«Gefragt – gejagt» - totgelaufen

Die neue NDR-Quizsendung «Gefragt – Gejagt» befindet sich auf ständiger Flucht vor Spannung.

Seit 2009 treten in der britischen Quizsendung «The Chase» Showkandidaten in einem Wissensduell gegen Quizspezialisten mit einem überwältigenden Allgemeinwissen an. Der NDR adaptierte dieses Format für das deutsche Fernsehen, benannte es in «Gefragt – Gejagt» um, und da die Fernsehmacher dieser Nation davon überzeugt sind, dass das TV-Publikum in seinen Quizsendungen viel lieber Prominente als Durchschnittsbürger sieht, mussten nicht die regulären Ausgaben, sondern die Promispecials als Vorlage herhalten. Am Sonntagabend gab es nun die erste von sechs Folgen zu sehen, und auch wenn es im Sommerloch jedes Format zu loben gilt, das niveauvoller ist als «Teenies auf Partyurlaub» und ähnlicher TV-Schrott, muss man sich wahrlich nicht grämen, wenn man die jüngste Quizsendung der deutschen Fernsehlandschaft versäumt hat.

Der Spielablauf klingt auf dem Papier vielleicht etwas verklausuliert, erschließt sich innerhalb der Sendung aber glücklicherweise sehr intuitiv: Vier Prominente (in der ersten Ausgabe Esther Schweins, Mariella Ahrens, Ralf Morgenstern und Hans-Werner Olm) treten zunächst einzeln an. In einer Schnellraterunde erspielen sie sich einen Gewinn, den es dann gegen den Quizchampion Holger Waldenberger zu verteidigen gilt. Üblicherweise genügt es, im Duell mit dem Wissens-„Jäger“ Waldenberger vier korrekte Antworten zu geben, doch für ein vom Quizgenie festgelegtes, niedrigeres oder höheres Preisgeld kann der Promi entscheiden, ob er sich einer Frage weniger, beziehungsweise einer zusätzlichen Frage stellen möchte. Aber: Wer, je nach Höhe des gesetzten Quizgewinns, zwei, drei oder vier Fragen falsch beantwortet, deren Antwort der „Jäger“ kennt, verliert seinen gesamten Gewinn und darf nicht ins Finale einziehen. Dort werden die von den Promis erspielten Geldsummen zusammengerechnet und alle noch verbliebenen Kandidaten treten sowohl gegen die Zeit, als auch den Quizchampion an.

Wie bereits erwähnt: «Gefragt – Gejagt» ist längst nicht so kompliziert, wie es vielleicht den Anschein nehmen mag. Leider ist es aber auch nicht so spannend, wie eine Wissensjagd sein sollte, um eine Stunde Sendezeit am späteren Sonntagabend zu tragen. Da gleich vier Promis ranmüssen, ermüdet der sich wiederholende Spielablauf sehr schnell, und da die Kandidaten aus dem Mediengeschäft wie eh und je für einen guten Zweck spielen, und das in diesem Falle bei eher geringen Gewinnsummen, entsteht auch keine dramatische Fallhöhe.

Zumindest in der Premierenausgabe gingen die prominenten Ratespieler ihre Sache zudem sehr lax an. Aber selbst die Ratepromis waren deutlich engagierter als ihr Widersacher. Im britischen Original wechseln sich von Ausgabe zu Ausgabe verschiedene „Jäger“ ab, die allesamt als karikaturhafte Schurken inszeniert werden, welche auf die Durchschnittskandidaten herabblicken. Das ist gewiss artifiziell und nicht jedermanns Geschmack, doch es bringt dem Showkonzept etwas Würze – ähnlich der gehässigen Kommentare der Quizshow-Dominatrix, die Sonja Zietlow einst in «Der Schwächste fliegt!» gab. Der Hamburger Alleswisser Holger Waldenberger wiederum wurde vom kaum einen Eindruck hinterlassenden Moderator Alexander Bommes zwar ununterbrochen als „Quizmaschine“ tituliert, damit endete aber bereits die Inszenierung. Stattdessen saß Waldenberger auf seinem Stuhl, beantwortete ruhig seine Fragen und das war's im Grunde genommen auch schon. Einen Antagonisten konnte sich «Gefragt – Gejagt» so jedenfalls nicht aufbauen, womit das Format der Aussicht auf Kurzweil und Spannung souverän entfleuchte.

Fazit: Leichte bis mittelschwere Quizfragen in einem sich rasch totlaufendem Spielkonzept, ein sich enorm zurückhaltender Moderator, Kandidaten, für die es um kaum etwas geht, und ein Gegenspieler, der nicht auffällt – will diese Wissensjagd länger laufen, muss sie sich auf ihre Alleinstellungsmerkmale konzentrieren und darf sich nicht weiter in die übliche Beliebigkeit vieler öffentlich-rechtlicher Quizshows verirren.
09.07.2012 09:05 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/57795