Adolf Winkelmann: 'Nach einer übergeordneten Logik zu suchen, ist einfach falsch'

Quotenmeter.de im Gespräch mit dem «Junges Licht»-Regisseur Adolf Winkelmann: Wie denkt die Filmförderung über das Ruhrgebiet? Welche stilistischen Innovationen erlaubt der Digitalfilm?

Zur Person: Adolf Winkelmann

  • 1946 in Hallenberg geboren
  • Als Filmregisseur, Filmproduzent und Drehbuchautor tätig
  • Professor für Film-Design im Fachbereich Design an der Fachhochschule Dortmund
  • Erlangte 1978 großes Kritikerlob für die humorvolle Arbeitslosen-Geschichte «Die Abfahrer»
  • Drehte mit «Jede Menge Kohle» von 1981 den ersten deutschen Film in Dolby Stereo
  • Gewann für diverse seiner Filme angesehene Auszeichnungen, wie den Deutschen Filmpreis für den Hackerfilm «Peng! Du bist tot!» (Kategorie: Bester Film) und für «Nordkurve» (Kategorie: Beste Regie) oder den Adolf-Grimme-Preis (für «Der letzte Kurier»)
  • Sorgte 2007 mit dem Fernseh-Zweiteiler «Contergan» für Aufsehen
Ich habe die in «Junges Licht» geschilderte Zeit nicht selber miterlebt. Ich kenne sie natürlich aus Erzählungen – sowohl von jenen, die diese Zeit verklären, als auch von reflektierenden Personen. Meine Mutter sprach von den frühen 60ern im Kohlebau-Gebiet als simple, rückblickend in allen gesellschaftspolitischen Belangen erschreckende Zeit, von der wir uns schleichend, aber berechtigt distanzieren. Ich kam nicht umhin, Ihren Film aus genau dieser Perspektive zu betrachten. Können Sie mit dieser Lesart konform gehen?
Klar! Das, was mich im Nachhinein an dieser Zeit am meisten fasziniert, ist, dass gerade einmal etwas mehr als 50 Jahre vergangen sind, und sich die Welt seither so stark verändert hat. Ich frage mich, was wohl alles in den nächsten 50 Jahren passieren wird! Und Sie gehören also zur Generation von Till und Nils Beckmann, meinen beiden Ko-Autoren … Die waren es, die mich überhaupt dazu gebracht haben, diesen Film zu machen. Sie meinten, sie würden nun, mit ihren 30 Jahren, gerne wissen, wie das damals so wahr. (lacht)

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit den Beckmann-Brüdern?
Die beiden Jungs sind auf mich zugekommen. Sie haben mir einen Brief geschrieben, einen richtigen Brief auf Papier, was man heute ja eigentlich kaum noch macht. Darin haben sie mir erzählt, dass sie mehr über die Zeit wissen wollen. Dann habe ich sie eingeladen und wir haben uns zusammengesetzt. Da meinten sie, dass sie glühende Verehrer von Ralf Rothmanns Roman sind. Den habe ich natürlich sofort gelesen und dabei festgestellt, dass mir das alles sehr vertraut ist, was darin beschrieben wird. Deshalb meinte ich zu den Jungs, dass ich die Verfilmung übernehmen könnte. Denn wenn man sich einer Geschichte annimmt, muss man ja schon wenigstens etwas von ihr verstehen, um sich in die Figuren hineinversetzen zu können.

