Hat «American Horror Story: Roanoke» gehalten, was der Auftakt versprochen hat?

Die sechste Season ist ausgelaufen, doch nie hinterließ uns ein Serienfinale gespaltener, als im Falle von «American Horror Story: Roanoke».

«American Horror Story – Roanoke»

  • Schöpfer: Ryan Murphy, Brad Falchuck
  • Autoren: Tim Minear
  • Regie: Bradley Buecker, Michael Goi
  • Darsteller: Sarah Paulson, Lily Rabe, Kathy Bates, Cuba Gooding Jr., André Holland, Denis O'Hare, Wes Bentley, Angela Bassett, Adina Porter, Colby French
  • Producer: Ned Martel,
  • Musik: Mac Quayle
  • FSK-Freigabe: ab 18
Informationen zu den Folgen eins und zwei
Mitte September flimmerte die mittlerweile sechste Staffel der preisgekrönten Horror-Anthologie-Serie «American Horror Story» über die US-amerikanischen Fernsehschirme. In unserem damals veröffentlichten First Look kamen wir noch zu einem recht positiven Fazit:

"Obwohl wir in den ersten beiden Folgen (die übrigens ohne die kultige Vorspannsequenz auskommen mussten – ein wenig hoffen wir aber schon noch, dass sich das in den kommenden Episoden ändern wird) bereits einen Einblick darin erhielten, auf welche erzählerischen Pfade uns «Roanoke» mitnehmen wird, waren «Chapter 1» und «Chapter 2» so voller verschiedener Nebenschauplätze, dass sich noch überhaupt nicht absehen lässt, wovon die sechste Staffel nun überhaupt handelt. Mit Matt und Shelby sind die Protagonisten als Opfer eines furchtbaren Spuks festgelegt, doch eine unheimliche Legende um zwei mordende Krankenschwestern, grauenhafte Rituale im Wald, Visionen von abgetrennten Schweineschwänzen und eine verschwundene Tochter, die mit einer unsichtbaren Freundin spricht, deuten so viele, mitunter auch überhaupt nicht zusammenhängende Konfliktherde an, dass es uns gar nicht wundern würde, wenn sich letztlich doch herausstellt, dass alle 25 Teaser zu «Roanoke» gehören. Mit der Konzentration auf nur wenige Figuren gehen die Schöpfer und Regisseure hier einen guten Weg, denn im Kern steckte in der Serie schon immer auch ein tiefgreifendes, menschliches Drama. Nie war das Suchtpotenzial von «American Horror Story» höher, als diesmal".

Am vergangenen Mittwoch ging «Roanoke» zu Ende und nie hinterließ ein Serienfinale uns als Zuschauer zwiegespaltener, als diesmal. Dabei hat das eigentlich gar nicht direkt etwas mit der Auflösung zu tun, sondern in erster Linie mit ebenjenem Twist, den die Macher kurz nach Ausstrahlung der dritten Episode vollmundig ankündigten und zwischen Episode fünf und sechs auch tatsächlich antreten ließen. Um zu erklären, weshalb dieser Turn-Around dem Format nicht gerade gut bekommen ist, werden wir im Folgenden auf Spoiler zurück greifen müssen.

«American Horror Story: Roanoke» punktete zu Beginn damit, dass die Ereignisse innerhalb der Serie in Form einer (fiktiven) Reality-Show aufbereitet wurden. Hierfür verschlug es ein Pärchen namens Matt (Cuba Gooding Jr.) und Shelby (Sarah Paulson) in ein verlassenes Herrenhaus; unter Berufung auf wahre Ereignisse erzählte «Roanoke» schließlich vom Terror und Spuk, die das junge Paar über sich ergehen lassen musste und ließ die echten Matt und Shelby (gespielt von Lily Rabe und André Holland) dieses Geschehen parallel dazu kommentieren. Eine wirklich starke Idee, die dem Grauen einen realen Anstrich verleihen sollte. Der Clou folgte schließlich zum Ende der fünften Episode, als die Ereignisse von jetzt auf gleich für "beendet" erklärt wurden. Fortan standen nicht mehr die nacherzählten Ereignisse im Mittelpunkt, sondern die Erzähler, sodass das Grauen für uns alle sichtbar ins Hier und Jetzt gehievt wurde, als der Show-Produzent anlässlich des bevorstehenden Blutmonds mit allen Beteiligten noch einmal an den Ort des Grauens zurück kehren und die nun stattfindenden Geschehnisse mit diversen Handkameras filmen wollte.

Wir würden nun gern weiter darüber philosophieren, wie viel die Macher aus diesem Konzept herausholen konnten, doch leider ist uns das schlicht nicht möglich. Wenngleich sich dieser Twist-Idee an sich natürlich nicht absprechen lässt, dass sie einer gewissen Cleverness entbehrt, so ändert sich dadurch lediglich die Erzählperspektive. Über die nun vermeintlich "echten" Figuren brechen exakt dieselben Qualen herein, wie es schon bei den "nachgestellten" Szenen der ersten Season-Hälfte passiert ist. Einzig und allein der Inszenierungsstil sollte sich ändern von herkömmlicher Kameraarbeit zu Found-Footage. Dadurch passiert zweimal, was sich so zu Beginn von «Roanoke» noch nicht abschätzen ließ: Schon nach wenigen Folgen läuft sich das "Einer-nach-dem-Anderen"-Konzept tot. Nie definierte sich eine «AHS»-Staffel so sehr über Blut und obsessive Gewalt wie «Roanoke». Und schon lange blieb dabei die erzählerische Leistung so sehr auf der Strecke.

Fazit


Die Macher von «American Horror Story: Roanoke» haben etwas bewiesen: Es ist tatsächlich möglich, einen Twist zu kreieren, der einem Plot gleichwohl gut tut, wie schadet. Die Idee, die Handlung aus der Fiktion herauszuholen und die die Realität eines Filmsets zu übertragen, wirkte allerdings nur im Moment des Perspektivwechsels. Sowohl in der ersten Hälfte, als auch in der zweiten Hälfte lief sich das Konzept vom Slasher-Fest irgendwann tot.
19.11.2016 15:00 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/89448