Guido Reinhardt: ‚Jetzt ist fast alles möglich‘

Am Montag startet das ZDF die neue Telenovela «Wege zum Glück – Spuren im Sand». Wir sprachen mit Grundy UFA-CCO und Produzent Guido Reinhardt über den Neustart. Er sagt, welche Überlegungen hinter dem Format stecken und warum er über Quoten erst im September reden möchte.

Das ZDF bringt «Wege zum Glück» zurück auf den Bildschirm. Wie mutig ist dieser Schritt?
Er ist mutig, aber auch konsequent, da das ZDF in der Vergangenheit verschiedene Farben mit uns und anderen Produzenten auf dem 16.15 Uhr-Sendeplatz ausprobiert hat. Da ist es konsequent nun Altbewährtes mit Neuem zu kombinieren. Die bekannte Marke «Wege zum Glück» wird nun in neuem Gewand erstrahlen.

Und für Sie ist das auch ein ganz wichtiger Produktionsauftrag…
Eine Produktionsfirma ist dafür da, Sendungen zu produzieren. Wenn man es so sieht, dann ist also jeder Produktionsauftrag ein ganz wichtiger.

Beim ZDF funktionierten zuletzt «Alisa» und «Hanna» nicht wie gewünscht, «Lena» und «Herzflimmern» floppten um 16.15 Uhr. In Sat.1 scheiterten «Eine wie keine» und «Hand aufs Herz». Verstehen Sie, wenn ich nun Bedenken habe, dass «Wege zum Glück – Spuren im Sand» in Sachen Quote ein Erfolg wird?
Man darf das nicht alles in einen Topf werfen. «Hand aufs Herz» hatte zum Beispiel einen anderen Timeslot, ein anderes Konzept, eine andere Ausrichtung und ein anderes Milieu. Auch «Herzflimmern» war ganz anders aufgestellt. Man muss sich im Vorfeld abstimmen, wer eine solche Serie letztlich schauen soll. Darauf werden dann das Konzept und die Dramaturgie der Serie aufgebaut. Wir haben gesagt, dass unser Publikum stark weiblich sein soll – im Alter zwischen 30 und 50 Jahren. Gerne übrigens auch älter. Menschen über 50 werden bei uns ebenfalls einiges zu entdecken haben. «Wege zum Glück» hat dem Publikum mit Sicherheit viel zu bieten. Und wir starten zu einer ganz interessanten Zeit, Anfang Mai. Vieles ist schon gestartet, anderes kommt erst im Herbst. Wir gehen jetzt direkt in der Mitte On Air.

Und haben somit in fünf Wochen die Europameisterschaft und wenig später Olympia vor der Nase…
Das ist richtig. Aber «Wege zum Glück» ist langfristig angesetzt. Ich bin kein Prophet, aber ich bin mir sicher, «Wege zum Glück – Spuren im Sand» wird ein Erfolg. Allerdings würde ich über Zuschauerzahlen und Marktanteile gerne erst im Herbst sprechen – im September, wenn die Olympischen Spiele vorbei sind.

Das können wir im September dann sehr gerne tun.
GrundyUFA arbeitet immer an all seinen Marken – jetzt haben wir «Wege zum Glück» einen völlig neuen Anstrich verpasst, mit dem das Format frischer daherkommt als früher. Eigentlich ist das Format nun auch keine klassische Telenovela mehr, in der die Liebesgeschichte von nur einem Mann und einer Frau über 240 Folgen erzählt wird. Es geht eher darum, ob Freundschaft stärker sein kann als Liebe. Wir werden die Geschichten von gleich vier Menschen in den Mittelpunkt der Handlung stellen.

Dann gehen wir direkt auf das Inhaltliche ein. Es ist nicht nur die Liebesgeschichte von Robert und Maja, die Sie erzählen, sondern eine Vierer-Geschichte…
Wir haben uns gefragt, ob es heute noch reicht, ein Liebespaar zu haben, dem wir dann ein Jahr lang Steine in den Weg legen, ehe sie zusammen glücklich werden. Deshalb haben wir uns für die Vierer-Konstellation entschieden, was eine unheimliche Herausforderung ist. Das ist die höchste Schule der Erzählkunst, weil wir unsere Zuschauer auch nicht überfordern wollen. Wir müssen schauen, dass der Zuschauer das Handeln aller vier Personen nachvollziehen kann, dürfen aber auch nicht zu viel erklären, weil sonst die Emotion flöten geht. Man merkt meist recht schnell, ob das klappt oder nicht. Klappt es nicht, dann kommt „Houston, wir haben ein Problem“. Nach 30 produzierten Folgen kann ich aber sagen, dass beinahe jedes Detail stimmt. Das ist fast unglaublich, da wir die kürzeste Vorlaufzeit aller Serien hatten. Vom Grundkonzept bis zum Sendestart verging ungefähr ein halbes Jahr – das Doppelte ist üblich.