Wenn ich an ein solches Projekt herantrete, dann weiß ich, dass es eine literarische Vorlage gibt, die mit literarischen Bildern arbeitet. Das ist ja alles ganz schön, gerade bei «Junges Licht» war das ein wahres Fundstück. Ich muss aber filmische Bilder dafür finden, und deswegen kann ich mich nicht wortwörtlich an das Buch halten.
Adolf Winkelmann über Romanadaptionen
In diesem Fall bedeutete das auch, dass Sie in der Adaption mehrmals stark vom Buch abweichen. Hatten Sie die Befürchtung, dass dies bei Kennern des Romans schlecht ankommt?
Nein, die Angst hatte ich nicht. Wenn ich an ein solches Projekt herantrete, dann weiß ich, dass es eine literarische Vorlage gibt, die mit literarischen Bildern arbeitet. Das ist ja alles ganz schön, gerade bei diesem Buch war das ein wahres Fundstück. Ich muss aber filmische Bilder dafür finden, und deswegen kann ich mich nicht wortwörtlich an das Buch halten. Hinzu kommt, dass Rothmann eine Ich-Erzählung geschrieben hat. Also musste ich auch eine Ich-Erzählung daraus machen, und wenn ich eine Ich-Erzählung mache, dann geht es auch um mich. Dann bin ich dieser Junge, aus dessen Sicht die Handlung erzählt wird. Nur so kann ich das inszenieren. Was trotzdem ein ganz wichtiger Moment für mich war, war der, als ich Ralf Rothmann den Film vorgeführt habe. Da hatte ich es ja mit wem zu tun, der am allerbesten feststellen kann, ob das was mit seinem Buch zu tun hat. Und er meinte, er sei jede Minute des Films über glücklich gewesen und hätte sehr vieles wiedererkannt. Natürlich nicht 1:1, aber das liegt daran, dass man keine 1:1-Übertragung machen kann.

Der Weg, bis Sie Rothmann den Film zeigen konnten, war ja ein langer …
Es hat drei Jahre gedauert, das Projekt auf die Beine zu stellen. Wenn man wie ich im Ruhrgebiet Filme macht, ist das nicht so einfach wie in München oder Berlin. In den Filmförderungsanstalten sitzen noch immer Leute, die denken, dass wir Ruhrgebietsmenschen sowas nicht können, und nur in rußigen Pfützen spielen. Es ist daher sehr schwer für uns, einen Film zu verwirklichen, das dauert dann alles. Aber zum Glück haben wir die Film- und Medienstiftung NRW und den WDR, die sich sehr dafür engagieren, dass wir eine Chance haben.

Wenn man wie ich im Ruhrgebiet Filme macht, ist das nicht so einfach wie in München oder Berlin. In den Filmförderungsanstalten sitzen noch immer Leute, die denken, dass wir Ruhrgebietsmenschen sowas nicht können, und nur in rußigen Pfützen spielen.
Adolf Winkelmann
Sie sagen also, dass die Filmförderung Vorurteile gegenüber dem Ruhrpott hat?
Nicht nur die Filmförderung, sondern die ganze Republik. Wir sind die größte Stadt Europas, wir haben über fünf Millionen Einwohner. Wir sollten eigentlich was gelten, und wenn man sich das Ruhrgebiet objektiv anschaut, hat es eine interessante Geschichte. Stattdessen sind wir nur die, die 150 Jahre lang die Kohle aus der Erde geschaufelt haben, und für die interessiert sich keiner. Deswegen sage ich auch ganz offen, dass dies ein Heimatfilm für genau diese Region ist.

Interessanterweise stecken unter anderem der WDR und arte hinter Ihrem Film, die neulich schon mit «Victoria» einen Film verwirklicht haben, der das Lebensgefühl Berlins einfing. Somit ist auch er ein ungewöhnlicher Heimatfilm nördlich von Bayern. Das zeugt von Experimentierfreude beim WDR – andererseits sprechen sich immer wieder Kinomacher gegen den Einfluss der TV-Förderer aus …
Ich zumindest habe mit den Leuten bei WDR ein langes, produktives Arbeitsverhältnis. Mit Gebhard Henke [Leiter des Programmbereichs, Anm. d. Red.] und Barbara Buhl [Leiterin der Programmgruppe Fernsehfilm, Anm. d. Red.] arbeite ich praktisch schon ein Leben lang zusammen und fast alle meine Filme entstanden unter Beteiligung des WDRs. Ich spüre da ein beidseitiges Vertrauensverhältnis. Ich merke, dass die Leute vom WDR es sich genauer angucken, wenn ich ihnen eine Idee vorschlage, weil sie mir zutrauen, dass ich weiß, was ich da mache.

