DIE PASSION CHRISTI: Mel Gibson im Interview

Wie lange haben Sie die Idee diesen Film zu machen mit sich herumgetragen und was hat sie ausgelöst?

Mel Gibson: Das ganze Projekt ist seit 13 Jahren in Arbeit, seit 12 oder 13 Jahren, vielleicht einen Monat mehr oder weniger. Und was hat mich dazu veranlasst? Nun... Ich weiß nicht. Wissen Sie, man gelangt im Leben an einen Punkt, an dem man sich selbst die großen Fragen stellt. Oder die große Frage: Warum? Worum dreht sich alles? Verstehen Sie? Wo wird alles enden? Warum mache ich das mit? Ich könnte ja der Grill sein und Sie derjenige mit dem Bratspieß. Also, ich denke, jeder hat einmal eine Zeit, in der man ganz unten ist und man Dinge für sich neu bewerten muss, eine Zeit, in der es ziemlich viel Schmerz im Leben gibt. Und mit Sicherheit, auch wenn es in diesem Moment nicht so scheint, hat das immer etwas Gutes, weil es normalerweise der Anstoß für eine Veränderung ist. Ja, es war damals vor 13 Jahren, als ich anfing, mich damit auseinander zu setzen. Und, wissen Sie, ich bin ein Künstler, ich mache Kunst, deshalb denke ich, ganz egal was es ist, was zu einem wichtigen Thema für mich wird - und das wurde eines - wird sich schließlich einer Form der Kunst ausdrücken, wenn man ein Künstler ist. Es wird das bestimmen, was man macht.

Warum haben Sie das in der Art und Weise gemacht, die Sie gewählt haben: die Brutalität, warum zeigen sie die bloße Gewalt der Soldaten und der Folter so drastisch? Sie zeigen wirklich alles. Wie sehr gingen Sie an die Grenzen? Glauben Sie, Sie bewegen sich an der Grenze, wenn Sie das auf eine solch eindringliche Art zeigen?

Mel Gibson: Ich glaube, ja, es ist sehr brutal. Aber ich glaube, es ist notwendig. Aber es ist nicht so brutal, dass... Es ist, wie ich schon vorher gesagt habe: Ich will die Zuschauer an den Rand des Erträglichen bringen, aber gleichzeitig muss man sie an der Hand nehmen, wenn man dort mit ihnen hingeht. Damit die Brutalität zugleich lyrisch ist und es eine Art von Schönheit in der Brutalität gibt. Und während ich diesen Film drehte, war ich mir dieser Herausforderung sehr bewusst. Aber wenn man nicht will, dass jeder schreiend aus dem Kino läuft, muss man einen Weg finden, einen lyrischen Weg, die Brutalität zu zeigen.

Was waren Ihre Quellen? In Österreich und Deutschland spricht man darüber, dass Sie sich bei Ihren Recherchen zu Ihrem Film auf die Visionen der Anna Katharina Emmerich stützten. Stimmt das und in wie weit wurden Sie davon beeinflusst?

Mel Gibson: Nun, ich habe ihr Buch gelesen, "Das bittere Leiden unseres Herrn Jesus Christus“. Es handelt sich einfach nur um ihre Visionen der Passion Christi. Ich habe niemals etwas anderes von dem gelesen, was sie sonst noch geschrieben hat, aber das war unglaublich detailliert. Man kann natürlich einer solch persönlichen Offenbarung nicht die gleiche Art von Glaubwürdigkeit zuteil werden lassen wie den vier Evangelisten. Nein, so etwas kann man nicht machen. Aber es war trotzdem interessant zu lesen, wie weit sie gegangen ist, egal woher das kam oder wodurch es inspiriert wurde. Und sie hat Details unglaublich viel Aufmerksamkeit geschenkt. Einige davon habe ich benutzt, sie haben mich bis zu einem bestimmten Grad beeinflusst. Aber ich habe viele Dinge gelesen, ob es nun „Maria de Grada" war, ob „Emmerich" und dann gibt es da noch dieses Buch von dem Jesuiten "Galway" und er nähert sich mehr oder weniger aus dem historischen Blickwinkel und macht dann Annahmen, die er der geschichtlichen Überlieferung gegenüberstellt. Es sind ziemlich erstaunliche Schlüsse, die er zieht. Und er zieht nicht nur eine Schlussfolgerung. Für die gleiche Reihe an Beweisen hat er in etwa acht verschiedene mögliche Schlussfolgerungen, die man pro Beweisstück ziehen kann, was eine unglaubliche Menge ergibt. Das ist einfach Wahnsinn. Und sie sind alle gleich stichhaltig, einer wie der andere. Und manche davon hielt ich einfach für erstaunlich, zum Beispiel wenn sich das Grabtuch senkt. Das war eine seiner Vermutungen, dass er, weil er ja ein Geist war, einfach entweichen konnte, er musste das Tuch nicht entfernen. Das ist, womit sich einige dieser dicken Wälzer, die ich gelesen habe, beschäftigen. Und ich habe über die Jahre viele Bücher gelesen und mit vielen Schriftgelehrten und Theologen gesprochen und hab sie Billy Graham gezeigt, Bischöfen und anderen wichtigen Persönlichkeiten. Ich hab das alles diesen Leuten gezeigt und sie haben alle gesagt, dass es hieb und stichfest ist. Es stimmt mit den Evangelien überein. Es gibt eine handvoll Menschen, die sagen, dass dem nicht so sei. Und die sich wiederholenden Stimmen dieser drei oder vier Personen sind immer wieder zu hören. Sie haben laute Stimmen in Zeitungen und so weiter. Das sind Revisionisten.
17.03.2004 14:42 Uhr Kurz-URL: qmde.de/4866