Die Kritiker: «Ein Hausboot zum Verlieben»

Story
Der charmante Berliner Politiker Hans-Werner Glehdorn weiß kaum noch, wo ihm der Kopf steht: Seit dem plötzlichen Tod seiner geliebten Frau muss er sich allein um seine drei Kinder Michael, Jennifer und Toby kümmern - und als wäre das nicht genug Sorge, ist er als Leiter des Referats für Stadtentwicklung auch noch für die Vergabe eines millionenschweren Bauprojekts verantwortlich. Mehr schlecht als recht versucht der umtriebige Workaholic, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Zwar würde seine Schwägerin Claudia Weigoldt nur zu gerne den Platz ihrer verstorbenen Schwester einnehmen, doch die Kinder sind eher genervt von der aufdringlichen Fürsorge ihrer Tante. Als sie bei der Testamentseröffnung erfahren, dass ihre Mama ihnen ein Hausboot an der Müritz vererbt hat, machen die drei sich ohne Wissen ihres Vaters auf den Weg, um ihr neues Feriendomizil in Augenschein zu nehmen. Kaum angekommen, lernen sie die sympathische Isabell kennen - die ebenso selbstbewusste wie sensible Tochter des prominenten Berliner Bauunternehmers Harry Kolditz ist ebenfalls von zu Hause ausgebüchst.

Genauer gesagt, hat sie ihren Verlobten vor dem Traualtar stehen lassen. In der idyllischen Abgeschiedenheit der Müritz will sie sich nun über ihre Wünsche und Bedürfnisse klar werden, während ihre Familie und die Boulevardpresse vergeblich nach ihr fahnden. Als Hans-Werner auf der Suche nach seinen Sprösslingen auf dem Hausboot eintrifft, überreden die Kinder ihn, Isabell für die Zeit der Sommerferien als Haus- und Kindermädchen einzustellen. Während der alleinerziehende Papa keinen Schimmer hat, um wen es sich bei Isabell in Wahrheit handelt, ahnt auch Isabell nicht, dass er für die Vergabe des Berliner Großprojektes an ihren Vater verantwortlich ist. Zwar kommt es zwischen dem arbeitswütigen Stadtmenschen und seiner naturbegeisterten Haus(boot)hälterin anfänglich zu jeder Menge Reibereien - doch mit der Zeit scheint es Isabell zu gelingen, Hans-Werners harte Schale zu knacken und ihn, der seine Trauer unter Arbeit zu begraben versucht, auch seelisch zur Ruhe zu bringen. Dann aber kommt ein Paparazzo der verschwundenen Isabell auf die Spur. Als in der Boulevardpresse vermeintlich eindeutige Fotos von dem Politiker und der Unternehmertochter erscheinen, sieht Hans-Werner sich mit dem Verdacht der Korruption konfrontiert. Nun steht nicht nur seine Karriere auf dem Spiel - auch die Beziehung zu Isabell scheint zu Ende zu sein, noch bevor sie richtig begonnen hat.

Darsteller
Heikko Deutschmann («3 Engel auf der Chefetage») ist Hans-Werner Glehdorn
Julia Koschitz («Doctor’s Diary») ist Isabell Kolditz
Timmi Trinks («Beutolomäus und der doppelte Weihnachtsmann») ist Michael Glehdorn
Tessa Heß ist Jennifer Glehdorn
Jannis Michel («Die Luftbrücke») ist Toby Glehdorn
Iris Böhm («In aller Freundschaft») ist Claudia Weigoldt
Dieter Mann («Der letzte Zeuge») ist Harry Kolditz

Kritik
«Ein Hausboot zum Verlieben» bietet eine ironiefrei und lieblos aufbereitete Version der «Runaway Bride»-Geschichte, gespickt mit erbärmlich melodramatischen Familienkonflikten. Drehbuchautor Martin Rauhaus stereotypisiert dabei seine Figuren ins Unermessliche und öffnet dem Kitsch Tür und Tor. Isabell Kolditz, die Braut die sich nicht traut, ist nicht gerade eine entscheidungsfreudige junge Frau und nachdem sie in Zeitlupe vom Traualtar geflüchtet ist, heuert sie als Haushaltshilfe auf einem Hausboot an, das den nervtötenden Kindern eines Berliner Senators gehört. Michael, Jennifer und Toby, die wohl einen “Wie süß!”-Effekt erzeugen sollen, schließen Isabell sofort in ihr Herz. Schon an der Grundlage des Stoffs lässt sich erkennen, dass Glaubwürdigkeit hier sekundär ist.

Lustig ist, dass alles leider auch nicht, denn diese andauernde Glorifizierung des Landlebens und der geballte Großstadthass lassen nicht viel Spielraum für großartige Brüller. Die Pointen bestehen ausschließlich darin, dass Hans-Werner Schwierigkeiten mit der Anpassung an ein Leben auf dem Hausboot hat und in alltäglichen Dingen eher inkompetent ist. Das klingt genauso lustig, wie es ist. Das mag natürlich auch daran liegen, dass die beiden Hauptdarsteller vollkommen unfähig sind, ihre Figuren auch nur halbwegs realistisch oder nachvollziehbar darzustellen. Lediglich Iris Böhm und Dieter Mann können in ihren Nebenrollen durch ihre Authentizität durchaus überzeugen. «Ein Hausboot zum Verlieben» von Regisseur Jorgo Papavassiliou bleibt ein stümperhaft zusammengenageltes Machwerk ohne Charme und Esprit.

Das Erste strahlt «Ein Hausboot zum Verlieben» am Freitag, den 11. September 2009, um 20.15 Uhr an.
09.09.2009 10:35 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/37156