Die Kritiker: «From Dusk Till Dawn»

Ist es ein gutes Zeichen, dass der Regisseur des Originals auch die Serienadaption selbst betreut? Antje Wessels hat «From Dusk Till Dawn» gesehen und weißt die Antwort.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
D.J. Cotrona als Seth Gecko
Zane Holtz als Richie Gecko
Don Johnson als Earl McGraw
Robert Patrick als Jacob Fuller
Eiza González als Santánico Pandemonium
Jesse Garcia als Freddie Gonzalez
Madison Davenport als Kate Fuller

Hinter der Kamera:
Creator: Robert Rodriguez
Regie: u.a. Robert Rodriguez, Fede Alvarez, Dwight H. Little, Joe Menendez
Kamera: Eduardo Enrique Mayén, Jimmy Lindsey, Armando Salas, Michael Bonvillain
Produzenten: W. Mark McNair, Ron Schmidt, Nigel Sinclair
„Der Film war die Kurzgeschichte. Die Serie ist der Roman.“ – Das sind die Worte, die Kultregisseur Robert Rodriguez zu seinem neuen TV-Format «From Dusk Till Dawn» verlauten ließ. Und so kultverdächtig wie der Film könnte nun tatsächlich auch die Serie werden. Es spricht schon Bände, dass auch für die serielle Ausarbeitung des weltweit verehrten Vampirhorrorfilms Rodriguez himself verantwortlich zeichnet. Wie oft kommt es schon vor, dass für zwei verschiedene Interpretationen ein und desselben Stoffes derselbe Inszenator zuständig ist? Insofern muss hinter der Idee, die Geschichte um zwei Brüder, die nach einem Bankraub Zuflucht in einem Club suchen, der sich später als Unterschlupf für fangzähnige Knoblauchhasser herausstellt, im Rahmen einer ausführlichen Fernsehserie aufzubereiten, schon Einiges an Potenzial stecken. Und wie sehr man den Nagel im Falle von «From Dusk Till Dawn» damit auf den Kopf trifft, legt allein schon die Pilotepisode „Wie alles begann“ früh offen. Liebhaber der kinematografischen Vorlage wissen nämlich eigentlich ganz genau, was wann wie und warum passiert. Und doch ist es fast unmöglich, sich bei der Fernsehvariante der Geschichte zu langweilen. Wie Robert Rodriguez es schon sagte: Das hier ist der Roman – und Romane wollen aufmerksam von Anfang bis Ende gelesen werden. Doch führen wir uns erst einmal in Erinnerung, wie das noch genau war, mit den Brüdern Seth und Richie…

Seth und Richie Gecko


Die Brüder Seth (D.J. Cotrona) und Richard „Richie“ Gecko (Zane Holtz) werden nach einem Bankraub vom FBI und den texanischen Rangern Earl McGraw (Don Johnson) und Freddie Gonzales (Jessie Garcia) gesucht. Während ihrer Flucht nach Mexiko begegnen Seth und Richie dem früheren Pastor Jacob Fuller (Robert Patrick) und seiner Familie, die sie als Geiseln nehmen. Mit dem Wohnmobil der Familie wollen sie unbemerkt die Grenze überqueren. Als sie einen Abstecher in den Strip Club "Titty Twister" machen, bricht Chaos aus. Der Strip Club ist von Vampiren besiedelt und sie sind gezwungen bis zur Dämmerung zu kämpfen um wieder lebend aus dem Club zukommen.

