Was wird aus Sarah Dingens nach dem Camp?

Ganz Deutschland spricht über die Dschungelkandidatin. Doch wird ihr die Show den erhofften Karriere-Schub geben?

Die meisten Promis erhoffen sich von der Teilnahme an der RTL-Eventshow «Ich bin ein Star – holt mich hier raus!» neben einem stattlichen Preisgeld mehr mediale Aufmerksamkeit, die sich im Anschluss an die Sendung in neue Auftritte und Engagements umwandeln lässt. Dass dies tatsächlich passieren kann, zeigte vor allem Ross Antony (im Bild links), der die Show im Januar 2008 gewann und auch drei Jahre später laut eigenen Aussagen noch immer davon profitiert. Er bekam zahlreiche Talkshoweinladungen, Gastrollen in Daily-Soaps und zwei Abendsendungen bei RTL. Auch Désirée Nick und Ingrid van Bergen tauchen seit ihrer Krönung zur Dschungelkönigin immer noch regelmäßig im Fernsehen auf und erhielten weitere Engagements.

Zweifelsfrei setzte auch Sarah Knappik auf den Karierre-Katalysator Dschungelcamp, ließ sie doch schon vor der Sendung und nach dem Ende von «Germany’s Next Top Models» kaum ein zweifelhaftes Format aus, um in einem noch so kleinen Rampenlicht stehen zu können. Für das ProSieben-Magazin «Taff» trug sie einen Fat-Suite und ließ sich auf offener Straße anpöbeln, in einem Special von «We are Family!» wurde ihre spärliche Berliner Wohnung von fremden Menschen bewertet und beim «Top Model»-Abklatsch «Die Model WG» stritt sie sich mit Kandidatin Tessa derart heftig, dass die Bratpfannen flogen und sich beide gegenseitig wegen Körperverletzung anzeigten. Nimmt man außerdem ihre öffentliche Busenfreundschaft und anschließende Feindschaft mit Modelkollegin Gina-Lisa hinzu, wird schnell klar, wie sehr Sarah um Aufmerksamkeit bettelt.

So gesehen war ihre Teilnahme bisher von Erfolg gekrönt. Unter den rund 50 deutschen Dschungelkandidaten gab es eine Menge Personen, bei denen man schon längst vergessen hat, dass auch sie auf den harten Pritschen im Urwald gelegen haben. Oder wer erinnert sich noch an eindrucksvolle Momente von Michael Meziani, Harry Wijnvoord oder Susan Stahnke? Das wird Sarah Knappik so schnell nicht passieren. Dafür stand sie in den vergangenen Tagen zu sehr im Fokus. Letztendlich war sie der wahre Star der Staffel, denn sie füllte mit Abstand die meiste Sendezeit und sorgte für die häufigsten Diskussionen abseits der Sendung. Auch wenn dies schwer zu belegen ist, dürfte sie der Hauptgrund sein, wieso die Quoten nach einem anfänglichen Einbruch innerhalb weniger Tage auf Rekordmarktanteile von weit über 40 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe gestiegen sind.

Doch um welchen Preis? Vom Team der Dschungelshow wurde sie schnell als Camp-Zicke auserkoren und seitdem systematisch zur Hassfigur aufgebaut. Mit dem Abbruch ihrer ersten Prüfung und der anschließenden Lamentierung, dass es sich dabei um die „schwerste Prüfung aller Zeiten“ handelte, setzte sie sich selbst die Zielscheibe auf. Das Produktionsteam legte bereitwillig an und fand einen roten Handlungsfaden, der die Dramatik der weiteren Folgen bestimmen sollte. Durch unzählige ausführliche Filme, die pointierten Moderationen und nicht zuletzt durch den gezielten Einsatz der Dschungelprüfungen wurde sie nach allen Regeln der Kunst öffentlich demontiert. Allein die Tatsache, dass sie innerhalb der Sendung lediglich als Sarah „Dingens“ bezeichnet wurde, erwies sich als äußerst schädlich für sie. Tippt man bei Google den Namen Sarah ein, wird als Vorschlag sofort „Sarah Dingens“ angeboten. Ihren echten Namen „Knappik“ muss man hingegen vollständig eingeben. Selbst wenn man dies tut, kommen als erste Suchvorschläge zunächst „sarah knappik promi dinner“, „sarah knappik abitur“ und „sarah knappik vegetarier“.