Ich hatte bei keinem meiner Projekte das Gefühl, dass mich der Fernsehsender einengt. Ich habe immer nur mit guten Dramaturgen und guten Redakteuren zusammengearbeitet, deren einziger Wunsch es war, dass der Film gut wird. «Junges Licht» zum Beispiel ist stellenweise in Schwarz-Weiß – und das widerspricht den ARD-Richtlinien. Doch Gebhard Henke und Barbara Buhl haben keinen Einspruch eingelegt.
Adolf Winkelmann
Sie würden also nicht zustimmen, dass die Förderung durch Fernsehsender Einfluss auf Kinoproduktionen hat?
Doch, es stimmt, dass die Fernsehsender Einfluss nehmen. Das gilt aber nicht für meine Arbeiten. (lacht) Weshalb es nie dazu kam, weiß ich selber nicht. Aber ich hatte bei keinem meiner Projekte das Gefühl, dass mich der Fernsehsender einengt. Ich habe immer nur mit guten Dramaturgen und guten Redakteuren zusammengearbeitet, deren einziger Wunsch es war, dass der Film gut wird. «Junges Licht» zum Beispiel ist stellenweise in Schwarz-Weiß – und das widerspricht eigentlich den ARD-Richtlinien. Doch Gebhard Henke und Barbara Buhl haben keinen einzigen Einspruch eingelegt, dass etwas verändert werden muss. Sie haben gesagt, dass der Film so gehört und dass auch die Formatwechsel und der Wechsel zwischen Farbe und Schwarz-Weiß berechtigt ist.

Auf der nächsten Seite: Adolf Winkelmann erklärt die ungewöhnlichen Formatwechsel und seinen Umgang mit Farbe und Schwarz-Weiß in «Junges Licht».

Wenn ich heute den Fernseher an mache und ein Historienfilm läuft, dann sehe ich immer diese hässliche Farben, diese matschig-braunen Sepiatöne. Anscheinend ist das der Weg, um es historisch aussehen zu lassen. Meine Erinnerung an die frühen 60er-Jahre ist dagegen in Schwarz-Weiß.
Adolf Winkelmann
Wann haben Sie die jeweiligen Formatwechsel festgelegt? Wurden die Szenen entsprechend gedreht, entstand alles in der Post-Produktion?
Darüber haben mein Kameramann, David Slama, und ich, von Anfang an nachgedacht. Wir haben uns mit dieser Frage sehr gequält. Wenn ich heute den Fernseher an mache und ein Historienfilm läuft, dann sehe ich immer diese hässliche Farben, diese matschig-braunen Sepiatöne. Anscheinend ist das der Weg, um es historisch aussehen zu lassen. Meine Erinnerung an die frühen 60er-Jahre ist dagegen in Schwarz-Weiß. Die Zeit war einfach Schwarz-Weiß für mich. Erst Mitte der 60er, als das Farbfernsehen aufkam, änderte sich das. Daher stellte sich mir überhaupt die Frage, ob der Film auf Farbe verzichten sollte. Andererseits ist Farbe ein wichtiges Gestaltungsmittel. Daher haben wir beschlossen, ihn durchweg wie einen Schwarz-Weiß-Film zu beleuchten, uns aber immer offen zu lassen, Stellen des Films in Farbe zu zeigen.

