Die Kino-Kritiker: «Der Lieferheld»

Vince Vaughn als Vater von 533 Kindern – eine merkwürdige Vorstellung. Im US-Remake der franco-kanadischen Komödie «Starbuck» wird diese wahr.

Filmfacts: «Der Lieferheld – Unverhofft kommt oft»

  • Kinostart: 5. Dezember 2013
  • Genre: Komödie
  • Laufzeit: 105 Min.
  • FSK: 0
  • Musik: Jon Brion
  • Autor: Ken Scott
  • Regie: Ken Scott
  • Darsteller: Vince Vaughn, Chris Pratt, Cobie Smulders, Andrzej Blumenfeld, Simon Delaney, Bobby Moynihan, Dave Patten, Adam Chanler-Berat, Britt Robertson, Jack Reynor
  • OT: Delivery Man (USA 2013)
Man kann es auf die Ideenlosigkeit Hollywoods schieben. Oder aber auf die Intoleranz der amerikanischen Kinobesucher gegenüber internationalen Produktionen. Erfolgreiche Filme, die nicht in den Staaten gedreht wurden, erleben immer schneller eine Neuauflage mit US-Stars in den Hauptrollen. Das bringt den Studios in Übersee mehr als beispielsweise ein französisches Werk einfach zu synchronisieren. Es gilt der Leitsatz: Wenn der Bürger die Schauspieler nicht kennt, wird’s ein Flop. Also neudrehen.

So geschehen unter anderem bei Michael Hanekes verstörend-brutalem «Funny Games». Im Original werden Ulrich Mühe und Susanne Lothar von bösen Nachbarskindern im Urlaub gestört. Für die englischsprachige Version wurde einfach kurzerhand das Kürzel „U.S.“ an den Titel gehängt, die Hauptrollen übernahmen Tim Roth und Naomi Watts. Haneke inszenierte selbst und bestand darauf, jede Einstellung seines Originals zu übernehmen. Auch die Erfolgskomödie «Ziemlich beste Freunde» soll mit Chris Tucker und Colin Firth demnächst ein US-Remake spendiert bekommen. Und nun steht mit «Der Lieferheld» die nächste Adaption eines französischen Projekts in den Kino-Startlöchern. Mit dem gleichnamigen Lieferservice hat das Werk allerdings herzlich wenig gemeinsam.

Nur anderthalb Jahre nach «Starbuck» kommt die neue Version in die deutschen Kinos. Auf dem Regiestuhl nahm Ken Scott Platz, der damit seinen eigenen Film neuauflegt. Diesmal übernimmt Vince Vaughn («Prakti.com») den Part des Fleischermeisters David Wozniak, der im Leben nicht wirklich viel auf die Reihe bekommt. Seine Freundin Emma (Cobie Smulders aus «The Avengers») ist schwanger, möchte ihr Kind aus Angst vor Davids Versagen aber lieber alleine aufziehen. Außerdem hat ihr Freund jede Menge Schulden bei zwielichtigen Typen. Und dann flattert auch noch eine Klage ins Haus.

Vor 20 Jahren verdiente sich David mit Samenspenden etwas dazu. Blöd nur, dass die Klinik in Krisenzeiten permanent auf sein Sperma zurückgriff und der sympathische Taugenichts nun biologischer Vater von 533 Kindern ist. 142 von ihnen wollen nun wissen, wer ihr leiblicher Papa ist. David zieht seinen Freund und Anwalt Brett (Chris Pratt aus «Moneyball») zu Hilfe, bekommt aber mitten im Prozess plötzlich Gewissensbisse.

Die angenehme Frische von «Starbuck» ist natürlich hinfällig. Und der Charme ist weitgehend verflogen. Im Original wurde David von Patrick Huard verkörpert. Ein Wuschelkopf, der in den Tag hineinlebt. Ein lieber Dussel, dem man sein Pech und die Faulheit gar nicht verübeln möchte. Nun glotzt da Vince Vaughn von der Leinwand. Der Fachmann für seichte Komödien ohne Tiefgang. Ein großer, wohlgenährter Mann mit Dackelblick, den wir schon in unzähligen Hollywood-RomComs gesehen haben und der nahezu immer das gleiche spielt. So fällt seine Darbietung auch dieses Mal wenig innovativ aus. Das Teddybär-Image wird seine Fans aber vermutlich erneut fröhlich stimmen.

Scott nahm für das Remake nicht nur abermals auf dem Regiestuhl Platz, sondern schrieb auch die amerikanische Drehbuchfassung. Darin tauscht er Fußball gegen Basketball, Euro gegen Dollar und passt das Szenario entsprechend an, damit sich die US-Zuschauer auch wie zu Hause fühlen. Inhaltlich hingegen bleibt alles beim Alten, nur noch eine Ecke schnulziger. Das ist schade, machte «Starbuck» gerade mit seinem gut dosierten Kitsch und den schroffen Sprüchen Spaß. Für die Neuauflage wurden alle kleinen Kanten abgeschmirgelt und mit Zucker überzogen. Es gibt wenige Spannungen, die Handlung konzentriert sich komplett auf David und seinen Wandel vom Nichtsnutz zum Freund und Helfer. Seiner Beziehung zur hübschen Emma wird dabei noch weniger Beachtung geschenkt als im Original und macht diesen Strang deshalb nahezu überflüssig.

Für Kenner des Originals ist «Der Lieferheld» deshalb völlig unnötig und stellt für den deutschen Markt und Verleiher Constantin Film lediglich eine weitere Einnahmequelle dar. Die Anderen werden sich an einer süßen Geschichte über die wirklich wichtigen Werte im Leben erfreuen. Obwohl der Ausgang schon lange im Vorfeld klar ist, versprühen Vaughn und Co in den besseren Momenten Herzenswärme. Und da mit Weihnachten das nächste Familienfest vor der Türe steht, gerät das Finale zum emotionalen Karies: Klebrig, viel zu süß und tränenreich.

«Der Lieferheld – Unverhofft kommt oft» startet am 5. Dezember in den deutschen Kinos.
05.12.2013 11:00 Uhr  •  Janosch Leuffen Kurz-URL: qmde.de/67714