BBC beschließt härtesten Sparkurs aller Zeiten

Im Vereinigten Königreich wird ab sofort mächtig Geld gespart, denn die Radio- und Fernsehgruppe BBC will jährlich 750 Millionen Euro weniger ausgeben.

Im Oktober 2010 wurde der Grundstein zum härtesten Sparkurs der BBC gelegt: Die britische Regierung teilte mit, dass die jährliche Haushaltspauschale für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sowie das öffentlich-rechtliche Fernsehen bis zum Jahr 2017 bei lediglich 170 Euro liegen wird. In der Bundesrepublik Deutschland muss man 215,76 Euro auf den Tisch legen. Da die BBC mit diesem Betrag langfristig nicht arbeiten kann, müssen nun harte Einschnitte gemacht werden.

Der Sparkurs wurde aber schon Jahre zuvor eingeleitet: Bereits im Jahr 2006 beschloss die Fernseh- und Radiogruppe die Kosten zu minimieren, weshalb binnen fünf Jahren 420 Stellen abgesägt wurden. Diese Strategie wird nun fortgesetzt: In den kommenden Monaten werden weitere Büros geräumt, 2.000 Angestellte verlieren ihren Job. Pro Jahr will die BBC fortan 775 Millionen Euro einsparen, um einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen zu können.

In den vergangenen Monaten wurde beispielsweise schon die Formel 1 teilweise an den Bezahlsender BSkyB abgetreten, insgesamt werden 15 Prozent des Sport-Etats eingefroren. Die Ausgaben für die Website werden um 25 Prozent zurückgeschraubt, im Unterhaltungsbereich soll ebenfalls massiv gespart werden. Die Mitarbeiter von BBC Three ziehen in die neuen Geschäftsräume nach Salford um, sodass dort künftig 3.300 Leute einen Job haben. Das West-London-Hauptquartier wird unterdessen geräumt.

Das Hauptprogramm BBC One bleibt von den Einschnitten weitestgehend unberührt. Androhungen wie die gesamte Streichung des Tagesprogramms oder gar den Sendeschluss hat man am Donnerstag nicht bekannt gegeben. Stattdessen wird das Tagesprogramm von BBC Two stark umgebaut, alle Daytime-Erstausstrahlungen laufen nur noch bei BBC One. Internationale Nachrichten werden am Mittag bei BBC Two zu sehen sein, am Nachmittag werden die Zuschauer Wiederholungen serviert bekommen. Die zwei Fernsehstationen BBC Three und BBC Four sollen fortan kleinere Brötchen backen und keine teuren Formate mehr senden, stattdessen spielen sie nur noch eine „unterstützende Rolle“. Beispielsweise startete vor einigen Jahren «Torchwood» bei BBC Three und wanderte mit jeder Staffel einen Sender weiter – bis hin zum Hauptprogramm. Solche Entwicklungen werden in Zukunft ausgeschlossen sein.

Da das gesamte Fernsehprogramm im Vereinigten Königreich im Jahr 2012 digital umgestellt wird, überlegt man noch, ob man die Kinderformate von BBC One zu CBBC und CBeebies verlegen soll. Bislang sind diese zwei Fernsehstationen ausschließlich digital empfangbar, nicht jeder Haushalt kann die Programme demnach sehen. Nachtformate werden im Fernsehen und Radio zurückgefahren, regionale Sendungen sollen nur noch in größeren Gebieten ausgestrahlt werden. Der hochauflösende Fernsehsender BBC HD wird eingestellt, stattdessen wird ein simultan betriebener Sender von BBC Two aufgeschaltet – BBC One HD ist bereits seit einiger Zeit auf Sendung.

Im Radio-Bereich zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: Bei Radio 5 Live werden vermehrt kostensparende Sendungen ausgestrahlt, beim Schwestersender Radio 3 werden eigenproduzierte Dramen, Live-Musik und Konzerte gestrichen. Lokalradio wird stark zurückgeschraubt, fortan sollen die Hörer vermehrt ein landesweites Programm hören. BBC-Chef Mark Thompson ist über diesen Schritt natürlich wenig erfreut. Er sieht allerdings auch Chancen, dass mit dieser schlanken BBC mehr Synergie-Effekte genutzt werden können.

Das Steckenpferd von BBC – die Nachrichten – bleibt ebenfalls nicht unberührt. Im Jahr sollen rund 27 Millionen Euro gespart werden. Vorwiegend werden in diesem Segment Sendungen abgebaut, die sich nicht mit den täglichen Nachrichten beschäftigen, beispielsweise Magazine. Der internationale Nachrichtensender BBC World News bleibt von allen Einschnitten unberührt, immerhin handelt es sich um ein privates, gewinnabwerfendes Unternehmen, woran die öffentlich-rechtliche BBC nur alle Anteile hält. Im Politbereich müssen sich die Zuschauer von «Politics Show» verabschieden, die bei BBC One ausgestrahlt wird. Stattdessen wird eine Wochenendversion von «Daily Politics» aufgeführt.

Die von der BBC ausgewählten Einschnitte sind zwar hart, allerdings auch verkraftbar. Es müssen zwar rund 2.000 Beschäftigte das Unternehmen verlassen, jedoch wurde eine Zeit lang mit zu heißem Wasser gekocht. Man betreibt insgesamt zehn Fernsehstationen, wovon neun eigene Inhalte herstellen. Insgesamt gab die BBC im Jahr 2010 rund vier Milliarden Euro aus - zum Vergleich: die ARD in Deutschland verteilt jährlich 6,3 Milliarden Euro und das ZDF darf zwei Milliarden Euro ausgeben.
06.10.2011 18:00 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/52482