpften aber mit ihrer zweiten Folge «Tatort: Echolot» am 30. Oktober mit 8,51 Millionen Interessenten noch immer nicht an frühere Werte an. Mit dem «Tatort: Hundstage» schnitt das Team aus Dortmund am 31. Januar immerhin über 9,34 Millionen Zuschauern und damit 24,0 Prozent Marktanteil ab. Auch das Team um Kommissar Faber gab am 9. Oktober mit dem «Tatort: Zahltag» auf 8,36 Millionen Zuschauer ab. Wechselhaft präsentierten sich Eisner und Fellner in Österreich, die am 7. Februar mit dem «Tatort: Sternschnuppe» noch sehenswerte 9,40 Millionen Zuschauer anlockten, mit dem «Tatort: Die Kunst des Krieges» am 4. September jedoch nur noch 7,50 Millionen. Wie im Vorjahr verzeichnete das Schweizer Team die niedrigste Reichweite des Jahres: 6,74 Millionen waren am 18. September im Rahmen des «Tatort: Freitod» mit von der Partie.

Insgesamt musste der «Tatort» im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr deutliche Verluste verkraften – nur Konstanz, das seinen knapp 14-jährigen Run am Sonntagabend zu Ende brachte, durfte sich über ein signifikant gestiegenes Sehinteresse freuen. Somit musste Köln zwischenzeitlich von Rang zwei der beliebtesten Ermittlerteams weichen. Zumindest bedenklich sind auch die Verluste der Ableger, die 2015 und 2016 starteten. Die neuen Teams erreichten 2016 fast durchgängig Werte unter neun Millionen Zuschauern, wobei das Niveau der beliebtesten Krimi-Reihe Deutschlands auch insgesamt sank.
06.01.2017 11:17 Uhr  •  Timo Nöthling Kurz-URL: qmde.de/90289