Wir sind der Meinung, das war spitze!

«Unsere Väter» bot tolle Erinnerungen an die größten Showmaster Deutschlands

Angenehm unweihnachtlich warfen NDR und SWR am zweiten Feiertag zur besten Sendezeit fast 140 Minuten lang einen Blick auf die guten alten Zeiten der Donnerstag- oder Samstagabend-Unterhaltung in ARD und ZDF, als es noch echte Showmaster gab. Zehn an der Zahl. Mittlerweile sind alle längst gestorben....

Irgendwie kannten sie sich fast alle, lösten sich gegenseitig mal ab, luden die anderen in die eigene Show ein oder legten sie herein wie Kurt Felix mit der versteckten Kamera. «Verstehen Sie Spaß?» gibt´s noch immer, so kultig wie in den Anfangszeiten war´s aber gefühlt danach nie mehr, als beispielsweise ein eigens aufgebauter Kiosk oben auf dem Matterhorn den Bergsteiger Reinhold Messner zur Weißglut brachte. Oder als beim Filmdreh der Wagen von Otto Waalkes zum x. Mal nicht ansprang. Oder als «Am laufenden Band» plötzlich Kurt Felix und seine Paola hinter einem Vorhang im Bett liegend auftauchten. Auch Rudi Carell tappte damals in die Falle.

Das angenehme von «Unsere Väter - die größten Showmaster Deutschlands»: Die Kinder und die Enkel der Helden aus den 70er und 80er Jahren, die von den unter 40-Jährigen heute wohl keiner mehr kennt, erzählten Geschichten aus der Vergangenheit. Nicht alle, wie der Sohn von Kurt Felix, dem Vater täuschend ähnlich sehend, konnten nur Positives berichten. Carells Familie muss teils gelitten haben unter dem Ehrgeiz des Holländers, der einfach der Beste in der Branche sein wollte, der mit seiner «Tagesshow», mit «Herzblatt», «Lass Dich überraschen» oder am Ende bei RTL «7 Tage, 7 Köpfe» weitere berauschende Erfolge feierte, den die Nikotinsucht aber letztlich in die Knie zwang. Viel alte Szenen mit Rudolf Wijbrand Kesselaar, wie er richtig hieß, sorgten aber mal wieder für Gänsehaut. Vor allem sein letzter Auftritt bei der Verleihung der Goldenen Kamera, als er schon schwer krank war. Wie auch die Bilder eines gezeichneten Kurt Felix kurz vor dessen Krebstod. Da darf man mal ein bisschen weinen vor dem Fernseher...

Auch die Kinder von Hans Rosenthal, einem im zweiten Weltkrieg geprägten Juden, standen in der zweiten Reihe angesichts des Drangs ihres Vaters, immer erfolgreich zu bleiben. Sein Sohn fand den «Sie sind der Meinung, das war spitze!»-Hüpfer erst alles andere als gut, akzeptiert ihn längst als Markenzeichen. Der ganz junge Günter Jauch als Kandidat bei «Dalli Dalli» anfangs der 80er Jahre ist ein ganz bemerkenswertes Fundstück Deutscher Fernsehunterhaltung. Wer hätte damals gedacht, dass Jauch mal einer der Allergrößten wird?

Und wer weiß eigentlich noch, dass Peter Frankenfeld mal kurz vor der Pleite stand, dass im ZDF seine Sendung trotz großer Erfolge eingestellt wurde und er erst nach Jahren mit «Musik ist Trumpf» zurückkehrte und bis zu seinem Tod nochmals große Erfolge feierte? Sein Nachfolger dort wurde Harald Juhnke, noch so ein ganz Großer, bei dem man heute eher an seine Alkoholkrankheit denkt als an Geniestreiche wie beispielsweise die Fernsehserien «Ein verrücktes Paar» oder «Harald und Eddi».

Bei Hans-Joachim Kuhlenkampff sagten die Kinder, sie wären oft froh gewesen, wenn der Vater nicht zuhause weilte. Noch so ein Karrieretyp, ein ganz anderer freilich als die vielen Kollegen. Sein «EWG - Einer wird gewinnen» war alles andere als seichte Unterhaltung, ein Quiz, das lange Jahre lief und in dem er immer mal wieder - oder fast ständig - junge, hübsche Kandidatinnen in den Arm nahm und mit Sprüchen auf ihr Äußeres reduzierte. Damals überaus charmant, heute sexistisch. So ändern sich die Zeiten.

Nach dem Aus von EWG übernahm Kuhlenkampff für sechs Mal noch den «Großen Preis», der damals vom Donnerstagabend (wo im ZDF damals auch «Dalli Dalli» lief) auf den Samstagabend wanderte. Die Nachfolge von Wim Thoelke endete wenig erfolgreich. Und von Thoelkes Show, zuvor Sportmoderator des «Aktuellen Sportstudios», bleibt im Nachgang doch eigentlich auch eher hängen, dass mit Hund Wum und Elefant Wendelin die Stars an sich ganz Andere waren. Beide geschaffen von Loriot. Noch so ein ganz Großer im Fernsehen von gestern.

Dieter Thomas Heck, eigentlich Carl-Dieter Heckscher, starb erst 2018, ist natürlich bekannt für die «ZDF-Hitparade», für die Quizshow «Die Pyramide» und für 14 Jahre der Benefiz-Gala «Melodien für Millionen». Eine große Karriere, prägend für viele Schlagerstars. Als Sänger Dieter Heckscher begann Hecks Karriere 1959 in Peter Frankenfelds Talentshow, er sang einen Titel von Peter Alexander. Das schließt den Kreis, der mit dem Österreicher endet, dessen Show Millionen sahen, der nach dem Tod seiner Frau zurück gezogen lebte und gar nicht mehr so fröhlich war wie zuvor im Fernsehen.

Halt: Auch das DDR-Fernsehen war vertreten in der Erinnerungs-Reportage: Heinz Quermann moderierte über Jahrzehnte zusammen mit Margot Ebert am Vormittag des ersten Weihnachtsfeiertages die Sendung. «Zwischen Frühstück und Gänsebraten». Unfassbar heute, in Zeiten des Fernsehgartens jeden Sonntag aber irgendwie doch nicht. Überliefert ist, das Dieter Hallervorden von Quermann für 500 Mark den "Palim-Palim"-Sketch mit der Flasche Pommes Frites abgekauft haben soll. Unnützes Wissen? Oder einfach nur genial?

Anke Engelke führte durch die fast 140 Minuten, man sah sie bei den alten Ausschnitten auch zwei Mal: Im Publikum in der ZDF-Hitparade sitzend und ebenfalls als kleines Kind in einem Chor mitsingend. Gesprächspartner bei den Erinnerungen waren zudem Frank Elstner und Thomas Gottschalk, eigentlich die einzigen beiden noch lebenden Dinosaurier und Kapitäne der einst so dominanten Riesenkreuzer in den Öffentlich-Rechtlichen. Mögen sie uns noch lange erhalten bleiben!
26.12.2020 11:30 Uhr  •  Michael Horling Kurz-URL: qmde.de/123786