Worin wird sich das neue «Wege zum Glück» vom alten «Wege zum Glück» unterscheiden?
Sie werden das schnell sehen, wenn sie zwei oder drei Folgen gesehen haben. Heutzutage ist noch einmal ein anderes Production Value möglich. Die Werthaltigkeit der Bilder ist höher als früher. «Wege zum Glück» sieht nun wie eine Primetime-Serie aus. Der gefühlte Außendrehanteil liegt bei 70 oder 80 Prozent – ich sage bewusst gefühlt, da wir ja nicht so viel draußen drehen. Jede Folge vermittelt dem Zuschauer das Gefühl, dass wir direkt an der Küste sind. Wir haben uns da ein feines Städtchen gebastelt, das sowohl aus Dorf- als auch Stadtstrukturen besteht. Wir nannten es Nordersund. Dort spielen unsere Geschichten. Ich weiß noch, als wir begonnen haben zu planen: Zunächst zeichneten wir eine Karte. Da war das Klippenhaus, da der Bauernhof, hier der Leuchtturm.

Viele Produzenten sagen: Verorte die Serie in Bayern, dann läuft‘s ziemlich sicher. Sie gehen nun an die raue See…
Wir wollten eben nicht wieder in die Berge. Das Meer hat etwas Besonderes und es spielt in unserer Geschichte eine tragende Rolle. Als die nun erwachsenen Charaktere noch Kinder waren, gab es eine Sturmflut, die auch Menschenleben gekostet hat. Wir stellen das Meer in der Serie auch als Naturgewalt dar – Berge, vor allem die im Alpenvorland, sind da schon lieblicher und weicher. Das Meer hat eine unglaubliche Romantik, wenngleich diese durchaus etwas herber ist. Ich glaube, dass unsere Geschichte somit rauer, lebendiger und bei Weitem nicht so glatt ist – und das ist eine sehr interessante Richtung, die wir eingeschlagen haben.

Sie arbeiten eng mit den Stargate Studios zusammen, die Ihnen das Meer und Küste mittels Green Screen direkt nach Babelsberg bringen. Eigentlich hätte das Format jetzt auch auf dem Mond spielen können.
Grenzenlos kann man sicherlich nicht erzählen – aber es ist schon richtig: Wenn man es gut herunterbricht, ist jetzt fast alles möglich. Aber wir müssen immer noch 45 Minuten am Tag produzieren – das ist bei dem Aufwand in Sachen VFX eine richtige Herausforderung. Sowohl für uns als auch für die Stargate Studios war der Beginn der Produktion eine Lernkurve – wir haben uns Gedanken gemacht, bei was wir sicher sind und wo Risiken liegen. Die Produktionssicherheit ging immer vor. Aber natürlich haben wir auch vor den Studios unsere Sets gebaut. Ähnlich wie bei «GZSZ» gibt es eine Straße, die zum Hafen führt. Nur können wir dank unserer grünen Wand im Hafen Fährboote einfahren lassen, wann immer wir das wollen. Und wenn wir für eine romantische Szene nun einen Vollmond brauchen, dann werden wir den auch haben (grinst).

War die Einstellung von «Wege zum Glück» aus heutiger Sicht betrachtet ein Fehler oder war es richtig, die Serie zu beenden, weil man diese Evolution sonst wohl nie gemacht hätte?
Letzteres. Natürlich ist es immer bitter, wenn eine langlaufende Serie endet, aber jedes Format hat seinen eigenen Lebenszyklus. Wir waren damals in der Verortung gefangen – wir hätten ja schlecht alle Figuren von einem Bus abholen und an der Küste wieder aussteigen lassen können und sagen: Weiter geht’s. Ich denke «Wege zum Glück» hat sich auch quotentechnisch auf hohem Niveau verabschiedet, mit «Alisa» und «Hanna» lagen wir danach dann ebenfalls noch über dem Senderschnitt des ZDF.

Thema Besetzung. Jan Hartmann spielte in «Alisa» mit und war dann kurz später in «Herzflimmern» wieder zu sehen. Auch Sie haben mit Philipp Roman, Andrea Cleven, Sascha Tschorn, Simon Licht und anderen einige Schauspieler, die schon in anderen Dailys mitgewirkt haben. Könnte das die Zuschauer nerven?
Jan Hartmann ist ein ganz toller Schauspieler, aber Sie haben recht: Es ist ein Problem, wenn ein Darsteller fast nahtlos von einer in die nächste Serie geht. Der Zuschauer ist ohnehin schon frustriert, wenn seine Serie nicht fortgesetzt wird – und man darf nicht vergessen, dass es auch Zuschauer gab, die «Herzflimmern» sehr gerne gesehen haben. Wenn dann ein Darsteller wieder auf diesem Sendeplatz auftaucht, hat man es als neues Format noch schwerer. Wir haben darauf geachtet, dass wir einen gut zusammengesetzten Cast haben, in dem einige natürlich schon in anderen Dailys mitgespielt haben. Aber Simon Licht zum Beispiel wird sicherlich nicht speziell auf seine Rolle in «Rote Rosen» reduziert und ist in diesem Punkt auch nicht gebranded. Er ist ein wirklich beeindruckender Schauspieler.

Am kommenden Sonntag spricht Guido Reinhardt im zweiten Teil des großen Interviews über das Jubiläum von «Gute Zeiten, schlechte Zeiten», über «Alles was zählt» und die starke Konkurrenz von «Berlin – Tag & Nacht».
06.05.2012 08:30 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/56482