Die Kritiker: «Alles Fleisch ist Gras»

Das ZDF zeigt diese Woche den dritten ORF-Landkrimi, «Alles Fleisch ist Gras». Was 2014 in Österreich positiv aufgenommen wurde, feiert somit nun endlich seine deutsche Premiere.

Cast und Crew

  • Regie: Reinhold Bilgeri
  • Cast: Tobias Moretti, Wolfgang Böck, Petra Morzé, Harald Schrott, Anna Unterberger, Sabine Waibel, Johannes Seilern, Christoph Grissemann, Fritz Hammel
  • Drehbuch: Agnes Pluch. Romanvorlage: Christian Mähr
  • Kamera: Tomas Erhart
  • Schnitt: Karin Hartusch
Nach einem Treppensturz stirbt der unbeliebte Schnüffler Roland Mathis. Kürzlich erpresste er noch Anton Galba und dessen heimliche Geliebte mit ihrem Verhältnis. In Panik, man werde ihn als kaltblütigen Mörder seines Erpressers erachten, lässt Galba, Leiter der Abwasserreinigungsanlage Dornbirn, die Leiche im Häcksler verschwinden. Gebracht hat das wenig: Der den Fall untersuchende Polizist Nathan Weiß verdächtigt Galba sowieso. Allerdings gibt es auch in Weiß' Umfeld einen Widerling, den er gerne loswerden würde. Also beauftragt er Galba, sich darum zu kümmern. Notgedrungen muss er mitmachen – doch für Weiß ist das erst der Anfang: Er setzt sich zum Ziel, "Schädlinge" der Gesellschaft auszurotten …

Der ORF-Landkrimi «Alles Fleisch ist Gras» entstand nach Motiven aus Christian Mährs gleichnamigen Roman. Die bei unseren südlichen Nachbarn 2014 gestartete Krimi-Dachmarke macht nach Mährs Vorbild, das von Agnes Pluch in TV-Drehbuchform gepresst wurde, in ihrem dritten Teil Halt in Vorarlberg. Also in dem Teil Österreichs, der im Januar dieses Jahres erstmals im TV gezeigten, 17. Teil der Landkrimi-Reihe erneut als Schauplatz diente.

Noch mehr Verwirrung gefällig? Bitte: Es ist schon kurios, dass Pluchs «Steirerkind», ein ORF-Landkrimi aus dem Jahr 2018, bereits vor zwei Jahren hierzulande im Ersten lief, während «Alles Fleisch ist Gras» nun nach fast sechs Jahren im ZDF nachgereicht wird. Aber da der Landkrimi als Filmreihe noch weniger innere Kohärenz hat als der «Tatort», steht deutschen Fernsehenden wenigstens beim Anschauen des Films keinerlei inhaltliche Verwirrung zu befürchten.


Unter der Regie von Reinhold Bilgeri («Erik & Erika») gestaltet sich «Alles Fleisch ist Gras» als ungewöhnlicher TV-Krimi, der sich nicht aus der üblichen, stringenten Tätersuche zusammensetzt, sondern in dem der Täter aus ganz anderen Gründen vor dem Polizisten auf der Hut sein sollte. Denn Polizist Nathan Weiß ist eine potentiell noch gefährlichere, einen noch kaputteren Moralkompass aufweisender Mensch als der Leichen herzlos in den Häcksler schmeißende Anton Galba.

Diese ungewöhnliche Figurenkonstellation sorgt für ein erfrischendes Krimierlebnis, zumal sich das Lokalkolorit hier auf eine dezente Dialektfärbung beschränkt und die Regionalidylle dreckigen, kalten Räumen weicht. Nur ein paar, kurze Szenen zeigen grünes Gras und einladendes, klares Gewässer – und dieser Szenerie wohnt aufgrund ihres Platzes in der Story sogar eine feine Morbidität inne.

Generell ist dieser Film mit einem galant-gemeinen Tobias Moretti in der Hauptrolle schwarzhumorig und augenzwinkernd-boshaft. Die Figurenmotivationen holpern zuweilen, aber aufgrund der düster-süffisanten Umsetzung lässt sich das eine oder andere Mal leicht das Auge zudrücken.

«Alles Fleisch ist Gras» ist am 29. Juli 2020 ab 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.
28.07.2020 13:21 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/120131