Weshalb haben Sie beschlossen, die Entscheidung komplett auf die Post-Produktion zu vertagen, statt bereits vorab festzulegen, was in Farbe, Schwarz-Weiß, in Breitbild oder 4:3 gezeigt wird und beim Dreh entsprechend vorzuplanen?
Wir arbeiten heute mit einem völlig anderen Medium als zu Analogzeiten. Der digitale Film hat nicht mehr viel mit dem analogen Film gemeinsam, genauso wie die digitale Fotografie eine ganz andere ist als die analoge. Ein dokumentarisches, analoges Foto von früher, das war so, wie es nun einmal war. Es hatte einen Bezug zur Realität. Bei einem digitalen Foto gibt es, für mich, diesen Bezug nicht mehr, weil ich weiß, dass jedes einzelne Bestandteil des Bildes bearbeitet werden kann. Für die Arbeit im Film bedeutet der Wechsel von analog zu digital: Früher habe ich bei Kodak angerufen, und eine bestimmte Nummer an Schwarz-Weiß-Filmrollen bestellt, wenn ich einen Schwarz-Weiß-Film drehen wollte. Und wenn ich einen Farbfilm drehen wollte, musste ich nun einmal die benötigte Menge an Material dafür bestellen. Diese Entscheidung stand ganz am Anfang der Produktion. Das gibt es nicht mehr. Wir haben nun alle denkbaren Möglichkeiten, Farbe oder Schwarz-Weiß
Wir haben nun alle denkbaren Möglichkeiten, Farbe oder Schwarz-Weiß einzusetzen und uns auch erst im Nachhinein darüber Gedanken zu machen. Für mich ist dieser Umgang mit Farbe oder Schwarz-Weiß zu einer ganz alltäglichen Frage geworden, so wie auch die Frage, ob ich eine Nahaufnahme oder eine Totale mache oder wo ich im Bild die Schärfe lege.
Adolf Winkelmann
einzusetzen und uns auch erst im Nachhinein darüber Gedanken zu machen. Für mich ist dieser Umgang mit Farbe oder Schwarz-Weiß zu einer ganz alltäglichen Frage geworden, so wie auch die Frage, ob ich eine Nahaufnahme oder eine Totale mache oder wo ich im Bild die Schärfe lege.

Und auch über das Bildformat kann ich nun frei entscheiden. Früher war das Format eines Films auf der Leinwand durch schwarze Samtvorhänge begrenzt. Sie wurden festgezogen, damit das Bild eine scharfe Kante erhält, denn ein analog projiziertes Bild hatte ja keine scharfe Begrenzung, sondern war am Rand ausgefranst. Ein Formatwechsel mitten im Film hätte also bedeutet, dass die Vorhänge dauernd neu gezogen werden müssten, was für die Vorführung ein reiner Albtraum wäre. Das digitale Bild hingegen hat eine scharfe Kante, auch ohne die schwarzen Samtvorhänge.

Mit den Formatwechseln sind Sie, angesichts der gewonnenen Möglichkeiten des Digitalfilms, also genauso frei umgegangen wie mit dem Farbgebrauch …
Ich habe beim Zurückdenken an diese Zeit festgestellt, dass meine Erinnerungen durch dieses klassische Academy-Format und das 4:3 der alten Fernsehapparate begrenzt sind. Es war für mich also klar definiert: Wenn ein Bild alt aussieht, hat es mit dem Format zu tun. Diese Möglichkeit, das Bild durch formale Aspekte alt aussehen zu lassen, wollte ich vollkommen frei nutzen. Es war mir klar, dass am Anfang des Films, wenn solch ein Wechsel zum ersten Mal passiert, Cineasten und all jene, die sich nicht allein für die Geschichte, sondern für solche gestalterischen Dinge interessieren, sofort nach Bedeutung fragen werden … (lacht) Der normale Zuschauer, der bemerkt das am Anfang auch und fragt sich vielleicht kurz, weshalb das passiert, doch dann vergisst er das vollständig.

Es gibt im Film 40 Wechsel von Schwarz-Weiß zu Farbe oder umgekehrt und ungefähr genauso viele Wechsel des Formats. Das nimmt über die Dauer niemand mehr wahr. Und das gibt mir die Möglichkeit, jedes einzelne Bild zu fragen: „Wie siehst du am besten aus? Wie kann ich dich am besten präsentieren, damit das, was ich erzählen will, und damit das, was in dir zu sehen ist, am besten rüberkommt?“ Und in der Post-Produktion kann man das heutzutage ja beliebig ausprobieren, so lange, bis ich für jede Szene die richtige Entscheidung getroffen habe. Die digitale Filmtechnik gibt mir diese vielen Optionen und ich denke, die Zuschauer werden lernen, damit umzugehen. Es kommt ja auch immer häufiger in Filmen vor, dass mit dem Bildausschnitt gespielt wird. Bei «Grand Budapest Hotel» etwa gibt es auch diverse Formatwechsel …

