Uschi Glas: ‚Ich bin ein normaler Mensch ohne Allüren‘

In einer Woche in der «Gott» im Ersten im Gespräch war, sprach Quotenmeter mit Glas unter anderem über das Thema Sterbebegleitung.

In den Sechzigerjahren war Uschi Glas (76) der deutsche Jugendstar! In dem Edgar-Wallace-Film «Der unheimliche Mönch» war sie noch unprominent besetzt, in «Winnetou und das Halbblut Apanatschi» spielte sie schon eine Hauptrolle. Der Durchbruch kam 1968 mit der Komödie «Zur Sache, Schätzchen», die über sechs Mio. Zuschauer in die deutschen Kinos zog.

Der Komödie blieb die Bayerin weiterhin treu, auch in Fernsehproduktionen wie «Zwei Münchner in Hamburg» oder «Anna Maria – Eine Frau geht ihren Weg». Zuletzt gehörte sie zum Ensemble der Kinoreihe «Fack ju Göthe». In dem Jugendfilm «Max und die wilde 7» erlebt man sie als eine in die Jahre gekommene Schauspielerin, die in ihrem Altersheim einem Dieb auf die Schliche kommen will. Dabei darf sich Uschi Glas nach Herzenslust selbst aus ihren frühen Filmen zitieren und beweist damit Sinn für Selbstparodie.

Hat es Sie gereizt, sich in «Max und die wilde 7» quasi selbst zu parodieren?
Die beiden Autoren der für mich sehr gelungenen Kinderbuchreihe von „Max und die wilde Sieben“ kamen auf mich zu, ob ich mir vorstellen könnte, in der Verfilmung die Vera zu spielen. Eine ehemals berühmte Schauspielerin, die jetzt in einer Altenresidenz wohnt und zu den ‚Wilden 7‘ gehört. Zuerst habe ich ein bisschen gezuckt, als sie mir sagten, sie würden aber gern eine Brücke zu echten Uschi Glas schlagen. Aber dann dachte ich, es schadet nicht, sich ein bisschen selbst auf den Arm zu nehmen.

Warum haben Sie zuerst gezuckt?
Weil ich zuerst das Gefühl hatte, die Leute steigen vielleicht aus dem Film aus, wenn man das so macht. Aber die meisten finden es charmant und lustig. Insofern hatten die Autoren doch Recht gehabt, dass das gelingen könnten.

Wie viel Uschi Glas steckt jetzt letztlich in der Vera?
Also da sind wir schon ziemlich weit voneinander entfernt. Ich bilde mir ein, dass ich ein normaler Mensch ohne Allüren bin. Ich habe in meiner Prominenz immer versucht, mein privates Leben zu führen, ohne mich zu verstecken und mich in einem Elfenbeinturm verhätscheln zu lassen. Das wäre überhaupt nicht meine Welt.

Im Film zitieren Sie sowohl «Winnetou und das Halbblut Apanatschi» als auch «Zur Sache, Schätzchen». Welcher der beiden Filme war der wichtigere für Ihre Karriere?
In «Winnetou» spielte ich meine allererste Hauptrolle und musste zu einem riesigen Casting nach Berlin, wo ich mit anderen dunkelhaarigen Mädchen konkurrierte. Am Ende bekam ich den Zuschlag und ein großartiges Abenteuer begann für mich. Als junges Mädchen nach Jugoslawien zu reisen, um mit Lex Barker und Pierre Brice zu arbeiten, war sehr aufregend. Insofern war der Film schon sehr wichtig für mich.

«Zur Sache, Schätzchen» folgte zwei Jahre später und war einer der erfolgreichsten Filme des Jahres 1968…
Obwohl es ein Low-Budget-Film war, für den ich auch zuerst Probeaufnahmen gemacht habe. Da war auch eine junge Frau, die mitgeredet hat und ich fragte sie schließlich, welche Funktion sie denn hätte. Sie stellte sich als May Spils vor und sagte, die sei die Regisseurin. Eine Frau – das war damals etwas absolut Neues. Das hat mich dann umso mehr interessiert, auch wenn andere sagten, ich soll das mal schön bleiben lassen.

Warum das denn?
Meine Agentin meinte, ich sollte mich nicht auf so ein Experiment einlassen, wenn das ein Flopp wird, wirft mich das zurück. Mir war das aber wurscht! Ich habe es trotzdem gemacht und als die Premiere war, hat man schon gespürt, das wird ein Riesenerfolg.

Damit wurden Sie auch zur Ikone der 68er-Generation. Wie sehr fühlten Sie sich dieser zugehörig?
Na ja, ich war die umgekehrte Rebellin, denn die 68er haben einen vereinnahmen wollen. Man sollte immer alles das tun, was sie vorsagten, durfte keine andere Meinung haben, was mir aber noch nie Recht war. Ich will von keinem gelenkt werden oder so etwas überredet werden, was ich nicht machen will. Damit hatte ich aber auch beim anschließendem ‚Neuen Deutschen Film‘ schlechte Karten.

