Popcorn und Rollenwechsel: Die 3D-Vorstellung

Unser Kolumnist beschreibt einen ganz normalen Kinotag mit Freunden... und diesen verflixten 3D-Brillen.

Die 3D-Vorstellung.
Großes Kinowochenende mit meinen Kumpels. Endlich haben sie Zeit, Geld und Bedürfnis nach lauter, schriller Unterhaltung. Ein Kinoerlebnis soll’s sein, und deshalb schlage ich vor, einen 3D-Film anzusehen. Schon geht das Gegrübel los. Andere Menschen überlegen, welchen Film sie sehen wollen. Wir, als 3D-Gucker, müssen überlegen, in welches Kino wir fahren. Denn überall gibt‘s andere 3D-Systeme: Das Multimaxx hat FauxD, das CenterCine hat D-Image und im RoxyGloria war die Kartenabreißerin so verdammt heiß… Äh, welches Kino hatte doch gleich die hervorstechendsten Effekte?

Die 3D-Vorstellung.
Wir haben uns für das RoxyGloria entschieden. Leider konnte sich niemand mehr erinnern, ob man dort die Brillen ausleiht, oder ob man sie mitbringen kann. Und wenn letzteres gilt: Welche Brille war doch gleich die vom RoxyGloria? Keiner weiß es so genau, und deshalb bringt jeder sein kleines Brillen-Sammelsurium mit ins Kino. Ich zum Beispiel habe eine stolze Sammlung von sieben 3D-Brillen, darunter vier verschiedene Modelle. An der Kasse bin ich es dann auch, der vorgeschickt wird: „Ja, hallo, fünfmal «Blutiges Gemetzel 3D», bitte. Ja, in 3D! Öhm, ich hab’ ’ne Brille mit, funktioniert die hier?“

Die 3D-Vorstellung.
Nein, die Brille funktioniert hier nicht. Und die auch nicht. Und die auch nicht. Wir erhalten am Eingang unsere 3D-Brille und wir müssen sie beim Rausgehen wieder abgeben. Bei Beschädigung müssen wir 90 Euro blechen. Prompt wird die Brille wie ein rohes Ei behandelt. Bloß nicht zu heftig atmen, wenn man sie berührt!

Die 3D-Vorstellung.
Nicht alle gehen so vorsichtig mit ihren 3D-Brillen um. Und richtig sauber macht sie das Kino auch nicht. Oder wieso riecht Klaus’ Brille nach Nacho-Käse und trieft vor Fett und Talg? Zu eng sind die Teile auch noch: Als ich meine 3D-Brille aufsetze, presst sie mir meine normale Brille mit Druck gegen das Gesicht. Na, das gibt sicher schöne Abdrücke.

Die 3D-Vorstellung.
Endlich fängt der Film an. Und wir bemerken vom 3D… gar nichts! Zumindest die ersten Szenen über. Doch dann lässt sich erkennen, wie das Kinobild in die Tiefe geht, als sei die Leinwand keine Leinwand, sondern die Bühne eines Guckkasten-Theaters. All zu schnell gewöhnen wir uns an diesen Effekt, realisieren ihn zehn Minuten später gar nicht mehr. Aber er muss da sein: Zieht man die Brille kurz ab (was auch brav im Fünf-Minuten-Takt gemacht wird), sieht man nur verschwommene Konturen. Also muss das Bild ja mit Brille dreidimensional sein! Und tatsächlich… bei der großen Actionszene fliegen endlich abgehakte Körperteile aus der Leinwand raus. Wir Jungs freuen uns riesig über dieses dämliche Gimmick. Doch dann stellt sich mir die Frage: Wieso fliegt der Arm bloß ein paar Zentimeter über den Leinwandrand hinaus? In der Werbung vor dem Film hat’s Haribo hingekriegt, dass mir die Goldbären förmlich vor der Nase schwebte. Was macht Haribo, was Hollywood mit seinem Millionenbudget nicht hinkriegt?

Die 3D-Vorstellung. Sie ist zu Ende.
Im Saal finden laute Diskussionen darüber statt, wie langweilig 3D mit großer Raumtiefe doch sei. Schließlich ginge es um Gimmicks, wie rausfliegende Körperteile. Andere sind der Meinung, gerade solche Effekte seien dämlich. Es geht um die Raumtiefe! Die Köpfe rauchen und qualmen. Als hätte man vom Brillentragen und der Illusion der dritten Dimension nicht schon genug Kopfweh. Und für all das 3 Euro Aufpreis! Nie wieder!

Obwohl… die Trailer vor dem Film sahen in 3D schon verdammt gut aus…
04.04.2011 00:00 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/48766