Ich hatte zum Beispiel häufig das Gefühl, dass die Farbe eine überflüssige Information ist und ich viel näher an den Kern der Szene gelange, wenn ich sie weglasse. Andere Male hatte ich dagegen das Gefühl, dass ich die Farbe brauche, etwa, wenn sich Julian zu Beginn des Films in die Faust schneidet. Wenn ich die Möglichkeit habe, das Blut rot zu zeigen, dann will ich es auch rot zeigen. Es gibt also immer ganz objektive Gründe, weshalb ich es mal so gemacht habe und mal so
Adolf Winkelmann über den Umgang mit Farbe in «Junges Licht»
Wobei dieser Film den Seitenverhältnissen eine strenge Logik zuordnet – dort sind die Erzählebenen durch das Format getrennt. Sie haben die formalen Wechsel nach rein ästhetischen Punkten getroffen ..?
Richtig. Ich hatte zum Beispiel häufig das Gefühl, dass die Farbe eine überflüssige Information ist und ich viel näher an den Kern der Szene gelange, wenn ich sie weglasse. Andere Male hatte ich dagegen das Gefühl, dass ich die Farbe brauche, etwa, wenn sich Julian zu Beginn des Films in die Faust schneidet. Wenn ich die Möglichkeit habe, das Blut rot zu zeigen, dann will ich es auch rot zeigen. Es gibt also immer ganz objektive Gründe, weshalb ich es mal so gemacht habe und mal so. Da aber nach einer übergeordneten, rationalen Logik zu suchen, ist einfach falsch. Ich kann aber verstehen, dass manche Menschen das tun, wenn ihnen so etwas beim Film zum ersten Mal begegnet. Allerdings ist das bei allen filmischen Gestaltungsmitteln in der Geschichte so gewesen. Als man erstmals anfing, Menschen nicht mehr nur von Kopf bis Fuß zu fotografieren, wurde auch nach Bedeutung gesucht. Auch eine Auf- und Abblende hatte im Film früher eine festgelegte Bedeutung: Es bedeutete, dass zwischen zwei Szenen viel Zeit vergangen ist. Das ist heute aber nicht mehr so, wir können mittlerweile frei mit diesem Stilmittel umgehen.

Und um auf meine anfängliche These zurückzukommen, «Junges Licht» sei eine sehr kritisch reflektierende Auseinandersetzung mit der damaligen Zeit: Auch wenn Sie mit dem engen Bildformat und Schwarz-Weiß stellenweise vermeintlich romantisieren, gibt es eine kritische Distanz zum Gezeigten. Das ist ein Versuch, der natürlich auch schief gehen kann, so dass manche Zuschauer nicht bemerken, dass das Gezeigte nicht als schön zu erachten ist. Wie haben Sie versucht, diese Diskrepanz zwischen Gezeigtem und rückblickendem Einschätzen zu skizzieren?
Ich habe es über die Musik versucht. Gerade an heftigen Stellen, etwa wenn der Vater mit dem gefrorenen Spinat herumhantiert und ihn letztlich entnervt in die Spüle schmeißt, während die Mutter völlig verzweifelt dasitzt und nach der schweren Auseinandersetzung die Zigarettenkippen wieder aufsammelt. Da sollte die Musik ausdrücken: „Das ist gar nicht so schlimm. Keine Sorge! Das Familienidyll geht weiter!“ Das war nämlich die Stimmung, die wir damals in solchen Situationen empfunden haben. Wir dachten, das sei vielleicht eine kleine Aufregung, aber ganz harmlos. Unsere Eltern waren damals damit beschäftigt, das Wirtschaftswunder zu kreieren. Deshalb wurde vieles unter den Teppich gekehrt, über viele Probleme wurde gar nicht geredet. Diese Generation war durch Sprachlosigkeit gekennzeichnet, aber in ihren Augen hatte es etwas Positives: „Wir bauen ein zerstörtes Land wieder auf!“

Herzlichen Dank für das Gespräch!
«Junges Licht» ist in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen. Unsere Kritik zum Film finden Sie hier.
18.05.2016 15:03 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/85647