Eines ist sicher: Wer sich vom Kurzgeschichte-Roman-Vergleich abschrecken lässt, weil er befürchtet, im Rahmen einer lang gezogenen Serie würde die Würze innerhalb des Mann-kämpft-gegen-Vampir-Konflikts verloren gehen, der irrt zumindest im Falle von «From Dusk Till Dawn» gewaltig. Es ist nicht nur die Erzählweise aus Rückblenden und linearem Voranschreiten, durch welche schon die erste halbe Stunde der Serie einen hervorragenden, da äußerst kurzweiligen Einstieg in die Handlung bietet. Dadurch, dass man sich dazu entschloss, die bekannte Geschichte nochmal als Serie zu inszenieren, haben Robert Rodriguez und seine Kollegen viel mehr Möglichkeiten, sich mit den Figuren auseinanderzusetzen. Was im Film nur angedeutet wird, erhält im TV-Format ausführliche Betrachtung. Wer sind die beiden Brüder? Was treibt sie an? Was macht sie so gefährlich und was steckt hinter Richards unheimlichen Visionen? D.J. Cotrona («G.I. Joe – Die Abrechnung») und Zane Holtz («Vielleicht lieber morgen») verlassen sich bei ihrer Performance nicht auf das Terrain, das bereits von ihren filmischen Vorgängern George Clooney und Quentin Tarantino abgegrast wurde. Ihre Interpretation ist (zwangsläufig, da viel mehr Zeit mit einer Auseinandersetzung mit den Figuren verbracht werden kann) feiner, detaillierter und dadurch ungemein subtiler. Gewiss: Auch seriell ist «From Dusk Till Dawn» kein Charakterkino. Zur reinen Vampiraction verkommt das Format dann aber doch nicht.

Blutig, böse, komisch


Was die beiden verschiedenen Formate – Film und Serie – dann aber doch gemeinsam haben, ist ein zu Recht mit einer FSK-Freigabe ab 18 belegter Umgang mit körperlicher Gewalt. Ähnlich des Leinwandvorbildes geht es auch in der Serie recht flott zur Sache. Einige ikonische Szenen wie die durchschossene Handfläche eines der Gecko-Brüder wurden gar 1:1 übernommen. Trotzdem macht «From Dusk Till Dawn» 2015 alles in allem einen wesentlich hochwertiger produzierten Eindruck. Der kultig-schäbige Trashlook des Originals geht der Serienadaption vollends ab. Wie sehr das die Fans des Filmes stört, ist an dieser Stelle wohl Geschmackssache. Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass es bei einer Neuausrichtung wohl kaum umgänglich war, den technischen Zeitgeist von heute unberücksichtigt zu lassen. «From Dusk Till Dawn» ist für ein TV-Format von heute immer noch erstaunlich dreckig, lässt dabei aber einiges an Authentizität vermissen. Das macht die Serie dafür auf anderer Ebene wieder wett. Die Rede ist von der Interaktion der Gecko-Brüder, die sich auch in der deutschen Synchronfassung noch erstaunlich nah am Original befindet. Die flotten Sprüche und wüsten Beschimpfungen, die Seth und Ritchie vom Stapel lassen, funktionieren sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch hervorragend. Rodriguez macht keine Gefangenen und lässt jeden in «From Dusk Till Dawn» so unverblümt fluchen, wie man es sich mit einem R-Rating in den USA eben erlauben kann. Das gefällt und verleiht der Serie viel von dem kodderschnäuzigen, aber auch schwarzhumorigen Flair des Originals.

Fazit


Es wird geflucht, geschossen, geblutet und gefressen: «From Dusk Till Dawn» ist so brutal und uneitel wie das filmische Original, hat sich inszenatorisch aber dem heutigen Produktionsstandard angepasst. Durch die genauere Auseinandersetzung mit den Figuren erfahren wir Dinge, die wir so bisher nicht wussten. Insofern lohnt sich das Format auch (oder gerade) für jene, die Fans des Films sind. Robert Rodriguez wusste ganz genau, weshalb sich dieser auch für eine Serie eignet.

Pay-TV-Sender RTL Crime zeigt «From Dusk Till Dawn» ab dem 4. Mai jeden Mittwoch um 20:15 Uhr. Einige der Episoden in der gekürzten Fassung.
03.05.2016 16:30 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/85327