Erstes Semi-Finale: Zehn weitere Finalisten in Oslo

Das Finale des 55. Eurovision Song Contests wurde um zehn weitere Kandidaten erweitert. Wir stellen Lenas Konkurrenten vor.

Zehn weitere Finalisten stehen in Oslo fest. In einer gut zweistündigen Gala lösten im ersten Halbfinale des Eurovision Song Contest zehn Interpreten auf der großen Telenor-Arena in Oslo ihr Ticket für das Finale am kommenden Samstag (20.15 live in der ARD). Der NDR übertrug das Wettsingen zwischen 17 Ländern, wovon sich sieben gleich wieder verabschieden mussten. Eine wichtige Erkenntnis dieses Gala-Abends: Viele musikalische Interpretationen standen im Zeichen der Geigen. Auf dieses Instrument wird seit dem Sieg des norwegischen Geigers Alexander Rybak im letzten Jahr also zunehmend gesetzt. Aber auch sonst hatten die Musiker aus den 17 Nationen eine bunte Palette aufgeboten: Farbenfrohe Outfits, Pyrotechnik oder actionreiche Choreographien machten das Halbfinale zu einem abwechslungsreichen Event. Für Eurovision-Experten gab es an diesem Abend auch die eine oder andere Überraschung, zumal viele osteuropäische Interpreten die Segel streichen mussten, die Balkan-Länder aber weiterhin gut vertreten sind: Bosnien-Herzegowina, Moldau, Russland, Griechenland, Portugal, Weißrussland, Serbien, Belgien, Albanien und Island erreichten das Finale. In diesem Jahr stimmten übrigens nicht nur die Televoter ab, auch die nationalen Jurys bewerteten das Semifinale. Der stets ruhige und sachliche Kommentator Peter Urban fütterte die Zuschauer in der Live-Übertragung des NDR mit vielen interessanten Hintergrundinfos zu den Teilnehmern. Quotenmeter.de stellt in dieser Woche die Final-Konkurrenten von Lena Meyer-Landrut beim Eurovision Songcontest vor und sagt, wie diese zu ihrer nationalen Aufgabe gekommen sind. Heute: Die zehn weiteren Konkurrenten für "unseren Star in Oslo" im Überblick.

Bosnien-Herzegowina: Vukašin Brajić – „Lightning And Thunder“
Der bosnische Teilnehmer Vukašin Brajić bringt sowohl Grand-Prix-Erfahrung mit als auch Erkenntnisse aus Castingshow-Teilnahmen. Denn im letzten Jahr war er Teil einer Musikergruppe, die im serbischen Vorentscheid mitmachte, aufgrund des Jury-Votings die Balkan-Nation jedoch nicht vertraten. Einen Vorentscheid musste er in Bosnien-Herzegowina aber nicht überstehen. Die Verantwortlichen verzichten bereits seit 2006 auf eine Kandidatensuche. Ein internes Auswahlverfahren hat Vukašin Brajić zum Oslo-Kandidaten für sein Land bestimmt. Seine Rock-Nummer „Lightning And Thunder“ ging im Halbfinale des 55. Eurovision Song Contest bei vielen Zuschauern unter die Haut. Ein wenig fielen seine harten Töne etwas aus dem Rahmen des Gesamtbildes, doch möglicherweise war das ausschlaggebend dafür, dass Vukašin Brajić nun im Finale des Contest steht. Der Bosnier startet am Samstag als sechster Interpret.

