«Fahndung Deutschland»: Von Hoffnungen und Rückschlägen

Die erste Sendewoche des täglichen Live-Fahndungsformats ließ Sat.1 an einigen Stellen durchaus auf bessere Zeiten am ungeliebten Vorabend-Slot hoffen. Doch noch kann man keine Entwarnung geben.

Sat.1-Historie um 19 Uhr (Mo-Fr)

  • bis Jun 13: «K 11»
  • Jun 13 - Feb 15: «Navy CIS»
  • Feb 15 - Jul 15: «Newtopia»
  • Jul 15 - Sep 15: «In Gefahr»
  • Sep 15 (2 Wochen): «Mila»
  • Sep 15 - Apr 16: «In Gefahr»
  • Apr 16 - Mai 16: «Einsatz in Köln»
Dass bei großen deutschen Privatsender in der Daytime gerne mal ermittelt wird: Seit Jahren schon ist diese Programmfarbe gefühlt omnipräsent, was in aller Regel bedeutete, dass Laiendarsteller versuchten, die mäßigen Drehbücher mäßiger Autoren so akzeptabel runterzuspielen, dass sich wenigstens bei einem eher breiten Verständnis des Wortes noch von "Schauspiel" die Rede sein konnte - wobei es viele Trash-Fans besonders feierten, wenn die Drehbücher besonders desolat und das Schauspiel besonders hölzern wirkte. Nun aber versucht sich Sat.1 zunächst fünf Wochen lang an einem wahrlich ambitionierten Projekt auf dem chronisch erfolglosen 19-Uhr-Sendeplatz: Einer täglichen Live-Sendung namens «Fahndung Deutschland», die im Bestfall ähnlich wie «Aktenzeichen XY» sogar bei der Verbrechensbekämpfung helfen kann - und im schlechtesten Fall qualitativ gewiss nicht gegenüber den restlichen Daytime-Angeboten des Bällchensenders abfällt. Aus Sicht der Einschaltquoten bekamen die Programmplaner in den ersten Tagen durchaus schon einige positive Signale gesendet.

So startete das Format am Montag mit durchschnittlich 1,22 Millionen Fernsehenden und 6,0 Prozent Marktanteil. Kein wirklich guter Wert, wenn man bedenkt, dass Sat.1 durchschnittlich eher auf siebeneinhalb Prozent zu verweisen hat, aber zumindest wurden die in aller Regel verbuchten Zahlen von «Einsatz in Köln» überboten. In der besonders wichtigen werberelevanten Zielgruppe lässt sich das "in aller Regel" sogar tilgen, denn hier kam mit 8,5 Prozent bei 0,51 Millionen auf Anhieb ein besserer Wert zustande, als der jüngste Testlauf zu dieser Zeit generierte. Da waren nämlich schon 8,4 Prozent des Zahlenjongleurs größtes Glück. Allzu fern war man dem Senderschnitt von zuletzt knapp neun Prozent nicht.

Am Dienstag folgte jedoch insbesondere beim Zielpublikum ein deutlicher Rückschlag, denn statt nach dm hoffnungsvollen Auftakt den Weg Richtung Zweistelligkeit zu beschreiten, fiel man auf nur noch 7,4 Prozent bei 0,46 Millionen Menschen zurück. Beim Gesamtpublikum waren die Verluste überschaubarer, doch mit 1,19 Millionen sowie 5,5 Prozent war der Senderschnitt hier schon recht weit entfernt. An Tag drei verlief die weitere Entwicklung dann ambivalent: Insgesamt gingen die Werte mit nur noch 1,10 Millionen und 5,4 Prozent tendenziell noch ein bisschen weiter zurück, während bei den 14- bis 49-Jährigen mit 9,0 Prozent und 0,55 Millionen ein klarer Sprung nach oben zu erkennen war - und erstmals seit gefühlten Ewigkeiten der Senderschnitt erreicht wurde.

Die Donnerstagsfolge konnte dieses Niveau nicht bestätigen und fiel erneut auf eher mäßige 7,7 Prozent bei 0,50 Millionen werberelevante Zuschauer zurück. Insgesamt stieg zwar erstmals die Reichweite wieder leicht auf 1,15 Millionen, der damit verbundene Marktanteil setzte jedoch die minimale Abwärtstendenz der Vorwochen fort und bezifferte sich nur noch auf 5,3 Prozent. Dramatisch waren einmal mehr die Verluste gegenüber dem direkten Vorprogramm, das noch auf starke 8,5 Prozent aller und 12,5 Prozent der jüngeren Konsumenten bei 1,41 Millionen gekommen war. Zum Ende der Woche unterstrich man dann aber doch nochmal seine Ambitionen, den Sender aus der Ergebniskrise zu führen: Bei Allen wurden die Bestwerte vom Montag mit 1,22 Millionen und 6,0 Prozent reproduziert, in der Zielgruppe stand mit 9,1 Prozent bei 0,53 Millionen sogar knapp ein neuer Rekord-Marktanteil zu Buche.

«Fahndung Deutschland»: Wie ist ihr Eindruck nach einer Woche?
Sehr positiv, eine wahre Wohltat im Sat.1-Programm.
48,3%
Durchaus ordentlich, gefällt mir zumindest besser als das sonstige Angebot.
24,4%
Geht so. Einen echten Forschritt sehe ich nicht, aber die Sendung ist akzeptabel.
8,5%
Furchtbare Sendung, da gefiel mir «Einsatz in Köln» zuvor doch besser.
6,2%
Habe es (noch) nicht gesehen.
12,6%


Alles in allem ist «Fahndung Deutschland» also noch ein gutes Stück davon entfernt, ein wirklicher Publikumshit zu werden, aber erste Anzeichen sind zu erkennen, dass Sat.1 um 19 Uhr eine bessere Zukunft bevorstehen könnte. «Einsatz in Köln» jedenfalls erreichte zuletzt im Durchschnitt nur 5,1 Prozent aller und 6,9 Prozent der jüngeren Konsumenten - ein Niveau, das von der neuen Live-Sendung bislang konsequent überboten wurde. Weiterhin eher dünn lesen sich die Werte jedoch im direkten Vergleich zu den zuvor ausgestrahlten Scripted Realitys, also in erster Linie «Auf Streife», woraus das Nachmittagsprogramm derzeit zu einem Großteil besteht.

So erreichten beispielsweise «Die Spezialisten» im direkten Vorprogramm um 18 Uhr stets weit überdurchschnittliche Zahlen, am Mittwoch standen sogar großartige 13,9 Prozent auf dem Papier - was die hübschen 9,0 Prozent im Anschluss ein wenig relativiert. Als Erfolg kann nach wie vor auch der Berliner Ableger von «Auf Streife» tituliert werden, der um 16 Uhr ebenfalls verlässlich auf relativ deutlich zweistellige Zielgruppen-Zahlen gelangt. Verglichen damit ist also auf dem vermeintlich attraktivsten Slot vor 20 Uhr auch weiterhin noch ein gewisses Attraktivitätsdefizit zu beklagen, doch gegenüber den beinahe durchweg desolaten Zahlen von «In Gefahr»-Reruns noch vor einigen Wochen zeigt der Pfeil mittlerweile schüchtern, aber doch mit zunehmendem Nachdruck nach oben.
14.05.2016 15:00 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/85542