Fassbinder, Schlöndorff und all die anderen wollten also nicht mit Ihnen arbeiten?
Na aus dem Grund, weil ich nicht sofort ‚Hurra‘ geschrien habe und mich auch nicht für Demos vereinnahmen ließ. Zum einen musste ich arbeiten, um meine Ausbildungsschulden zurückzuzahlen, zum anderen musste ich meine Miete bezahlen. Das hat keiner für mich übernommen. Aber im Grunde genommen wollte ich auch keinen Ideen nachlaufen, die nicht meine ist.

Haben Sie dafür ein Beispiel?
Ich kann mich noch gut an die Kampagne „Ich habe abgetrieben“ von Alice Schwarzer erinnern. Darüber habe ich mit ihr diskutiert, ab wann ein Leben beginnt. Da hat sie gesagt: ‚Wenn du so zu spinnen anfängst, kannst du es gleich seinlassen.‘ Ich fand aber, dass das eine Frage wert ist. Ich bin nicht dagegen, dass eine Frau abtreibt, das muss jede selbst wissen. Aber man muss das auch verantwortlich entscheiden und es nicht als einen kleinen Eingriff sehen und dann ist alles gut. Da hatte ich immer diskutiert und bin Leute bestimmt auch auf die Nerven gegangen. Aber ich bin nun mal ein Mensch, der hinter einer Sache stehen muss.

Sie haben sich für andere Dinge eingesetzt, etwa für die Sterbebegleitung als das Thema noch total tabu war…
Da wurde mir gesagt: ‚Also Uschi, fällt Ihnen wirklich nichts anderes ein als sich um Sterbende zu kümmern? Das hat doch nichts Schönes.‘ Aber Entschuldigung, sterben müssen wir nun wirklich alle, also kann man sich damit auch mal beschäftigen. Natürlich wusste ich, was ein heikles Thema das 1996 noch war. Aber das Thema macht auch heute noch viele Angst. Ich sage aber, man muss auch mal durchs Unbequeme gehen.

Wie unbequem empfinden Sie die Vorstellung, wie im Film irgendwann vielleicht mal selbst in ein Altenheim zu ziehen?
Wenn man in so einem Altenheim wie im Film wohnen darf, ist man sowieso privilegiert. Wer wohnt schon auf einer Burg. Im Grunde genommen fände ich nichts Schlimmes daran, aber mein Mann und ich sind noch so in die Arbeit eingebunden, dass sich ein Ruhestand nicht anbietet. Die Ruhe, die damit einkehren würde, ist überhaupt noch nicht auf meinen Schirm.

Das heißt, Sie fühlen sich noch gar nicht alt?
Ich mache auch viel dafür. Viel Sport und Bewegung, was mir wahnsinnig wichtig ist. Ich glaube, für den Geist ist es ebenso gut, wenn man lebendig und neugierig ist. Ich halte mich also physisch als auch psychisch fit und ernähre mich zudem gut.

Verfolgen Sie eine bestimmte Ernährung?
Wenn wir nicht Essen gehen, weil es manchmal nicht anders geht, kochen wir sehr viel Zuhause. Dann aber alles frisch und überhaupt keine Fertiggerichte. Nicht mal Pizza, wenn wir die wollen, machen wir den Teig selber. Das kann ich alles und man baut sich damit auch eine Struktur für den Tag, was ich gerade jetzt in der verrückten Zeit feststellen konnte. Man braucht sowieso für jeden Tag einen Plan, das war mir schon immer wichtig.

Eine Frau, die die Dinge anpackt – sind Sie das?
Ja, das denke ich schon. Ich engagiere mich für Themen, die mir wichtig sind. Als ich im Radio über einen Bericht über bedürftige Kinder gestolpert bin, hat mich das so entsetzt. Dass es in München so viele hungrige Kinder gibt, die damit in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt sind, führte dazu, dass ich mit meinem Mann aktiv wurde und vor elf Jahren den Verein brotZeit e.V. gegründet haben. Wir haben mit vier Schulen angefangen und sind heute in acht Bundesländern vertreten, um 11.000 Schülern ein Frühstück zu gewähren.

Sie drehen Filme, schreiben Bücher, sind karikativ tätig. Wie kriegen Sie das alles unter einen Hut?
Manchmal denkt man schon, der Berg ist so hoch, das schaffe ich nicht. Aber dann löst sich irgendwann der Knoten, und gibt es das, ist ja doch gegangen. Na klar, sage ich mir auch: „Warum hast du das auch noch zugesagt. Du spinnst doch ein bisschen.‘ Aber irgendwann ist es fertig, und dann freue ich mich.

Klingt, als wären Sie ein Mensch, der nicht nein sagen kann…
Das kann ich schon, wenn mir ein Projekt überhaupt nicht gefällt, aber ich bin schon so, zuzusagen, wenn es dringend gebraucht wird. Dann denke, darauf kommt es jetzt ja auch nicht an.

Sie hatten im Laufe Ihrer Karriere oft mit Berlin zu tun gehabt. Wie stehen Sie als Bayerin zu Berlin?
In Berlin habe ich viele Edgar-Wallace-Filme gedreht und kannte West-Berlin wie meine Westentasche. Aber ich hatte dort nie eine Wohnung und bin der Stadt somit auch nie nah gekommen. Um Berlin zu begreifen, müsste man dort länger wohnen, was sich für mich nie ergeben hat.
29.11.2020 09:46 Uhr  •  Markus Tschiedert Kurz-URL: qmde.de/123073