Moldau: Sun Stroke Projekt & Olia Tira – “Run Away”
Die moldawische Kandidatensuche wurde am 6. März beendet. Am Ende standen gleich zwei Interpreten als Sieger fest: Sun Stroke Project und Olia Tira. Beide hatten auch in der Vergangenheit versucht ein Tickert für den Eurovision Song Contest zu erlangen. Nun hat es für beide geklappt – auch das Finale wurde erreicht. Für ihre flotte Eurodance-Nummer „Run Away“ ernteten sie jede Menge Applaus. Der außergewöhnliche Sound kommt durch Saxophon-Einlagen, Geigenspiel und von der Band unterlegte Techno-Rhythmen. In Sachen Gesang hat der Band-Frontmann Sergei Yalovitsk mit Olia Tira eine stimmgewaltige Unterstützung bekommen. Die Moldauerin wurde übrigens in Potsdam geboren, ihr Vater war damals als Offizier der Roten Armee in Deutschland stationiert. Im Halbfinale waren die Musiker aus Moldau gleich die ersten Kandidaten und fehlerfrei. Moldau hat die Startnummer Vier bekommen.

Russland: The Peter Nalitch Band – “Lost And Forgotten”
Der Einzug der russischen Teilnehmer ins Finale des Eurovision Song Contest war ob der neuen Wege, die das Land beim diesjährigen Wettbewerb ging, schon eine kleine Überraschung. Und das obwohl die Russen vor zwei Jahren den geplanten Sieg von Dima Bilan in Belgrad feierten und im letzten Jahr das Musik-Festival mit etlichen Millionen Zuschauern in der eigenen Hauptstadt Moskau feierten. Das Teilnehmerfeld beim russischen Vorentscheid war auch dieses Jahr mit 25 Bewerbern gut gefüllt. Als aber The Peter Nalitch Band die Zuschauer als auch die Jury auf ihre Seite zog, hatte der Vorentscheid in Russland seine Ernsthaftigkeit mit einem Schlag verloren. Denn der gebürtige Moskauer Pjotr Andrejewitsch Nalitsch ist eigentlich Russlands erster Internet-Star. Durch ein Youtube-Video für die Nummer „Gitar“ nahm seine Karriere 2007 erst Fahrt auf. Das Lied mit gewollt gebrochenem Englisch begeisterte die Massenmedien. Nun steht er mit seiner Band auf der großen Bühne in Oslo und wird am Samstag mit der Startnummer 20 auftreten.

Griechenland: Giorgos Alkaios & Friends – "OPA"
Dass die Griechen in finanzieller Not stecken ist längst bekannt. Doch aus der Not geboren erscheint die flotte Nummer der griechischen Teilnehmer nicht. Vielmehr schickt Griechenland ein Schwergewicht der heimischen Musikszene nach Oslo. Nachdem im Vorentscheid zwei Kandidaten disqualifiziert wurden, waren Giorgos & Alkaios & Friends die Favoriten auf das Ticket für den Eurovision Song Contest. Die Hürde nahmen sie mit einem eindeutigen Zuschauervoting und auch die Jury stimmt für die Musiker. Ein interessantes Detail: Mit der Aikaios-Komposition „Opa Opa“ landete die einzige griechische ESC-Gewinnerin Helena Paparizou in Skandinavien einen Verkaufsschlager und lebt nun auch in Schweden. „OPA“ heißt auch der Titel mit dem die griechischen Musiker im norwegischen Oslo ins Rennen gehen – beide Songs bieten sowohl griechisch-orientalische Musikelemente als auch schnelle Rhythmen in einem. Ein Geheimrezept, das bisher aufgegangen ist. Sollte die „OPA“-Nummer in den skandinavischen Länder wie vor zehn Jahren ankommen, könnten Giorgos Alkaios & Friends zu einer Art Geheimfavorit mutieren, das zumindest hofft man in Griechenland, das die Startnummer 11 bekommen hat.