Das vertrackte am Katalysator Dschungelcamp ist, dass er nur bei den wenigsten zündet. Die meisten Kandidaten überleben die Show zwar unbeschadet, erhalten aber nach ihrem Ende den gleichen (unbedeutenden) Status wie vorher. Doch selbst diese Option scheint für Sarah nicht mehr möglich zu sein. Dafür ist sie bisher zu negativ aufgefallen. Sicherlich wurde das Bild durch Schnitt und Auswahl des Materials stark verzerrt, doch letztlich waren es die dort gezeigten Szenen, die ihr Bild in der Öffentlichkeit prägten. Die zahlreichen Einspielfilme zeigten, dass sie nicht belastbar, egoistisch, launig, unbelehrbar und nicht anpassungsfähig ist. Wer möchte mit einer solchen Person zusammenarbeiten? Wer soll jemanden mit diesem Ruf künftig engagieren? Sie selbst äußerte in der Show mehrfach den Wunsch, weiter als Model arbeiten zu wollen, doch dies scheint in ungreifbare Ferne gerückt zu sein. Selbst wenn sich ein Unternehmen finden ließe, das ihre persönlichen Schwächen tolerieren kann, so haftet ihr weiterhin das Schmuddel-Image an. Welches Modelabel möchte gern mit Kakerlaken, Tierhoden und Fischschleim in Verbindung gebracht werden?

Dazu kommt ihre Vegetarismus-Lüge. Schließlich behauptete sie im Dschungel immer wieder, dass sie kein Fleisch essen würde. Tatsächlich fanden sich jedoch mehrere TV-Ausschnitte, Augenzeugen und sogar Interviews mit ihr, die das Gegenteil bewiesen. Damit wurde sie in aller Öffentlichkeit als Lügnerin entlarvt und hat neben ihrem Ansehen auch ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Garniert wurde dies durch ihre unbeholfene Ghetto-Attitüde, die aufgesetzt und unauthentisch wirkte. Als Werbeträger ist sie dadurch absolut ungeeignet.

Im Gegensatz zu Ross, Désirée und Ingrid konnte Sarah im Dschungel bisher nicht über sich hinauswachsen und auf diese Weise das Publikum überraschen. Im Gegenteil, sie hat sich bereitwillig in die Opferrolle drängen lassen und konnte die Show nicht dazu verwenden, um ihr bisheriges zweifelhaftes Image umzukehren, sondern hat es noch weiter zementiert.

Und es gibt noch einen Unterschied zu anderen Teilnehmern. Sarah kann auf keine nennenswerte Karriere zurückblicken. Während Ross vor seiner Teilnahme als Musical-Darsteller und Sänger erfolgreich war und über ein entsprechendes Talent verfügt, scheint Sarah nichts zu können. Selbst ihre Fähigkeiten als Model wirkten in anderen Shows zweifelhaft. Dass sie auch für eine Musikkarriere ungeeignet ist, bewies sie mehrfach vor laufenden Kameras im Camp. Worauf soll also eine potentielle Folgekarriere aufbauen? Nur von einer bloßen Bekanntheit können die wenigsten Personen längerfristig leben. Im Grunde ist sie uninteressant und langweilig. Ihre Zickerein und ihre schlechte Laune sind nur nervig und haben nichts Einmaliges oder Außergewöhnliches. Während eine Daniela Katzenberger ihre Fehltritte wenigstens mit Selbstironie kommentiert, scheint sich Sarah dabei selbst viel zu ernst zu nehmen. Was soll also an dieser Frau noch interessant sein, wenn sie auf sich allein gestellt ist und es keine verweigerten Prüfungen oder ein lästerndes Camp mehr gibt?

Wenn Sarah Knappik weiterhin im Rampenlicht stehen will – und davon muss ausgegangen werden – wird ihr nur die Teilnahme an weiteren Trash-Promi-Formaten bleiben. Doch selbst dort ist sie bereits vor dem Einzug in den Dschungel am unteren Ende angekommen. Obwohl sie am stärksten im Fokus der Öffentlichkeit stand, wird sie am Ende die große Verliererin von «Ich bin ein Star – holt mich hier raus!» werden.


Update: Im Laufe des Dienstags als Sarahs Ausstieg bekannt wurde, hat sich ihre Nachfrage im Internet derart erhöht, dass sie bei Google schon nur nach dem Eingeben von "Sa" mit vollständigem Namen angezeigt wurde. Um "Sarah Dingens" vorgeschlagen zu bekommen, bedurfte es mindestens der Buchstabenkette "Sara". Wenigstens in diesem Bereich hat ihr Ausstieg offenbar eine Verbesserung bewirkt.
25.01.2011 09:55 Uhr  •  Christian Richter Kurz-URL: qmde.de/47263