Robin Williams, Tony Shalhoub und Co.: Die Flop-Parade der Stars

Ungewöhnlich viele prominente Schauspieler floppen mit ihren neuen Serien, darunter Sarah Michelle Gellar, Michael J. Fox, Tony Shalhoub und Marg Helgenberger. Über die Bedeutungslosigkeit großer Namen und das Gewicht guter Storys…

Serienflops 2013/14 mit Starpower

  • The Crazy Ones (Robin Williams, Sarah Michelle Gellar)
  • The Michael J. Fox Show (Michael J. Fox)
  • Dads (Seth Green)
  • We Are Men (Tony Shalhoub)
  • Sean Saves The World (Sean Hayes)
  • Crisis (Gillian Anderson, Rachael Taylor)
  • Intelligence (Marg Helgenberger, Josh Holloway)
  • Ironside (Blair Underwood)
  • Kirstie (Kirstie Alley)
  • Mind Games (Christian Slater)
Eine karrierefixierte Sarah Michelle Gellar, ein exzentrischer Robin Williams, eine Werbeagentur und viel Platz für verrückte Dialoge: «The Crazy Ones» hörte sich auf dem Papier an wie ein sicherer Hit, wie ein Format, das Starpower im Fernsehen mit einem amüsanten Konzept verbindet. Gleiches gilt für «The Michael J. Fox Show»: Es sollte die pompöse Bildschirm-Rückkehr eines Hollywood-Stars werden, der aufgrund seiner Parkinson-Erkrankung seit 2006 keine Kinofilme mehr gedreht und im Fernsehen lediglich Gastauftritte hatte. Die Krankheit selbst sollte in der autobiographisch angehauchten Serie thematisiert werden – eine auf dem Papier hochinteressante und mutige Idee. Doch die Quoten seiner Sitcom-Rückkehr sind mittlerweile verheerend.

Gellar, Williams und Fox sind nur die prominentesten Vertreter einer Welle an Stars, die in dieser US-Season mit ihren Serien eine besonders hohe Flop-Dichte aufweisen. Und dazu eine besonders niedrige Halbwertszeit: Fast alle Formate, darunter «The Crazy Ones» und «The Michael J. Fox Show», werden vermutlich alle nach nur einer Staffel eingestellt – in der Vergangenheit hat die Starpower oft zumindest für so lange starke Quoten gesorgt, dass eine zweite Staffel bestellt wurde. Beispiele dafür sind im aktuellen US-Fernsehen «Nashville» (Connie Britton, Hayden Panettiere) und «Beauty And The Beast» (Kristin Kreuk), von denen letzteres auch bereits eingestellt wurde und ersteres für neue Folgen hart kämpfen muss.

Warum aber stürzten Williams und Gellar nach wenigen Monaten von 15 auf 5 Millionen Zuschauer? Warum verlor Michael J. Fox sogar mehr als zwei Drittel seiner Startquoten? Wie kommt es, dass Shows mit Stars aus der zweiten Reihe ebenfalls überproportional stark floppen? Aktuellstes Beispiel dafür ist «Intelligence», das mit Marg Helgenberger und Josh Holloway zwei der erfolgreichsten TV-Schauspieler des vergangenen Jahrzehnts bereithält – und beim werberelevanten Publikum zuletzt indiskutabel schlechte drei Prozent Marktanteil einfuhr. Weitere Vertreter der Promi-Flops sind «Sean Saves The World» mit Sitcom-Größe Sean Hayes (bereits eingestellt; Foto), «We Are Men» mit «Monk»-Legende Tony Shalhoub (nach zwei Episoden abgesetzt), «Dads» mit Seth Green (wahrscheinlich keine zweite Staffel) und jüngst «Crisis» mit Rachael Taylor und Gillian Anderson, dessen Quoten weit hinter den Erwartungen zurückbleiben. Wo also liegen die Gründe für die Flop-Parade der Stars?

