Gretchen, Meier und der Millionär

Manuel Weis hat die zweite Staffel von «Doctor's Diary» gesehen. Ist die Serie von Bora Dagtekin gut gemachtes Fernsehen?

Acht Folgen der zweiten Staffel von «Doctor’s Diary» flimmerten in den vergangenen sechs Wochen über den Bildschirm – RTL war damit erneut sehr erfolgreich, weshalb eine dritte Staffel sicher kommen wird. Auf den ersten Blick erschien der Kniff, den Serienerfinder Bora Dagtekin für die zweite Runde angewendet hat, etwas langweilig. Hauptfigur Gretchen, die in der ersten Staffel ganz Telenovela-like noch zwischen zwei Männern stand, die sich aber nicht für die etwas fülligere Assistenzärztin interessierten, konnte sich zum Ende der zweiten Staffel vor Männern gar nicht mehr retten.

Neben Dr. Kaan und Dr. Meier bemühte sich auch der seltsame Millionär, der in der zweiten Staffel einstieg, um sie. Auch diese Wendung kennt man aus Telenovelas, wenn sie verlängert werden – plötzlich will die Hauptfigur „ihre Männer“ nicht mehr wirklich und ist Stoff für weitere Episoden gegeben. Bora Dagtekin wusste von diesem „Problem“ und überspitzte den gesamten Plot maßlos. Drei Männer zanken sich um eine Frau – so etwas wäre wohl selbst für jede tägliche Serie „too much“.

Und genau das ist das Geheimnis von «Doctor’s Diary»: Man darf die Serie kein Stückchen ernst nehmen – die spielt in einer Märchenwelt mit allerhand witzigen Figuren und sie schafft es dabei selbst in tragischen Momenten nicht aus den Fugen zu geraten. Genau das ist vielleicht die größte Kunst – Bora Dagtekin beherrscht sie. Dass der Millionär (Foto), der in Staffel zwei in das Leben von Gretchen trat, gar keiner ist, sondern ein Hochstapler ist nur ein weiteres Beispiel dafür, wie wenig ernst sich das Format selbst nimmt.

Auch das Staffelfinale an sich hätte übertriebener gar nicht sein können: Offenbar breitet sich eine Art Seuche in der «Doctor’s Diary»-Welt aus, die viele Figuren mit Nasenbluten einfach umfallen lässt. Das klingt zunächst nicht sonderlich spannend und irgendwie auch gaga, könnte zu Beginn der dritten Season aber für größere Tumulte sorgen. Werden es die Autoren schaffen ein solch ernstes Thema in der Dramedy unterzubringen? Passen Seuchen überhaupt in die Serienwelt? Man kann sich recht sicher sein, dass es Bora Dagtekin gelingen wird, auch dieses irgendwie unterzubringen.



Doch nicht alles war gut in Staffel zwei: Der Auftakt beispielsweise fiel recht schwach aus, erst im Laufe der Wochen kam die Serie zu ihrem alten Niveau zurück und vielleicht sogar darüber hinaus. Nicht alle Geschichten funktionieren zudem: Dass Dr. Kaan von Zuhältern bedroht und zusammengeschlagen wurde blieb Gott sei Dank nur eine kleine Nebenhandlung, die man sich aber gänzlich hätte sparen können. Auch die Affäre von Mama Bärbel – perfekt gespielt von Ursula Monn – hatte keinerlei Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Serie und diente leider nur der kurzfristigen Unterhaltung. Mehr Weitsicht hätte hier gut getan.

Dem gegenüberstehen aber viele irrwitzige Szenen – Schwester Gabi (Foto) im Beichtstuhl oder Gretchen Haase beim romantischen Dinner. Wenn es den Machern gelingt genauso gute Ideen auch für die dritte Staffel zu haben, dann kann man sich jetzt schon auf das Jahr 2010 freuen und sich nur wünschen, dass RTL die Serie ganz bald und mit vielen Folgen ins Programm nehmen wird.
08.09.2009 10:39 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/37135