Portugal: Filipa Azevedo – “Há dias assim”
Die Portugiesen schickten bislang 51 Teilnehmer zum Eurovision Song Contest, wovon bislang keiner unter die ersten Fünf gekommen ist. Zudem ist es fast schon Tradition, dass die Interpreten aus Portugal in ihrer Landessprache singen. So auch Filipa Azevedo, die ihren Sieg beim nationalen Vorentscheid „Festival da cançao“ am 6. März 2010 feierte. Ihre R’n’B-Nummer “Há dias assim”, was auf Deutsch soviel heißt wie “Tage wie dieser”, war zwar in der portugiesischen Zuschauergunst nicht unbedingt vorne, doch durch die Stimmen der Jury konnte sie knapp den ersten Platz beim Vorentscheid in Portugal erringen. Dabei liebäugelte die 18-Jährige mit einer englischen Version ihres Titels, die Fernsehzuschauer wollten aber traditionsbewusst die Originalversion hören. In Weiß mit schwarzem Gürtel trat sie im Halbfinale an und sang ihren Titel leidenschaftlich und gefühlvoll, was die Televoter überzeugte. Die Portugiesen sind als Nummer 23 in der Starterliste direkt nach Lena Meyer-Landruts Auftritt am Samstag an der Reihe.

Lesen Sie auf der nächsten Seite interesante Details über die Kandidaten aus Weißrussland, Serbien, Belgien, Albanien und Island.

Das Finale des 55. Eurovision Song Contests wurde um zehn weitere Kandidaten erweitert. Wir stellen Lenas Konkurrenten vor.

Weißrussland: 3+2 – „Butterflies“
Mit ihrem gefühlvollen Song überzeugte das Quintett aus Weißrussland im Halbfinale des Eurovision Song Contest. Schmetterlings-Kostüme, die die Sängerinnen passend zum Songtitel trugen, gehörten zu ihrer Bühnenshow. 3+2, wie sich die Gruppierung aus fünf Vollblutmusikern schlicht nennt, hatte im Vorfeld ihrer Reise nach Oslo einige Querelen hinter sich zu bringen. Bei der weißrussischen Kandidatensuche spielt sich ein Drama ab: Ein Machtwort der Regierung Weißrussland beauftragte den zweiten Staatssender ONT mit der Kandidatensuche im Vorentscheid namens „Musikgericht“, doch die nationale Fernsehanstalt gehörte zu diesem Zeitpunkt nicht der European Broadcasting Union (EBU) an, was Voraussetzung nach dem Eurovision-Regelwerk ist. Folglich wurde die Aufnahme von der EBU verweigert. Trotzdem ging der inoffizielle Vorentscheid in die zweite Staffel, dort traten 3+2 auf, die daraufhin unabhängig von ihrem Abschneiden dort vom Auswahlkomitee des EBU-Mitgliedssenders BTRC nominiert wurden. Weißrussland ist Neunter in der Teilnehmerliste für das Finale.

Serbien: Milan Stanković – „Ovo je Balkan“

Wegen leerer Kassen bemühte das serbische Fernsehen bei seiner Kandidatensuche den Rotstift. Das bislang bewährte Showformat «Beovizija» wurde eingestellt, eine interne Auswahl reichte den Serben aber auch nicht. In Anlehnung an den britischen Vorentscheid «Your Country Needs You!» begab man sich auf eine ähnliche Kandidatensuche. Mit dem international bekannten Goran Bregović hatte man einen angesehen Komponisten in der Hinterhand, der vor allem durch seine Filmmusik populär geworden ist. Fortan schrieb er drei Songs für den serbischen Vorentscheid, für jeden Song wurde in einem internen Casting ein Nachwuchskünstler auserkoren. Im Dreikampf stellten diese sich dann am 13. März dieses Jahres dem serbischen Publikum vor. Milan Stanković ging daraus mit "Ovo je Balkan" als Sieger hervor. Der Songtitel, der übersetzt „Das ist der Balkan“, ist so etwas wie eine Lobeshymne auf die Balkan-Region. Milan Stanković war im Halbfinale der blondeste Sänger und machte vor allem mit glitzernden Accessoires im Stile einer männlichen Version von Lady Gaga auf sich aufmerksam. Die Startnummer 8 wurde ihm für den Finalabend zugelost.

