First Look: «Beauty and the Beast»

Das Märchen von der Schönen und dem Biest, verpackt als modernes Polizeidrama. Ein Kommentar zum vielleicht schlechtesten US-Neustart dieses Herbsts.

Klassische Märchenstoffe sind zeitlos. Dies dachte sich bereits das US-Network CBS im Jahr 1987 und übertrug die Geschichte von der Schönen und dem Biest in das moderne New York. Drei Staffeln erhielt die Serie, die bis heute für ihre Fans zu den kultigsten der TV-Geschichte gehört. Nun nahm sich der Sender The CW dieses Stoffes erneut an und startete mit «Beauty and the Beast» ein modernes Polizeidrama mit übernatürlichem Twist – heraus kam eine Serie, die bei US-Kritikern als schlechtester Neustart der Saison verspottet wird.

Die inhaltliche Prämisse von «Beauty and the Beast» wird in den ersten Minuten der Pilotfolge etabliert. Rückblende: 2003, vor elf Jahren, musste die Barbesitzerin Catherine Chandler mit ansehen, wie ihre Mutter von zwei mysteriösen Killern auf offener Straße erschossen wird. Catherine selbst kommt mit dem Leben davon: ein animalisches Etwas tötet die beiden Mörder, bevor diese noch mehr Schaden anrichten können. Heute ist Catherine erfolgreiche Detektivin beim NYPD, löst komplizierte Fälle mit ihrem Team. Was damals geschehen ist, weiß Catherine bis heute nicht – bis sie die Spur eines Falles zu Vincent führt, dem vermeintlichen Biest, das ihr einst das Leben gerettet hat.

Inhaltliche Probleme offenbaren sich bei dieser neuen Serie fast im Minutentakt: Dass Catherine auf die Spur ihres einstigen Retters trifft und ihn als eben jenen erkennt, ergibt sich aus einer solch plumpen Aneinanderreihung billig zusammengekleisterter Zufälle, dass es fast lächerlich wirkt. Ebenso zufällig scheinen die Detektive, die für ihre Recherchen gern auch mal googeln, letztlich den Fall um eine ermordete Journalistin eines angesagten Modemagazins zu lösen. Der lebensverändernde Einschnitt am Anfang der Serie – die Ermordung von Catherines Mutter – ist im Verlauf der Handlung kaum noch von Relevanz: Warum die Mutter damals sterben musste und wer die zwei Killer waren, bleibt offen und wird nur marginal am Ende nochmals aufgegriffen. Immerhin: Die Hintergrundgeschichte des Biests – eine Mischung aus «Das Bourne Vermächtnis» und «Resident Evil» – wird immerhin angerissen.

Auf darstellerischer Ebene liegen aber die wahren Probleme von «Beauty and the Beast»: Als Catherine Chandler ist «Smallville»-Darstellerin Kristin Kreuk zwar ein Hingucker, aber ihr schauspielerisches Potenzial hält sich auch hier arg in Grenzen. Mimik ist so gut wie nicht vorhanden, umso mehr dafür ein überspieltes Pathos, das Kreuk in ihre Dialoge legt. Noch schlimmer wird all dies, wenn man ihr die Rolle der toughen Detektivin nicht für eine Sekunde abnehmen kann – diese Besetzung wirkt schlicht deplatziert und macht es dem Zuschauer nur noch schwerer, der ohnehin konstruierten Handlung ein wenig Glaubwürdigkeit abzugewinnen. Nicht besser spielt Jay Ryan das vermeintliche Biest, das sich als gewöhnlicher Jungspund mit Dreitagebart entpuppt und nicht bedrohlicher aussieht als mancher «CSI»-Darsteller.

Die Fehlbesetzung der Figuren kann auch durch die Dialoge nicht gerettet werden, die sich als Aneinanderreihung peinlicher Einzeiler-Witze und dummer Interaktionen entpuppt: Da fragt Catherine ihr Biest „Was hältst du von einem Drink? Kannst du überhaupt trinken?“, und ihre NYPD-Partnerin gibt Beziehungstipps wie „Du hast eine Schwäche für Deppen. Sieh mal, wenn ich ein Date mit einem Deppen habe, dann weiß ich, dass er ein Depp ist. Deswegen halte ich mich derzeit von Männern fern.“ Viel Sinn, geschweige denn Witz, geben diese Dialoge nicht her – während der restlichen Handlung wird es kaum besser.

Insgesamt versagt «Beauty and the Beast» damit auf ganzer Linie: Die spannende Relevanz des Märchenstoffes (die wahren Monster sind manchmal die Menschen selbst, nicht das entstellte Biest) wird nicht im Ansatz ausgeschöpft. Action-Szenen, in denen Kristin Kreuk gleich mehrere männliche Auftragskiller im Martial-Arts-Stil überwältigt, bieten unfreiwillig komische Unterhaltung. Das permanente Overacting – also das übertriebene nonverbale Schauspiel –, die irrwitzigen Dialoge und die Kamera, die oft die falsche Einstellung an der falschen Stelle bringt, zerstören jede Atmosphäre im Ansatz. Schließlich tut die aus Zufällen und Deus-Ex-Machina-Situationen zusammengekleisterte, spannungsarme Handlung ihr Übriges, um «Beauty and the Beast» als inhaltlich relevanten Saison-Start nicht wirklich ernst nehmen zu können.

Stattdessen schafft die Serie etwas anderes: Mit all ihren Fehlern ist sie so schlecht, dass sie schon fast als gutes, soapiges Trash-TV durchgeht – und damit unfreiwillig jene komödiantische hirnlose Unterhaltung schafft, die sich mancher Zuschauer möglicherweise inmitten der ernsten und komplexen TV-Dramen auch mal wünscht. Vielleicht bekommt das neue «Beauty and the Beast» auf diese Weise seine ganz eigene Kult-Fanbasis – wie der einstige Serienklassiker von 1987.

Hinweis: Diese Meldung erschien erstmals nach dem US-Start im Oktober 2012.

kabel eins zeigt «Beauty and the Beast» ab Freitag, 9. Februar 2014 , um 21.15 Uhr.
07.02.2014 08:53 Uhr  •  Jan Schlüter Kurz-URL: qmde.de/59734