Die Kritiker: «Lilyhammer»

Ein ehemaliges Mafia-Mitglied baut sich ein neues Leben in Norwegen auf – und belustigt so das TV-Publikum.

Inhalt

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  • Serienregisseure: Geir Henning Hopland, Simen Alsvik & Lisa Marie Gamlem
  • Serienautoren: Anne Bjørnstad & Eilif Skodvin
  • Musik: Frans Bak
  • Kamera: Johann-Fredrik Bødtker & Jakob Ingimundarson
Das Schalten und Walten in der New Yorker Unterwelt hat für Frank Tagliano ein Ende: Das Mafiamitglied sagt gegen seinen ehemaligen Boss aus und wird deshalb in einem Zeugenschutzprogramm aufgenommen. Da der sportbegeisterte Ex-Schuft den Ort aussuchen darf, an dem er sich eine neue Existenz aufbaut, entscheidet er sich für Lillehammer, den Austragungsort der Olympischen Winterspiele von 1994, die ihn schwer beeindruckten. Erst einmal dort angekommen macht Frank allerdings nicht nur das Wetter zu schaffen, auch die Sprache ist eine große Hürde – und vom „Player“ der Unterwelt zum arbeitslosen Einwanderer ist es ebenfalls ein tiefer Fall. So kommt es, dass er sich, allen Bemühungen, ein besserer Mensch zu werden, erneut in dubiose Geschäfte verwickeln lässt ...

Darsteller
Steven Van Zandt («Die Sopranos») als Frank Tagliano
Marian Saastad Ottesen («Die Kunst des negativen Denkens») als Sigrid Haugli
Trond Fausa («Wenn der Postmann gar nicht klingelt») als Torgeir Lien
Anne Krigsvoll («August Strindberg - Ein Leben zwischen Genie und Wahn») als Laila Hovland
Steinar Sagen («Schwarz & Weiß») als Roar Lien

Kritik
Mit «Lilyhammer» kommt nun endlich die Serie ins deutsche Fernsehen, mit der sich das Video-on-Demand-Portal Netflix erstmals in die ungewohnten Gewässer der Serienproduktion begab. Und gleich bei seinem Debüt als Produktionsstätte zeigt Netflix, dass man bereit ist, auf angenehme, leicht verschrobene Weise zu denken: Die Hauptrolle in dieser schwarzhumorigen, ruhig erzählten Serie übernimmt Bruce-Springsteen-Gitarrist Steven Van Zandt, den treue Mafiaserien-Zuschauer auch als schmierigen, einschüchternden Stripclubbesitzer aus «Die Sopranos» kennen. «Lilyhammer» nimmt van Zandts darauf basierendes Image und spielt vergnügt damit.

Denn sobald «Lilyhammer»-Protagonist Frank Tagliano in Norwegen ankommt, erhält die norwegisch-amerikanische Gemeinschaftsproduktion eine tüchtige Dosis „Fish out of Water“-Humor. Der an den Big Apple gewöhnte Gangster streift, wann immer ihn etwas nervt wild „Fuck!“ fluchend, durch die kleine, verschlafene, verschneite Stadt und kommentiert staubtrocken, wie sehr ihm der Luxus und die Lebhaftigkeit New York Citys fehlt. Dass dieser kulturelle Zusammenstoß nicht schnell alt wird, liegt vor allem an van Zandts Raubeincharme, doch auch die Regie trägt ihr Scherflein dazu bei, weil sie diesen meist eher aus sehr überdrehten Komödien bekannten Humor mit feinem Gespür in eine ruhigere, entschleunigte Erzählweise einbettet, wodurch Frank Taglianos Status als Fremdling mitten in Lillehammer sogar noch besser zur Geltung kommt.

Bereits in Episode zwei versucht Frank, mit aller Passion, die der alte Sauertopf ausdrücken kann, seinen Mitschülern aus dem Abendschul-Sprachkurs ein rechtlich fragwürdiges Geschäftsmodell aufzuquatschen. Nicht aber, weil es ihm nach Macht giert und er keinerlei Lektionen lernte, sondern weil er sich als arbeitsloser Immigrant nutzlos vorkommt und keinen anderen zukunftsträchtigen Weg sieht, aus der Passivität auszubrechen. Diese kleinen, subtilen Formen der Charakterzeichnung heben «Lilyhammer» trotz manch klischeehafter Einfälle weit über die übliche „Fish out of Water“-Story hinaus und ist deshalb ein Einschalttipp für alle Freunde dieses Humors oder von Mafiageschichten, die nicht übertrieben dramatisch sind.

TNT Serie strahlt «Lilyhammer» ab dem 7. April immer sonntags um 22 Uhr aus. Die Wiederholung findet mittwochs ab 20.15 Uhr statt.
05.04.2013 12:00 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/63033