Belgien: Tom Dice - "Me And My Guitar"

Seine Karriere startete Tom Dice bei «X-Factor». In der belgischen Variante der Castingshow wurde der Sänger 2008 Zweiter. Durch eine beachtlichen Chart-Erfolg erlangte er im Land Popularität. Eine Cover-Version des Leona-Lewis-Hits „Bleeding Love“ blieb beispielsweise 14 Woche lang in den belgischen Charts. Tom Dice hat eine Vorliebe für akustische Gitarren, weshalb auch sein Eurovision-Titel „Me And My Guitar“ heißt. Der Song entstammt der Feder des britischen Liedermachers Ashley Hicklin und dem belgischen Produzenten Jeroen Swinnen. Der Popsong hinterließ auch im Halbfinale des Eurovision Song Contest einen bleibenden Eindruck. Trotz der eher leisen Töne hatte er genug Stimmen für den Einzug ins Finale bekommen. In seiner Heimat gilt er als die belgische Variante von James Blunt, eine gewisse Ähnlichkeit mit dem britischen Popstar ist nicht abzustreiten. In der Startliste befindet sich Belgien auf Platz Sieben.

Albanien: Juliana Pasha – “It's All About You”
Die Albanerin Juliana Pasha ist ein weiterer Eurovision-Teilnehmer mit einer Ähnlichkeit zu einem internationalen Star. Die albanische „Madonna“ ohne Zahnlücke könnte man sie mit spitzer Zunge nennen. Amerikanische Vorbilder hatten auch die albanischen Komponisten, die ihren Siegertitel "Nuk mundem pa ty" beim Vorentscheid «Festivali i Këngës» mit Rhythmus und Tempo ähnlich den Popsongs von Britney Spears oder Christina Aguilera produzierten. Natürlich brachte das auch schnell Plagiatsvorwürfe auf den Tisch. Doch für den Eurovision Song Contest ist dies irrelevant, denn mit „It’s All About You“ wurde für die internationale Bühne ein neues Arrangement mit englischem Text kreiert. Ihren Auftritt beim Halbfinale gestaltete die Sängerin ganz in schwarzem Leder. Albanien hat die Startnummer 15 erhalten.

Island: Hera Björk – „Je ne sais quoi“
Im dunkelroten Abendkleid betrat Hera Björk voller Energie die Bühne in der Telenor-Arena in Oslo. Die Disconummer „Je ne sais quoi“ war der letzte Titel an diesem Abend vor der Abstimmung. So mussten die Isländer auch lange auf ein Weiterkommen ihrer Kandidatin warten. Bildlich gesprochen brach der Vulkan dann doch noch aus: Hera Björk erreichte das Finale und wird dort mit der Startnummer 16 auftreten. Die Sängerin hatte schon Erfahrungen aus dem dänischen Vorentscheid im Vorjahr, da sie mittlerweile in Kopenhagen lebt. Ihr zweiter Anlauf in der Heimat klappte wie geschmiert. Songautor Örlygur Smári, der schon zwei Titel in die Endrunde des europäischen Wettbewerbs brachte, half im Hintergrund mit. Der Song „Je ne sais quoi“ geht in die Richtung Eurodance. Sängerin Hera Björk hat zudem ein Faible für den Grand Prix. Bereits zweimal stand sie für Island auf der internationalen Bühne. 2008 im Background-Chor von Euroband und auch 2009 gehörte sie dem Ensemble im Hintergrund des isländischen Acts an. Nun spielt sie für ihr Land endlich die erste Geige – welche während des ersten Halbfinales ohnehin sehr oft zu hören war.

Nicht ins Finale des Eurovision Song Contest geschafft haben es die sieben Interpreten der Länder Estland, Slowakei, Finnland, Lettland, Polen, Malta und Mazedonien.
26.05.2010 13:20 Uhr  •  Jürgen Kirsch Kurz-URL: qmde.de/42210