Nahost-Berichterstattung einseitig? ARD wehrt sich

In ihren Hauptnachrichtensendungen werden ARD («Tagesschau» und «Tagesthemen») sowie ZDF («heute» und «heute-journal») ihrem Auftrag der unparteilichen Berichterstattung über die Vorgänge im Nahen Osten offenbar nicht gerecht. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Medienforschungsinstituts "Media Tenor" im Auftrag von "Bild am Sonntag".

Alle vier Nachrichtenformate vernachlässigen demnach die Perspektiv-Vielfalt: In den untersuchten zwei Wochen wurde in allen Sendungen demnach die Berichterstattung über die Vorgänge im Nahen Osten überwiegend im Libanon begonnen. Gewalt werde damit in erster Linie als "Tat der Armee Israels vermittelt, die Gewalt der Hisbollah wird erst am Ende der Beiträge erwähnt – wenn überhaupt", heißt es. Die für die Medienwirkung relevante Fragestellung, wer als Täter oder Opfer dargestellt wird, werde bei ARD und ZDF für das deutsche Publikum klar beantwortet: Täter ist in erster Linie Israel, Opfer in erster Linie die Zivilbevölkerung im Libanon.

"Die Anti-Israel-Position während des aktuellen Libanon-Krieges steht im Kontext mit einer jahrelangen negativen Darstellung Israels im allgemeinen sowie der emokratisch gewählten Regierung im besonderen sowohl bei ARD als auch ZDF", sagt Roland Schatz, Geschäftsführer von "Media Tenor".




Auf Seiten der ARD sieht man die Sachlage anders: "Die von Media Tenor angewandte Methodik ist nicht transparent", so Sender-Sprecher Rudi Küffner am Montag. "Offenbar werden Daten willkürlich und interessengeleitet interpretiert. Wir haben "Media Tenor" aufgefordert, uns umgehend die vollständige Untersuchung zur Darstellung des Nahost-Kriegs in den Hauptnachrichtensendungen zur Verfügung zu stellen." Zudem werde man unabhängige Experten um Prüfung des Materials bitten.

Küffner kritisierte die von "Media Tenor" angewandte Methodik als nicht transparent. Was "Media Tenor" zu bieten habe, sei "alter Wein in kaum erneuerten Schläuchen", so der Sprecher weiter. Die Vorgängerfirma "Medien Tenor" durfte nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Köln öffentlich der "Datenmanipulation" bezichtigt werden. In einem früheren Verfahren gegen "Medien Tenor", das die ARD 2004 angestrengt hatte, wurde das Unternehmen laut ARD zu einer umfangreichen Gegendarstellung sowie zur Unterlassung verurteilt. Sie bezog sich auf zahlreiche falsche Aussagen von Geschäftsführer Roland Schatz.

"Medien Tenor" musste im März 2005 beim Amtsgericht Bonn Insolvenz anmelden. Unter dem Namen "Media Tenor Deutschland GmbH" nahm Firmengründer Schatz wenig später die Geschäfte wieder auf. Nun bleibt abzuwarten, wie sich der Streit zwischen "Media Tenor" und der ARD weiterentwickelt. Beim ZDF war man unterdessen zu keiner Stellungnahme bereit.
08.08.2006 09:52 Uhr  •  Alexander Krei  •  Quelle: Media Tenor / ARD Kurz-URL: qmde.de/15829