Die Kritiker: «Fluss des Lebens - Verloren am Amazonas»

Im neuen Herzkino-Film geht das ZDF mal etwas andere Wege und setzt zum Beispiel auf eine jüngere Besetzung.

Inhalt:

Hinter den Kulissen

  • Regie: Carlo Rola
  • Drehbuch: Ulli Stephan & Michel Birbaek
  • Musik: Enis Rotthoff
  • Kamera: Frank Küpper
  • Producer: Simon Grohe
Berlin: Robert (36) fällt aus allen Wolken, als er ein Foto aus einer Mail fischt, auf dem er vage seine Frau Iris zu erkennen glaubt - Ex- Frau um genau zu sein. Denn Iris ist vor fünf Jahren irgendwo über der 'grünen Hölle' des Amazonas-Dschungels abgestürzt. Die Unglücks- stelle wurde nie gefunden. Katja (34), Roberts neue Freundin, reagiert recht gefasst, ist sich Roberts Liebe sicher und hat wenig Lust, sich von irgendeiner geisterhaften 'Eventualität' in die Beziehung pfuschen zu lassen. Auf ihren Rat hin macht er sich auf, um diese Angelegenheit aus der Welt zu schaffen.

Brasilien - am anderen Ende der Welt: Die Spur führt Robert in das Gewirr des Hafens von Belém. Und dann steht 'sie' plötzlich direkt vor ihm, hält ihn aber für einen deutschen Touristen. Vollkommen perplex schaut Robert dem auslaufenden Schiff mit dieser sonderlich verän derten Frau (36) nach und... er lächelt. Wer auch immer sie ist, seine Iris kann es nicht sein. Erleichtert meldet er sich bei Katja, wird die nächste Maschine zurück nach Hause nehmen. Aber es kommt anders. Erneut begegnet er dieser Frau, die gerade einem jungen Brasilianer in die Arme springt und lachend mit ihm im Hafengetümmel verschwindet. Dieses Lachen kennt er, kein Zweifel. Aber warum erkennt sie ihn dann nicht? Spontan entschließt sich Robert, an Bord des Schiffes zu gehen. Der Kapitän (70), den es vor über 40 Jahren aus Österreich hierher verschlagen hat, lädt ihn ein, einige Tage in seinem Haus zusammen mit seiner Familie zu verbringen, zu der auch der junge Brasilianer und dessen Freundin Yara gehören. Sofort willigt Robert ein. Über das Wasser erreichen sie Karls Haus, das an einem abgelegenen Seitenarm des Amazonas liegt und der Familie ein glückliches Zuhause bietet.

Yaras Auftauchen bedingt für Robert einen unausweichlichen Kampf zwischen zwei Leben und Lieben. Zwischen der so schmerzlich verlorenen Liebe der Vergangenheit und der neuen zu seiner Katja. Während Yara Robert mit ihrem absonderlichen Verhalten fast in den Wahnsinn treibt, scheint Marco jeden Schritt des Fremden zu verfolgen. Ahnt er bereits, was diesen Deutschen wirklich hierher geführt hat?

Darsteller:
Felix Klare («München 72 – Das Attentat») als Robert
Edita Malovcic («Zweiohrküken») als Katja
Isabell Gerschke («Strahlsund – Blutige Fährte») als Iris
Tobias Oertel («Trueville», «Bissige Hunde») als Marco
Walter Kreye («Bermuda Dreieck – Dreieck Nordsee») als Karl
Inga Busch («Zwergnase», «Ghosted», «Art Girls») als Anne
Andreas Guenther («Erste Liga», «Countdown – Die Jagd beginnt») als Bodo

Kritik:
Das ZDF Herzkino geht auf große Fahrt Richtung Brasilien. Und ganz offensichtlich wurde geklotzt und nicht gekleckert. Die Locations sind schick (Berlin) und exotisch (Brasilien), die Darsteller routiniert und bekannt, technisch wird oberstes Fernsehniveau geboten. Regisseur Carlo Rola («Krupp – Eine deutsche Familie») führt seinen Cast routiniert und sicher durch eine erfreulich... tiefgründig wäre zu viel gesagt; authentisch anmutende Geschichte. Was tun, wenn man einen verlorenen aber geliebten Menschen wieder findet? Felix Klare als Robert geht aufs Ganze und sucht den direkten Kontakt. Dass das nicht gut gehen kann, ist klar und muss auch so sein, denn wo bleibt sonst das Drama? Und mit der Wahrheit, die Robert in den brasilianischen Jungle mitbringt, verletzt er andere. Nicht zuletzt seine neue Freundin in der Heimat. Die ist zwar so mutig, ihn ziehen zu lassen (wer würde so selbstlos im wirklichen Leben handeln?), doch ahnt sie, dass dieser Schritt auch nach hinten losgehen kann.

Die Regie schafft es hier wirklich fein austariert Emotionen und Unsicherheiten rüberzubringen. Darstellerisch wird Rola von einem erfahrenen Ensembel unterstützt, dass nur in wenigen Momenten nicht überzeugen kann. Überzogen zum Beispiel die Reaktionen, als Robert vor allen (inklusive Iris und deren Lover Marco) sein wahren Gründe der Anwesenheit offenbart. Unvermittelt schlägt ihm eine Wand von Aggressivität entgegen. Und leider ist nicht alles, was Tobias Oertel als Brasilianer Marco mit heftigem Akzent von sich gibt, frei von unfreiwilliger Komik. Optisch passt das zwar, aber macht es so gar keinen Sinn einen Deutschen in dieser Rolle zu besetzen.

Leider werden aber auch sympathische Nebenfiguren wie Roberts brasilianischer Freund (der zwar kein Deutsch spricht, aber in seinen E-Mails selbiges perfekt schreiben kann) verschenkt, in dem sie nur kurz auftauchen. Doch das ist eben der Fluch von Nebenfiguren...

Die optische Umsetzung von Carlo Rola Stammkameramann Frank Küpper («Vera Brühne», «Zeugin der Toten») und dessen Oberbeleuchter Ingo Schäfer («Rote Rosen», «Die letzte Fahrt») ist nahezu makellos. Prachtvolle Panoramen, Sonnenstrahlen die sich durchs Blattwerk tasten und strahlende Sonnenaufgänge dominieren die Szenen in Brasilien. An der Location Berlin hingegen dominiert kühles Licht, was einen schönen Kontrast darstellt. Nur hin und wieder haben die Darsteller etwas zu viel Aufhellung im Gesicht. Das dürfte dem ungeübten Zuschauer jedoch kaum bis gar nicht auffallen.

«Fluss des Lebens» ist ein zeitweise dick aufgetragenes Drama um Liebe, Selbstfindung und Verzeihen. Wer sich darauf einlässt, erhält einen der anspruchsvolleren Filme der Herzkino-Reihe.

Das Zweite zeigt Fluss des Lebens am Sonntag, 21.April 2013 um 20.15 Uhr.
20.04.2013 10:10 Uhr  •  Renatus Töpke Kurz-URL: qmde.de/63313