Die Kino-Kritiker: «Pacific Rim»

Meisterregisseur Guillermo del Toro möchte den Monsterfilmen seiner Kindheit Tribut zollen, setzt sich aber letztlich nur in die Niederungen eines seelenlosen Michael-Bay-Abklatsches herab.

Hinter den Kulissen

  • Regie: Guillermo del Toro
  • Drehbuch: Guillermo del Toro & Travis Beacham
  • Musik: Ramin Djawadi
  • Kamera: Guillermo Navarro
  • Schnitt: Peter Amundson & John Gilroy
Riesenmonster zerstörten auf den Kino-Leinwänden schon so häufig die Städte dieser Welt, dass man mit dem Zählen kaum mitkommt. Logisch, dass bei einer so hohen Zahl an Monsterfilmen auch einiges an Abwechslung geboten wird. Manche von ihnen nehmen sich selbst ernst, wie etwa der mit Metaphorik beladene, schaurige Ursprungs-«Godzilla» von 1954 oder Matt Reeves' beklemmender Found-Footage-Film «Cloverfield». Viele andere sind sich ihrer trashigen Grundidee bewusst und leben vom Charme ihrer Monster sowie dem Genuss an den Genreklischees – an dieser Stelle darf der geneigte Leser unter anderem einen Großteil der japanischen «Godzilla»-Sequels einsetzen. Und dann gibt es selbstredend noch die reinen Effektspektakel wie den in Deutschland so unglücklich betitelten «Frankenstein und die Monster aus dem All» von 1968 oder Roland Emmerichs von Fans der japanischen Originale verhassten Versuch eines «Godzilla»-Streifens.

Wenn sich der visionäre Kultregisseur Guillermo del Toro, unter anderem verantwortlich für die spaßig-coolen «Hellboy»-Filme und den kunstvollen «Pans Labyrinth», dem so genannten Genre der „Kaiju-Filme“ annimmt, so darf man eigentlich einen Meilenstein des Monsterfilms erwarten. Sein fast 200 Millionen Dollar teures Spektakel «Pacific Rim» sollte, so der Plan des mexikanischen Filmzauberers, die verschiedenen Spielvarianten der Kaiju-Zerstörungsorgien vereinen. Neben einer durchdachten, hintersinnigen Welt und packenden Kämpfen versprach del Toro auch, seinem Film einen vergnüglichen Charakter zu verleihen und mit ihm ein wahres Effektfeuerwerk abzufackeln. Doch ein redliches Vorhaben und ein großes Budget allein machen noch keinen guten Monster-Movie. Denn dröge Kampfsequenzen und ziellose Handlungsszenen zwischen den „Riesenroboter haut Megamonster“-Keilereien saugen jegliche Energie aus «Pacific Rim» und hinterlassen ein seelenloses Big-Budget-Ungetüm.

Die Story setzt in der nahen Zukunft an: Am Grabenbruch des Pazifik öffnet sich ein Portal, das unseren Planeten mit einer absonderlichen, von überdimensionalen Geschöpfen bevölkerten Dimension verbindet. Diese gigantischen Wesen (Kaiju genannt) ziehen um den Globus und verwüsten eine Küstenstadt nach der anderen. Da sämtliche bisherigen militärischen Mittel diesen Ungeheuern nicht gewachsen sind, schmeißen sämtliche Nationen der Erde ihr technisches Können und ihr geballtes Militärbudget zusammen, um eine Abwehrmaßnahme zu entwickeln. Schlussendlich entwickeln führende Wissenschaftler die Jäger – Roboter von biblischen Ausmaßen, die sich (von zwei Piloten gesteuert) in den Kampf gegen die Kaiju stürzen. Sieben Jahre nach Beginn des Krieges gegen die Kaiju verlieren die Staaten jedoch das Vertrauen in das Jäger-Programm, da sich immer mehr Monster im Duell gegen die riesigen Kampfanzüge durchsetzen. Stattdessen soll eine monströse Mauer, die sämtliche Küstenlinien vom Ozean abschirmt, den Kaijuattacken Einhalt gebieten. Dieser Plan stellt sich jedoch als selten dämlich heraus, weshalb Officer Stacker Pentecost (spielt sich um Kopf und Kragen: Idris Elba) die letzten verbliebenen Jäger-Piloten zusammenkratzt und für eine letzte Offensive bereitmacht …