Die besten Serien unserer Zeit, auch und gerade im Kabel- und Pay-TV, sind oft genug jene, die ohne Hollywoodörßen auskommen. «Die Sopranos» waren als erster Quality-Vertreter im neuen, sogenannten goldenen Zeitalter des Serienfernsehens auch genau deshalb so mitreißend und immersiv, weil sie weitgehend unbekannte Gesichter zu den Hauptdarstellern machten. Dies ist ein nicht zu unterschätzendes Element episch angelegter Qualitätsserien, die den Zuschauer emotional berühren sollen und einen Fokus auf die Story – und nicht den Star – legen wollen. Der Star würde hier nur ablenken. Exemplarisch gesprochen: Bei den «Sopranos» sieht man die Figur Tony Soprano als Tony Soprano; bei «The Crazy Ones» dagegen sieht man die Figur Simon Roberts als Robin Williams. Ausnahmen dieser Regel gibt es, wie erst jüngst beim sensationellen «True Detective». Doch umso mehr Starpower, desto besser müssen die Schauspieler – und Drehbücher – sein, um den Fokus auf die Story zu legen.

Das Problem der meisten Star-Serien ist jedoch, dass die Produzenten genau umgekehrt verfahren: Große Schauspieler werden groß beworben, und es werden ihnen Rollen angeboten, die auf sie zugeschnitten sind – in «The Crazy Ones» spielt Robin Williams denselben wilden Exzentriker, den das Publikum schon seit den 90er Jahren im Kino satt hat. In der «Michael J. Fox Show» (Foto) und «Sean Saves The World» stehen, ganz abgesehen von den Serientiteln, autobiographische Figuren im Mittelpunkt – weniger prominente Flop-Beispiele sind dahingehend «The Michael Richards Show», «Kirstie» (Kirstie Alley) oder «The Paul Reiser Show», die alle zu riesigen Flops wurden. Ein gegensätzliches Beispiel ist auch hier «True Detective», dessen Charakter Marty Hart ursprünglich von Matthew McConaughey gespielt werden sollte – eine Figur, die der Schauspieler ähnlich schon in vielen Rollen verkörpert hatte. Daher wurde bald entschieden dass McConaughey den gegensätzlichen Rust Cohle porträtiert, um einen bewussten Bruch herzustellen. Die Rechnung ging auf. Meist liebt das Publikum den Charakter, nicht den Schauspieler dahinter: Rust Cohle, nicht Matthew McConaughey. Cosmo Kramer, nicht Michael Richards. Monk, nicht Tony Shalhoub.

Die Schauspieler von «True Detective» (Foto unten) hatten ein hervorragendes Drehbuch zur Verfügung, das mit seinen dialoglastigen ausufernden Szenen viel Zeit für Gestaltungsspielräume und tiefgründige Charakterstudien ließ. Oft aber ist bei den mit Starpower gespickten Serien das Gegenteil der Fall: Der Star senkt in vielen Fällen das Engagement für eine gute, ausführlich ausgearbeitete Story – weil viele Produzenten glauben, dass auch mittelmäßiges Fernsehen zum Einschalten ausreicht, wenn man nur berühmte Namen vorweisen kann. Anfangs funktioniert dies auch: «The Crazy Ones» startete als meistgesehene TV-Premiere im Herbst 2013 mit über 15 Millionen Zuschauern. «The Michael J. Fox Show» kam auf 7,5 Millionen Zuschauer beim Start, eine für NBC-Verhältnisse sehr hohe Reichweite. Gleiches gilt für «Intelligence», das sogar vor 17 Millionen Menschen startete.

Im Kino mag es funktionieren, dieses Geschäft mit den großen Namen: Hollywood-Größen sollen ihre Fans und den Großteil der Zuschauer möglichst schnell in die Kinosäle locken; Starpower ist hier oft das beste Argument für einen Blockbuster-Erfolg. Fernsehen aber ist kein Kino: Hier müssen Zuschauer Woche für Woche, möglichst für einen langen Zeitraum, bei Laune gehalten werden. Noch keine mittelmäßige Serie hat lange überlebt, weil sie einen Star hatte – erst recht nicht im heutigen Fernsehzeitalter, in dem es mehr Qualitätsserien als je zuvor gibt.

Insofern sind es nicht die prominenten Namen, die den Erfolg von «Modern Family» (Ed O’Neill), «The Following» (Kevin Bacon), «The Blacklist» (James Spader) oder «New Girl» (Zooey Deschanel) ausmachen – zumindest nicht mittelfristig. Sondern es sind die guten Geschichten. Getreu dem Motto: Der Star ist die Serie selbst. Immer.
06.04.2014 12:13 Uhr  •  Jan Schlüter Kurz-URL: qmde.de/69986