Bis «Pacific Rim» richtig in Gang kommt, brauchen Regisseur/Autor Guillermo del Toro und sein Schreibpartner Travis Beacham einige Zeit. Nach einem durchaus bedrückenden, den Zuschauer in die Zeit nach den ersten Monsterangriffen versetzenden Prolog, folgt eine ausgedehnte Dürrephase, in der sie das Publikum mit uninspirierten Dialogen und ins Leere laufender Exposition bombardieren. Es werden mehrere Handlungsfäden aufgebaut, die entweder total vorhersehbar sind oder keine lohnenswerte Auflösung erfahren. Erst dann bahnt sich eine Art «Top Gun»-Underdogstory an, die den ausgelutschten Kern des «Pacific Rim»-Plots bildet: Wirbelwind Raleigh Becket (blass und charakterlos wie ein Stück trockener Toast: Charlie Hunnam), ein gescheiterter Jäger-Pilot, wird ins Programm zurückgerufen, macht sich mit seiner feisten Attitüde viele Feinde, rettet aber letzten Endes dank seiner steten Missachtung von Autorität den Tag.

Storyklischees sind in einem Projekt wie «Pacific Rim» unvermeidlich, doch nur wenige Hollywood-Blockbuster bieten dermaßen wenig Raum zwischen den einzelnen Klischees wie del Toros Monster-Klopperei. Statt aber durch gepflegte Selbstironie oder zügelloses Feiern seiner abgedroschenen Ideen wenigstens einen Funken von Cleverness aufzubauen, hakt «Pacific Rim» eine uninspirierte Standardsequenz nach der anderen ab. «Top Gun», «Jurassic Park», Roland Emmerichs «Godzilla» und «Independence Day», «Armageddon», «Starship Troopers», «Aliens», all diese Filme (und viele mehr) haben mindestens einen der grundlegenden Plotpunkte dieses Streifens mit mehr Selbstständigkeit und Persönlichkeit abgehandelt – nicht gerade ein Ritterschlag für del Toro und Beacham. Und wenn selbst del Toros obercooler Dauerkollaborateur Ron Perlman nach seinem stylischen Auftritt nur noch ergebnisloses Zeug brabbelt, dann ist für «Pacific Rim» inhaltlich Hopfen und Malz verloren.

Eine miese Dramaturgie und ideenlose Storybögen ließen sich verzeihen, würde del Toro dafür bei den Actionsequenzen liefern, welche das Herzstück eines Monster-Katastrophenfilms bilden. Doch der sonst so fantasievolle Regisseur reiht nach dem Prolog ein monotones Duell an das nächste. Die Kämpfe Jäger vs. Kaiju laufen stets nach dem gleichen Muster ab und spielen sich zudem fast durchweg während verregneter Nächte ab – gepaart mit den dauernden Ultra-Nahaufnahmen und der unruhigen Kamerafahrt bleibt da nicht mehr viel zum Staunen und Mitfiebern übrig. Hingegen leidet «Pacific Rim» an der «Transformers»-Krankheit: Die Kamera klebt an den Details der imposanten, computeranimierten Ungetüme und macht es so unmöglich, dem Kampfverlauf zu folgen.

Einziger Rettungsanker von «Pacific Rim» ist Rinko Kikuchi als Mako Mori. Die talentierte Japanerin spielt mit viel Engagement und natürlicher Ausstrahlung eine unerfahrene, viel versprechende Jäger-Pilotin und ist für die raren Momente an Suspense zuständig. Gleichwohl sabotieren del Toro und Beacham das Potential ihrer einzigen nennenswerten Frauenrolle, indem sie Mako erst als kluge Kämpferin aufbauen, nur um sie schließlich als schwaches Fräulein zu zeigen, das die ganze Mission gefährdet.

Insgesamt betrachtet ist «Pacific Rim» zwar die Ambition del Toros anzumerken, einen eigenen Charakter entwickelt der Film dadurch dennoch nicht. Für eine große Hommage sind die Referenzen an frühere Kaiju-Filme zu beiläufig und um ein monströses, hohles Spektakel zu veranstalten, bleibt del Toro in den spannungslosen Kampfszenen zu einfallslos. Hinzu kommen Dialoge, wie sie selbst die grausigsten 90er-Blockbuster nicht verbrochen haben, und eine inkonsistente Weltenbildung – und fertig ist der mit Abstand schwächste Eintrag in Guillermo del Toros Filmografie.

«Pacific Rim» ist ab dem 18. Juli 2013 in den deutschen Kinos zu sehen - auch in 3D!
17.07.2013 12:00 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/64977